«Das Töpfern erdet und regt die Kreativität an, je länger man daran sitzt, desto mehr Ideen hat man», erklärt Doris Häfliger. Das Töpfern in ihrem Atelier ist ihr Ausgleich und gleichzeitig ein wichtiger Betriebszweig. Nicht nur finanziell, sondern auch emotional. Denn nebst der Töpferei ist sie Bäuerin und Betriebsleiterin auf dem Hof Vogelsang.
Alles unter einen Hut
Es gäbe häufig Leute, die sie fragen, wann sie denn das überhaupt noch mache, sprich das Töpfern. «Ich kann doch nicht alles aufgeben, was mir gefällt», meint Doris Häfliger – und es ist klar, da gibt es zwar Kompromisse, aber keinen Zweifel, dass das Töpfern einen hohen Stellenwert hat.
Der Kompromiss ist der Hof. Die gelernte Gärtnerin ist auf einem Milchwirtschaftsbetrieb aufgewachsen und mit Anfang 20 dann auf den Betrieb ihres Ex-Mannes gezogen. Der Betrieb umfasst 50 Milchkühe, die im Swing-over Melkstand gemolken werden, 260 Mastschweine, zwei Pferde, fünf Katzen, vier Hühner für den Eigenbedarf und diverse Kaninchen, die einer ihrer beiden Söhne züchtet. Und zwei Border Collies, die ihr helfen, die Kühe jeweils wieder in den Stall zu treiben. Dazu kommen, arrondiert zum Hof, 34 ha Land, mit jeweils 1,5 ha Futtermais und Weizen, etwas Kunstwiese, der Rest ist Naturwiese.
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«Ich mache viel mehr als ein Betriebsleiter.»
Wegen eines Schicksalsschlages bewirtschaftet Doris Häfliger den Hof seit 2024 selbst.
Verantwortung für Haus und Hof
Durch einen Schicksalsschlag bewirtschaftet Doris Häfliger den Hof seit dem vergangenen Jahr selbst. Seit diesem Jahr ist sie auch offiziell Betriebsleiterin – und somit allein verantwortlich für alles rund um den Betrieb. Hilfe hat sie durch einen Angestellten, der sie jeweils wochentags unterstützt, und durch ihren 21-jährigen Sohn. Dieser hat Landwirt gelernt und ist momentan noch in der Zweitausbildung zum Landmaschinenmechaniker. Er und sein älterer Bruder unterstützen Häfliger jeweils am Wochenende.
«Ich mache viel mehr als ein Betriebsleiter», meint sie, und spricht damit an, dass sie nicht nur für sämtliche Arbeiten draussen und die administrative Fleissarbeit, sondern auch für den Haushalt zuständig ist. Sie fährt Traktor, melkt, tränkt die Kälber, meldet die Direktzahlungen an, und, und, und.
Am Küchentisch angefangen
Zum Töpfern kam Doris Häfliger durch die Bäuerinnenschule, dort konnte ein entsprechender Kurs belegt werden. «Ich war schon immer kreativ», erzählt sie, aber das Dreidimensionale habe ihr unglaublich gut gefallen. Sie töpfert seit ungefähr 15 Jahren, seit etwa 10 Jahren hat sie ihr Atelier. Angefangen hat sie drinnen auf dem Küchentisch. Damals hatte sie noch keinen Brennofen und musste ihre Werke jemandem zum Brennen bringen. Das Atelier, mit Blick auf den Luzerner Hausberg Pilatus, hat sie im ehemaligen Schweinestall eingerichtet. Zuerst hat Doris Häfliger nur für sich getöpfert, aber dann kamen recht schnell Anfragen, ob man denn bei ihr töpfern könne. So habe sich dies nach und nach ergeben.
Heute hat die kreative Bäuerin nicht nur das Atelier, sondern auch in dem ehemaligen Spycher, der zum Betrieb gehört, einen Selbstbedienungsladen eingerichtet. Der Spycher wurde 1788 erbaut und überzeugt sowohl aussen als auch in der Töpferausstellung mit seinem Charme. «Manchmal komme ich kaum hinterher, neue Sachen zu kreieren für den Spycher», erzählt Häfliger strahlend – denn entlang des Hofes führt ein gut frequentierter Wanderweg.
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Wissen weitergeben
Zudem bietet sie Kurse für Erwachsene an, beispielsweise als Polternachmittag, Betriebsausflug, Kolleginnenzeit, und auch für Kinder, entweder um beispielsweise im Herbst Götti- oder Gotte-Gschänkli für Weihnachten zu gestalten oder für den Ferienpass. Saisonal bedingt sei jeweils zwischen Spätherbst und Frühling mehr los als im Sommer. «Ich sage den Kursteilnehmer(innen) jeweils im Sommer, wenn ich heuen muss, dann müssen wir allenfalls spontan das Datum verschieben.» Dafür hätten eigentlich alle viel Verständnis.
Getöpfert werden Figuren, Tassen, Müeslischälchen oder was die Kund(innen) als Ideen mitbringen. Und am schönsten sei es, wenn sich die Teilnehmenden zu Beginn erst nur zutrauen, vielleicht etwas Kleines aus Ton auszustechen –, und dann merken, dass das Töpfern nicht so schwer ist, wie sie gedacht haben. «Am Schluss haben sie Freude an dem, was sie geschaffen haben. Das wiederum macht mir Freude», sagt Häfliger.
Man kann auch ein Werk bestellen
Wer nicht die Kapazität hat, selbst zu töpfern, oder einen speziellen Wunsch für ein Objekt hat, kann dies auch bei Doris Häfliger bestellen. Sie fertigt Auftragsarbeiten, beispielsweise für Abschluss-, Hochzeits- oder Geburtstagsgeschenke. Oder sie benutzt das Atelier für sich als Kolleginnen-Treffpunkt: «Wenn wir etwas zu besprechen haben, treffen wir uns hier zum Töpfern, das ersetzt quasi den Therapeuten», meint Häfliger mit einer Prise Humor in der Stimme.
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Vielseitige Möglichkeiten
Wenn die Powerfrau nicht auf dem Betrieb oder im Atelier ist, geht sie reiten, mit ihren Kolleginnen in den Ausgang oder schiesst im Verein.
Ihre Zukunft sieht sie vielfältig. Geplant sei, dass ihr Sohn nach seiner Zweitausbildung den Betrieb übernehme. Ob sie dann weiterhin mitarbeite auf dem Betrieb, sich auswärts einen Job suche oder etwas komplett Neues in Angriff nehme, wisse sie noch nicht. Da sei noch alles offen, wobei bereits ein paar «Hirngespinste» da seien. Aber das Töpfern, das werde sie sicherlich weiterhin begleiten.
Fünf Fragen
Welches Landwirtschaftsthema beschäftigt Sie am meisten?
Im Moment beschäftigt mich der Humusaufbau. Für einen Boden, der Nährstoffe und Wasser besser speichern kann, da die Böden tendenziell mehr kaputt gemacht als aufgebaut werden.
Wie lautet Ihr Leitspruch fürs Leben?
Leben und leben lassen!
Welche Tätigkeiten im Alltag erachten Sie als sinnlos?
Werkstatt aufräumen.
Welches Kompliment freut Sie?
Wenn jemand sagt, es sei schön gewesen, hier beim Töpfern.
Wie belohnen Sie sich selbst?
Mit meinen Freundinnen töpfern oder auch mal in den Ausgang und reiten gehen.