Armin baut etwas zusammen, als Grund zum Ärger auftaucht. Eine Gabel stellt sich quer. Ein leises Schimpfwort über das störrische Ding entweicht dem Dreijährigen. Susanne Grunder grinst und streicht ihrem Sohn übers Haar: «Du wirst mal ein Handwerker, nicht wahr? Wie könnte es auch anders sein, bei diesen Eltern?»

Damhirsche ausserfamiliär

Das wäre durchaus möglich, denn Handwerkergene hat der Kleine von beiden Seiten mitbekommen. Susanne Grunder ist selbstständige Metallbauerin und führt ihre Firma, die Stahlart GmbH, ihr Freund Jürg ist angestellter Polymechaniker.

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Aufgewachsen ist Grunder auf dem Mooshof in Münchenbuchsee BE. Ihren Bruder und sie zog es nicht in die Landwirtschaft, obwohl sie es sich rückblickend vielleicht doch hätte vorstellen können: «Mein Bruder und ich vielleicht waren gerade einen Tick zu jung, als es um die Nachfolgefrage ging. Aber jetzt ist es gut so, wie es ist.»

Der Bruder führt heute einen Gastrobetrieb auf dem Hof und vermietet eine Ferienwohnung, die Damhirsche des Vaters hat ein Kollege übernommen. «Er wird allerdings damit aufhören, es ist leider ein Nullsummenspiel.»

«Bauern stehen zuoberst»

Die vielseitige und harte Arbeit, die das Leben in der Landwirtschaft mit sich bringt, prägte Susanne Grunder – und sie ist der Branche heute noch nah. «Für mich stehen die Bauern eigentlich zuoberst, denn dank ihnen haben wir Lebensmittel. Und kreativ sind sie auch», sagt die 41-Jährige, die viele Landwirte im Kollegenkreis hat. Sie habe das Gefühl, dass Bauernkinder später im Leben schon anpacken könnten.

Vor der Lehre als Metallbauerin absolvierte sie das Bauernlehrjahr in Burgdorf BE – und erinnert sich gerne daran. Eine Lebensschule sei das gewesen. «Mit 15 von zu Hause dorthin war heftig, aber ich kann es nur jedem empfehlen. Als ich dann in die Lehre kam, kam mir diese im Vergleich vor wie ein Spaziergang.»

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Frauen die Ausnahme

Im Berufsberatungszentrum machte sie einen Test, welche Berufe zu ihr passen könnten. Der Computer spuckte als Antworten Kosmetikerin, Metzgerin und Metallbauerin aus. «Eine wilde Mischung», sagt Susanne Grunder bei der Erinnerung und lacht. Handwerk habe sie schon als Kind fasziniert, egal in welcher Form, also absolvierte sie eine Schnupperwoche im Metallbau und entdeckte ihre Begeisterung für das Arbeiten mit Stahl, Aluminium und Chromstahl. «Seitdem hat die Begeisterung nicht mehr aufgehört», hält sie fest.

Ihre Leidenschaft führte sie in die Lehrwerkstatt in Bern, wo sie als eine von wenigen Frauen in einem stark männerdominierten Beruf ihre Ausbildung absolvierte. «Wir waren fünf Frauen auf siebzig Lehrlinge.» Sie habe schon das Gefühl, dass bei Frauen in einem Männerberuf genauer hingeschaut werde. «Da kommt immer ein Mann an und schaut dir über die Schulter, was du da so machst. Einer meiner früheren Chefs meinte mal, eine Frau in einem Männerteam mache das Arbeitsklima freundlicher – da kann schon etwas dran sein.»

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«Das war meine Rettung»

Nach Jahren in unterschiedlichen Unternehmen, wo sie Erfahrungen im Apparatebau sammelte, Wintergärten und ganze Industriehallen baute, wagte Susanne Grunder 2014 den Schritt in die Selbstständigkeit. Die Entscheidung fiel weniger aus Mut als aus Notwendigkeit. «Ich bin mehrmals in ein Burn-out gerasselt, habe mich auch behandeln lassen, aber konnte zum Glück immer weiterarbeiten.» Aber den Druck von Chefs und Kunden habe sie nicht mehr ertragen. «Der Schritt in die Selbstständigkeit war meine Rettung.» Seitdem hat sie nie zurückgeblickt und geniesst ihre Freiheit.

Die Verbindung von Kreativität und Pragmatismus ist für die Bernerin der Kern ihrer Arbeit. Besonders stolz ist sie auf Projekte, die individuelles Design erfordern, wie Treppen und Geländer für Privatpersonen oder Glasfronten und Abschlüsse. «Ich sage immer, jedes Geländer kann kreativ sein. Das ist mir wichtig.» Ihre Arbeiten spiegeln eine Mischung aus Funktionalität und ästhetischem Anspruch wider.

Angestellte hat die Metallbauerin nicht: «Ich bin gerne eine One-Woman-Show, das liegt mir. Ich mache alles gerne, sogar die Buchhaltung.» Sehr gerne arbeitet Susanne Grunder allerdings mit anderen Handwerkern zusammen. Auf Anfang Jahr hat sie ihre Werkstatt vom elterlichen Hof in die alte Ziegelei in Etzelkofen BE gezügelt, wo viele Handwerker ihre Werkstätten haben und sie sich untereinander auch Maschinen teilen. «Es ist toll, verschiedene Handwerkerberufe unter einem Dach zu haben. So hat man immer den richtigen Fachmann für allfällige Fragen.»

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Zeit mit dem Sohn geniessen

Die Kinderbetreuung teilt sie sich mit ihrem Partner. «Die Zeit mit dem Junior möchte ich geniessen. Darum arbeite ich jetzt nur noch drei Tage in der Woche. Es ist herausfordernd, aber ich würde es nicht missen wollen.»

Mit ihrem Freund teilt Susanne Grunder unter anderem die Vorliebe fürs Motorradfahren – ihr Herz schlägt für Enduros. Grosse Touren abseits der Strasse im Ausland lägen aber seit der Familiengründung weniger drin. Geblieben sind der Turnverein, ausserdem klettert und bouldert sie gerne.

Klein, flexibel, kreativ

Obwohl die Baubranche unter Druck steht, sieht Susanne Grunder optimistisch in die Zukunft. Angesprochen auf mögliche Veränderungen in ihrer Karriere oder Ausbaupläne für die Firma, sagt sie: «Ich mag es so, wie es ist. Klein, flexibel und kreativ. Das ist mein Ding.»

Website von Susanne Grunder

5 Fragen
 
Was ist Ihr Lebensmotto?
«Es ist nicht genug zu wissen, man muss auch anwenden; es ist nicht genug zu wollen, man muss auch tun.» (Johann Wolfgang von Goethe)

Was macht Sie schlaflos?
Wenn ich den Wald lauter Bäumen nicht mehr sehe, zu viel auf einmal auf mich zukommt.

Was ist Ihr Lieblingslied und ­warum?
Habe viele, eines davon ist von Skunk Anansie mit «Hedonism», Jugenderinnerungen.

Was ist Ihnen in einer Beziehung wichtig?
Flexibilität, Liebe und zusammen lachen.

Metall ist für Sie …?
… vielseitig und kreativ.