In zwei Minuten von der Arbeit zum «Schöppelischaf» und zurück. Die Flexibilität, die Rahel Betschart durch das «Stall-Werk» für sich geschaffen hat, schätzt sie sehr. Das war aber nicht immer so.

Gepachtet und gekauft

Rahel Betschart selbst ist in Schwyz aufgewachsen und war bereits als Kind häufig bei ihren Nachbarn auf dem Landwirtschaftsbetrieb zu finden. Sie habe es so schön gefunden, dass immer jemand dort war. Auch ihre Mutter sei für sie und ihre Geschwister da gewesen, darum war für sie klar: Wenn es möglich ist, möchte sie das für ihre Söhne, die heute 15- und 17-jährig sind, auch sein.

2013 konnte sie mit ihrem Mann einen Betrieb oberhalb von Gersau pachten. Ihr Mann, gelernter Landwirt und Inhaber eines Forstunternehmens, arbeitet zudem Vollzeit auswärts. Als der Hof, der in der Bergzone II und III liegt und 10,5 ha Land umfasst, verkauft werden sollte, haben sie den Betrieb erworben. Der Berater habe allerdings vorgängig Druck gemacht, dass auch Rahel Betschart auswärts arbeiten solle, damit die Tragbarkeit besser ausfalle. Bisher hatte sie Sirup und Eingekochtes hergestellt und hobbymässig Hochzeitsfilme produziert. «Das war so mein Sackgeld, mein Rauskommen», meint die 40-Jährige. Also habe sie neben dem Betrieb mit knapp 40 Mutterschafen mit ihren Lämmern und Burengeissen, der Familie und dem Filmen auch noch auswärts gearbeitet. Bis sie merkte: «Es wurde mir alles zu viel.»

«Stall-Werk» im Stall

So entstand das «Stall-Werk». Denn kreativ sei sie schon immer gewesen. Nach der kurzfristigen Absage für die Lehrstelle im Traumberuf Sattlerin war die Alternative Verkäuferin in einer Papeterie. Nachdem diese Lehrstellen allerdings alle besetzt waren, wurde sie Charcuterieverkäuferin. So schliesst sich der Kreis, denn mit dem «Stall-Werk» produziert sie Karten und kleine Verpackungen für unterschiedlichste Anlässe.

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Wie der Name es sagt, hat Rahel Betschart im Sommer 2020, während die Schafe auf den Weiden waren, im leeren Schafstall mit dem Anbieten von Kartenkursen begonnen. Jedoch war schnell klar: Die Nachfrage ist gross und der Wolf präsent. So habe sie das «Stall-Werk» in die vom Haus her zugängliche Garage gezügelt. Denn mit der Wolfspräsenz wurde es wichtig, auch im Sommer die Schafe jederzeit einstallen zu können. Mit dem «Stall-Werk» jedes Mal zurück ins Haus zu ziehen, kam für Betschart nicht infrage. Zudem biete ihr die Garage dank Beheizung die Möglichkeit, das ganze Jahr Kurse anzubieten.

Man kann bei Betschart bereits fertige Karten oder das Material wie Stempel, Papier, Stanzschablonen und vieles mehr kaufen. Dafür ist das «Stall-Werk» zweimal in der Woche geöffnet. Oder man besucht einen Kurs und lernt, selbst Karten zu gestalten, oder mietet den Platz, um seine eigenen Karten herzustellen. Zudem lässt sich Rahel Betschart buchen für Kurse ausserhalb des Hofs, wobei das Thema und die Teilnehmerzahl festgelegt werden. Die Kursleiterin bringt das entsprechende Material mit und zeigt Möglichkeiten zur Gestaltung. Ihre eigenen Karten werden in einigen Hof- und anderen Läden verkauft.

Steiler Weg, tolle Aussicht

Wer bei der fröhlichen Bäuerin im «Stall-Werk» vorbeischauen möchte, muss allerdings wissen, dass nur eine schmale Bergstrasse hoch zum Betrieb führt. «Wenn sich jemand nicht zutraut, hochzufahren für einen Kurs, habe ich die Leute auch schon unten abgeholt», meint Rahel Betschart. Oder aber, sie richte ihre Kurse nach dem Busfahrplan. Denn der Bus wurde fast zeitgleich mit ihrem «Stall-Werk» eingeführt.

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Dadurch, dass das «Stall-Werk» direkt neben dem Stall ist, hat Rahel Betschart auch immer einen Blick auf die Schafe «Ich bin auch schon während dem Kurs in den Stallkombi gehüpft und rüber in den Stall. Habe beim Lammen geholfen, mich wieder umgezogen und mit dem Kurs weitergemacht», erzählt sie lachend. «Das war dann auch sehr herzig, wie alle Verständnis hatten und natürlich die frisch geborenen Lämmli auch sehen konnten. Das ist dann schon ein Highlight.» So bringe sie den Leuten auch gleich die Landwirtschaft näher. Und es sei in der Umgebung bekannt, dass man sie anrufen könne, wenn man ein «Schöppelischaf» habe, sprich ein Lamm, das von Hand aufgezogen werden muss. «Das ist schon cool, wenn man so alles unter einen Hut bringt», schwärmt Betschart.

Regional und vielseitig

Für die Karten und Verpackungen sei ihr wichtig, möglichst das Material und den Inhalt aus der Schweiz und noch besser aus der Region zu beziehen. So verkaufe sie etwa in eigens kreierten Verpackungen Felchlin-Schokolade oder arbeite mit Minza zusammen, einer lokal produzierenden Seifenherstellerin. «Ich bin total offen, auch für weitere Zusammenarbeiten mit regionalen Anbietern», meint Rahel Betschart.

«Ich habe immer noch so viele Ideen.»

Rahel Betschart, Bäuerin und Inhaberin vom «Stall-Werk».

Die teilweise sehr persönlichen Gespräche und das Rausfühlen, was den Kund(innen) gefallen könnte, machen ihren Job sehr erfüllend. Die Möglichkeiten mit den Materialien, die Vielseitigkeit der Anlässe und auch das Wissen, dass man damit jemandem eine Freude bereiten könne, es aber wiederum vergänglich sei und so Platz für etwas Neues lasse, gefalle ihr sehr gut. «Ich mache das jetzt seit vier Jahren und ich habe das Gefühl, ich habe immer noch so viele Ideen. Ich habe noch immer nicht alles gemacht, was ich machen wollte», erklärt die Kartenmacherin strahlend.

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