Die Schmetterlingshebamme, wie sich Nicole Heimgartner selbst nennt, zieht seit 18 Jahren geschützt Tag- und Nachtfalter auf. Sprich, sie sammelt Eier und begleitet diese als Raupe bis hin zum Flug in die Freiheit. An ihrem vorherigen Wohnort mit ihrem grossen Biodiversitätsgarten waren dies bis zu 8000 Falter pro Jahr. Am neuen Ort, in Ursenbach, sind es bisher weniger, da deutlich weniger Umschwung vorhanden ist, was sie aber ändern möchte, sobald sie in der näheren Umgebung etwas Passendes findet. «Das ist mein Herzblut – die Natur», schwärmt sie.
Bedrohte Arten
Laut Bundesamt für Umwelt (Bafu) gelten 35 % der Tagfalter als bedroht. Dies liegt zumeist an den schwindenden Lebensräumen. Um dem entgegenzuwirken, hilft es, den Bauerngarten möglichst vielfältig zu gestalten. Nicole Heimgartner hat dazu wertvolle Pflanzen-Tipps. Die Top 3 der Futterpflanzen für Raupen sind Eichen, Brennnesseln und Weiden, insbesondere die Salweide, dort seien je über 30 verschiedene Falter-Arten, die diese als Futterpflanzen benötigen. Einige sind spezialisiert, sprich, sie fressen ausschliesslich diese Futterpflanze, wie das Tagpfauenauge, der Kleine Fuchs oder das Landkärtchen. Andere können sich auch von anderen Pflanzen ernähren.
Sie ist ein Kraut, das nur mässig beliebt ist, allerdings rund um fast jeden Hof vorkommt: Die Brennnessel.
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Die Brennnessel
Möchte man diese im Garten kultivieren, macht man dies am besten in einem grossen Topf oder Zuber, denn die Brennnessel macht unterirdische Ausläufer und vermehrt sich so. Um das Absamen zu verhindern, wird die eine Hälfte des Brennnessel-Busches einige Zentimeter über dem Boden abgeschnitten. Sobald dieser wieder etwas höher ist, schneidet man die zweite Hälfte, bevor sich die Samen gebildet haben.
Ebenso eine tolle Futterpflanze für Schmetterlinge ist die Distel. Diese würde Nicole Heimgartner allerdings nie einer Bäuerin empfehlen, denn auch diese erfreuten sich keiner grossen Beliebtheit, meint Heimgartner mit einem Augenzwinkern.
Nektar im Bauerngarten
Einfach und fast überall vorhanden sind diverse Küchenkräuter wie Minze, Zitronenmelisse oder Oregano, aber auch Heilpflanzen. Lässt man dort einen Teil blühen, ergeben diese gute Nektarlieferanten.
Insbesondere Frühblüher seien wichtig, denn es gibt Schmetterlinge, die als Schmetterling überwintern und dann sobald es wärmer wird, aus der Winterstarre erwachen, wie beispielsweise der Zitronenfalter. Frühblüher sind beispielsweise die Wildtulpe, das Lungenkraut, die Kornelkirsche oder die Salweide. Auch der Holunder, der auf fast jedem Hof zu finden ist, oder der Weissdorn sind geeignete Sträucher. Wichtig ist, immer die ursprüngliche Pflanze zu pflanzen, denn Zuchtvarianten, wie beispielsweise bei der Tulpe haben oft geschlossene Blüten, die für einen Schmetterling unerreichbar sind.
Von Frühsommer bis Herbst sind Wasserdost, Blutweiderich, der Natternkopf oder die Lichtnelke geeignete Nektarpflanzen. Die Königskerze und Malvengewächse wie die Stockrose oder die Weg-Malve sind schöne Blühpflanzen. Im Herbst bietet sich die Fetthenne an.
Nicht nur Graue
Nachtfalter werden häufig vergessen, da viele Arten sehr unscheinbare Farben haben. Nicht so das Abendpfauenauge und der Weinschwärmer, die beide pinke Farbanteile haben, oder der Totenkopfschwärmer, der eine Musterung ähnlich eines Totenkopfes auf dem Thorax trägt. Für Nachtfalter eignen sich beispielsweise die Nachtkerze oder die (nicht einheimische) Wunderblume, beide öffnen ihre Blüte erst gegen Abend.
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Die Unbeliebten
Nicht die Tag- oder Nachtfalter sind unbeliebt, sondern deren Raupen. Der Gärtner(in) ärgster Feind beispielsweise der Kohlweissling. «Ich habe die Schmetterlinge erzogen», meint Nicole Heimgartner. Sie habe zwischen ihren Kohl Kapuzinerkresse gepflanzt – als alternative Futterpflanze. Und statt alle Raupen zu entsorgen, hat sie diese auf die Kapuzinerkresse gesetzt. «Denn man muss wissen, der Schmetterling legt die Eier dort ab, wo er als Raupe gefressen hat.» So sollte der zukünftige Schmetterling dann direkt seine Eier auf die Kapuzinerkresse ablegen und nicht mehr auf den Kohl, also fressen die Raupen auch nicht mehr den Kohl. Das habe relativ gut funktioniert.
In ihrem alten Biodiversitätsgarten habe sie so viele Schmetterlinge aufgezogen, dass sich bei den Brennnessel fressenden Raupen der Bestand so etabliert war, dass sie diese nicht mehr in einem Aerarium aufziehen musste, sondern sie in der Natur belassen konnte. Und das sei schlussendlich auch das Schönste, wenn der Garten so gestaltet ist, dass die Tag- und Nachtfalter ausreichend Nahrung und Lebensraum vorfinden.
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So zieht man den Schwalbenschwanz auf
Von den 200 Eiern, die ein Schwalbenschwanzweibchen einzeln auf Doldenblütlern ablegt, erreichen nur ungefähr zwei effektiv das Stadium des Schmetterlings. Alle Anderen fallen Parasiten oder Raubtieren zum Opfer. Darum macht das geschützte Aufziehen gerade bei dieser Art Sinn. Die Aufzucht erfolgt am besten in einem Aerarium, denn einzig dies schützt vor dem Eindringen von Parasiten. Mückennetze eignen sich nicht, da die Maschen zu weit sind. [IMG 6]
Eier sammeln: Meist sind die leuchtend gelben Eier an den Spitzen der Blätter auf der Unterseite zu finden. Diese an einem sonnigen Tag sammeln, indem man ca. 1 cm von der Pflanze, wie beispielsweise dem Gewürzfenchel, mit dem Ei zusammen abschneidet und dieses dann auf ein Haushaltspapier in ein Aerarium legt.
Eier: Nach ein paar Tagen, in denen das Aerarium an der Wärme, nicht aber in der Sonne steht, wird das Ei immer brauner bis fast schwarz, dann schlüpft die Raupe. In der Phase bereits Futterpflanze wie Fenchel, Karottengrün, Dill, Petersilie usw. in das Aerarium legen.
Raupen: Sind die Raupen geschlüpft, wechseln sie selbstständig auf das frische Kraut. Da bitte beachten, dass der Behälter, in dem die Futterpflanze steht, geschlossen ist, damit die Raupen nicht ertrinken, wenn sie herunterfallen. Das kann beispielsweise ein Marmeladenglas sein, in dessen Deckel Löcher für die Stiele gebohrt werden. Ist die Futterpflanze gefressen oder wird gelblich, sollte diese ersetzt werden. Sprich, es wird frisches Grün dazu gestellt, sodass sich die alte und die neue Futterpflanze berühren und anschliessend wandern die Raupen von selbst zum frischen Kraut. Die Raupen häuten sich vier- bis fünfmal und ändern ihre Farbe von Dunkel zu Dunkel mit hellem Punkt, optisch ähnlich eines Vogelkotes, bis sie dann die charakteristische grün-orange-schwarze Musterung hat.
Verpuppung: Irgendwann werden die grossen Raupen unruhig und kriechen im Aerarium umher, denn sie müssen sich, bevor sie sich verpuppen, ca. 50 m fortbewegen. Anschliessend entleeren sie den Magendarmtrakt inklusive der Organe, die sie als Schmetterling nicht mehr benötigen. Danach hängt sich die Raupe auf, indem sie sich mit den Füssen festhält und einen «Gurt» spinnt, der sie um den Bauch befestigt an Ort und Stelle hält. Nun beginnt sie nach ca. zwei Tagen mit der Verpuppung, wobei sie die Haut von der Kopfseite her ein letztes Mal abstreift und darunter die noch weiche Puppe zum Vorschein kommt. Diese braucht nun ungefähr zwei Tage, bis sie komplett ausgehärtet ist.
Schmetterling: Nach ungefähr 10 Sonnentagen (das Aerarium nicht direkter Sonneneinstrahlung aussetzen) wechselt die Puppe ihre Farbe von grün zu braun und es schimmert das Muster der Flügel durch. Dann geht es nur noch Stunden oder Minuten, bis die Puppe aufplatzt und der Schmetterling schlüpft. Zu Beginn hat dieser noch zerknitterte, weiche Flügel, bevor die ganze Schönheit nach ungefähr zwei Stunden zum Vorschein kommt. Sobald es so weit ist, den Schwalbenschwanz in die Freiheit entlassen, indem man das Aerarium einfach öffnet. Ansonsten besteht die Gefahr, dass er sich beim Flattern die Flügel stösst und verletzt.
Wichtig: Immer den Kot entfernen, am einfachsten geht dies, indem das Aerarium mit Zeitung oder Haushaltspapier ausgelegt wird, das dann regelmässig erneuert wird. Und stets die richtigen Futterpflanzen bereitstellen, sowie darauf achten, dass diese unbehandelt sind. Denn Spritzmittel tötet die Raupen.