Sie diene hier als Vogelscheuche, scherzt Ruth Furrer. Ich treffe sie auf meiner Abfahrt mit dem Bike vom Zugerberg Richtung Stadt Zug bei St. Verena, wo sie Kirschen erntet. Vögel machen sich an diesem heissen Sommersonntagnachmittag Ende Juni an den Kirschen keine zu schaffen.

KEF macht Sorgen

Wohl aber sind einige Früchte bereits von der Kirschessigfliege (KEF) befallen. Der Hochstammbaum ist einer der wenigen in schönem Laub in dieser Parzelle, kaum Schrotschussbefall und mit schönen Früchten behangen, die Kordia sind pflückreif. Im Gegensatz zu benachbarten Bäumen habe sich dieser alte Baum offenbar wieder etwas erholt, wie durch ein Wunder. Ursprünglich sei das ein Wildkirschenbaum gewesen, den ihr Bruder aber mit Kordia aufgepfropft habe. Das Land hoch über Zug, hart am Siedlungsrand, wurde vor einiger Zeit der Stadt Zug verkauft, dient als Realersatz. Ihr Bruder Albert Weiss beziehungsweise nun dessen Sohn Armin bewirtschaftet den Betrieb noch pachtweise, mit vielen Hochstammbäumen, darunter sehr viele alte. Neben Apfel- und Birnbäumen stehen viele Kirschbäume hier, auch Wildkirschen und alte Sorten.

Nicht wenige seien am Absterben, erzählt Ruth Furrer. Offensichtlich behage diesen der Boden oder das Klima der trockenen vergangenen Jahre nicht mehr. Auch einige junge Kirschbäume, im Rahmen der Aktion 1000 Kirschbäume für Zug vor rund 13 Jahren gepflanzt, würden wohl nicht überleben. Auch Dolleseppler sind darunter. Vielleicht sei auch das mechanische Schütteln mit ein Grund für die leidenden Bäume, vermute ihr Bruder. Vom Kordia-Baum können aber doch noch einige Kirschen geerntet werden, der Behang ist allerdings nicht überwältigend. Gegen die KEF habe ihr Bruder noch vor der Ernte gespritzt, der weissliche Belag ist an den Früchten noch sichtbar. Vermarktet würden die Kirschen direkt. «Das habe ich dummerweise vor Jahren eben angefangen», lacht Ruth Furrer.

Frisch essen statt brennen

Früher sei immer ins Fass geerntet, nie Tafelkirschen verkauft worden. Es habe mit schönen Früchten eines Baumes der Sorte Heidegger begonnen, wo sie es als schade empfunden habe, diese nur zum Brennen zu ernten. So half sie mit, die Früchte an der nahen Strasse für den Direktverkauf zu präsentieren. Der Verkaufserfolg liess nicht auf sich warten. Und die Nachfrage sei weiter steigend, viele Leute kämen teils von weiter her, nicht nur aus der Stadt Zug, um ein Körbchen zu erstehen. Offenbar habe es sich herumgesprochen, dass es hier aromatische Früchte von Hochstammbäumen gebe, besser als jene aus geschützten Anlagen, erklärt Furrer. Nicht nur für den Frischkonsum, sondern auch zum Konfitüremachen, beispielsweise aus Kirschen der Sorte Buholzer, die früher für Brenn- oder Konservenkirschen geerntet wurden.

Ich verabschiede mich nach der Degustation einer süssen Kirsche direkt vom Baum, und Ruth Furrer pflückt unter dem Schatten spendenden und kühlenden Baum noch einige weitere Früchte in ihren Chratten. Meine Fahrt geht weiter, wenige Meter nach dem idyllischen Hochstammgarten durch feine Wohnquartiere am Hang oberhalb der Stadt, wo die Betonhäuser und der Asphalt vor Hitze schimmern. Der Kontrast zwischen den beiden nahen Welten könnte nicht grösser sein.