Immer mehr hört man von Knatsch mit Steuerbehörden bei Verpachtungen. Um was geht es dabei?

Thomas Nebiker: Wenn der Betrieb verpachtet wird, weil beispielsweise die Eltern die Altersgrenze von 65 Jahren erreicht haben, betrachten gewisse Steuerbehörden dies als Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit. Die Verpachtung gilt grundsätzlich aber nur auf Antrag der steuerpflichtigen Person als Überführung ins Privatvermögen. Der Betrieb wird ins Privatvermögen überführt, wenn die Präponderanz (mehrheitlich geschäftlich genutzt) nicht erfüllt ist. Eine Überführung vom Geschäfts- ins Privatvermögen hat steuerliche Konsequenzen.

Haben Sie ein Beispiel dazu?

Beispielsweise haben die Eltern 800'000 Franken in den Betrieb investiert. Dieser ist in der Bilanz der Buchhaltung noch mit 400'000 Franken aufgeführt. Die andere Hälfte der 800'000 Franken sind kumulierte Abschreibungen. Diese 400'000 Franken müssen als Liquidationsgewinn abgerechnet werden. Zudem müssen darauf noch AHV-Beiträge nachbezahlt werden. Unter gewissen Voraussetzungen kann der Gewinn aber privilegiert besteuert werden.

Und wenn der Verpächter seine Liegenschaft im Geschäftsvermögen belässt?

Unter bestimmten Voraussetzungen ist das möglich. Die Abrechnung erfolgt dann erst, wenn der Betrieb verkauft wird. Da gewisse Kantone den Zeitpunkt der Verpachtung aber als Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit ansehen, kann dann bei einem späteren Verkauf keine privilegierte Besteuerung mehr verlangt werden, was zu einer höheren Besteuerung führt.

Das gilt doch nur, wenn man fremd verpachtet?

Nein, dies gilt auch, wenn der Sohn oder die Tochter in einem Hofübergabeprozess den Betrieb vorerst in Pacht übernimmt. Mein Tipp: Wählen Sie bei der Hofübergabe wenn möglich keine Zwischenlösung mit vorübergehender Verpachtung, dabei lauern steuertechnische Probleme.

Wie ist es, wenn der Betriebsleiter 65 ist und die Betriebsführung an seine jüngere Frau übergibt, damit die Direktzahlungen weiter fliessen?

Rein rechtlich gesehen ist das kein Problem. Man muss beim Kanton, Amt für Direktzahlungen, und der Steuerbehörde die Änderung bekannt geben. In den meisten Kantonen gibt dies keine steuerlichen Probleme. Da aber zum Beispiel der Kanton Aargau dies als Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit ansieht, begründet durch Bundesgerichtsentscheide, muss bei der Verpachtung der Liquidationsgewinn abgerechnet werden, will man noch von der privilegierten Besteuerung profitieren. Wird erst bei der späteren Hofübergabe abgerechnet, kann man im Aargau nicht mehr von der privilegierten Besteuerung profitieren, da diese verwirkt sei.

Das ist doch unsinnig?

Ganz genau. Der Betriebsleiter müsste den Hof quasi an seine Frau verkaufen, wenn er allenfalls nicht alle kumulierten Abschreibungen wieder besteuern will. Somit rechnet er den Liquidationsgewinn privilegiert ab, welcher in vielen Fällen dann tiefer ist – Abrechnung zum Ertragswert beziehungsweise Übergabepreis. Wenn die Ehefrau das Rentenalter erreicht und der Hof dann an einen Nachfolger übergeben wird, muss auch sie abrechnen.

Mit der Verpachtung fliesst wenig Geld. Wie können Bauernfamilien solche Steuerschulden begleichen?

Am besten ist es, es nicht so weit kommen zu lassen. Aber das ist leichter gesagt als getan. Gehört nämlich Bauland zum Betrieb, muss dieses zum Verkehrswert überführt werden. Dieser Gewinn kann allenfalls aufgeschoben werden, was aber nicht in jedem Fall sinnvoll ist. Entlastend kann wirken, wenn ein Teil des Liquidationsgewinns separat vom übrigen Einkommen und zu einem niedrigeren Satz besteuert wird. Dabei handelt es sich um eine privilegierte Besteuerung, ähnlich wie bei Vorsorgeguthaben.

Also, was ist zu tun?

Mehrere Jahre vor der Übergabe die Planung und Steueroptimierung in Angriff nehmen, insbesondere wenn Bauland im Spiel ist. Zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe muss allenfalls die Hypothek erhöht oder etwas verkauft werden, sofern nicht genügend flüssige Mittel vorhanden sind.

Immerhin kann man von der privilegierten Besteuerung profitieren. Was sind die Voraussetzungen dafür?

Abo «Es gibt im Moment heikle Bundesgerichtsentscheide für die Landwirtschaft», sagt Steuerinspektor Andreas Oppliger. Bundessteuer Steuer-Wirrwarr: Ginge es auch einfacher? Monday, 10. October 2022 Damit die aufgrund des Liquidationsgewinnes zu bezahlenden persönlichen AHV-Beiträge noch rentenbildend sind, muss die Abrechnung für Männer im 64. und für Frauen im 63. Altersjahr geschehen. Die privilegierte Liquidationsgewinnbesteuerung muss man bei der Steuerbehörde beantragen. Sie wird nur einmal im Leben gewährt und muss direkt bei Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit vollzogen werden.

Gelten auch Altersschranken?

Will man vom sogenannten fiktiven Einkauf profitieren, sollte man sie zwischen dem 55. und 69. respektive 70. Altersjahr beantragen. Man muss aber fünf Jahre vor der Betriebsaufgabe noch landwirtschaftliche Einkommen ausweisen.

Ist es sinnvoll, vor der Über-gabe weniger abzuschreiben?

Es kann zweckmässig sein, in den Jahren vor der Betriebsübergabe die Abschreibungen zu reduzieren. Dies muss jedoch von Betrieb zu Betrieb analysiert werden. In der Regel ist die separate privilegierte Besteuerung eines Liquidationsgewinnes günstiger als die ordentliche Besteuerung eines Gewinnes im laufenden Jahr.

Dadurch steigt aber das Einkommen und man muss mehr Steuern bezahlen.

Steuern optimieren ist okay. Aber je weniger Sie abschreiben, desto tiefer fällt in der Regel der Liquidationsgewinn aus. Die einbezahlten AHV-Beiträge sind dann meistens noch rentenbildend. Es gilt ein Abwägen zwischen den ordentlichen Steuern und einem allfälligen späteren Liquidationsgewinn.

Auch bei der Bewertung der Stöckliwohnungen soll es zu Problemen mit Steuerbehörden gekommen sein.

Die Revision der Schätzungsanleitung führte im Wohnbereich zu höheren Werten. Einzig der aktive Betriebsleiter hat Anrecht auf den tieferen landwirtschaftlichen Eigenmietwert. Dabei muss es sich beim Betrieb um ein landwirtschaftliches Gewerbe gemäss BGBB handeln. Das Stöckli oder andere Wohnungen auf dem Betrieb richten sich nach den Grundsätzen der Marktmiete.

Wie betrifft diese neue Bewertung der Stöckliwohnung die Wohnrechte?

Wurde beispielsweise bei neueren Hofübergaben eine einmalige Abgeltung, basierend auf dem landwirtschaftlichen Mietwert, für das Wohnrecht eingeräumt, besteht die Möglichkeit, dass die Steuerbehörde den Wohnrechtswert und somit auch den Kaufpreis erhöht. Das kann zu höheren Liquidationsgewinnsteuern führen. Bessere wäre, das Wohnrecht in Form einer periodischen Abgeltung einzuräumen – analog einer Miete. So entgeht man allenfalls Problemen mit den Steuerbehörden und eventuell auch bei den Ergänzungsleistungen. Eine periodische Abgeltung ist für alle Parteien fairer und das Wohnrecht kann man einfacher anpassen.

Zur Person
Thomas Nebiker, Agro-Ing. HTL, ist Treuhänder und Geschäftsleitungsmitglied der Lerch Treuhand AG. Er leitete bis vor kurzem die Arbeitsgruppe Steuern, des Agro-Treuhänderverbands.