«Wir waren im Sommer sechs Wochen lang gemeinsam in den Ferien», erklärt der zehnjährige Michael Marty voller Begeisterung. Doch was sich nach einer spektakulären Weltreise mit der Familie anhört, bedeutet schlicht, dass der Ybriger Jungbauer die Sommerschulferien zusammen mit seiner Familie auf der Alp Spital verbrachte. Diese liegt in Unteriberg auf 1574 m ü. M. und ist vom Heimbetrieb mit dem Jeep in rund 20 Minuten erreichbar.

Erstmals selber z Alp

Es war heuer der erste Sommer, in dem Judith und Sepp Marty-Good das Vieh auf der Alp selbst betreuten, vorher schaute Sepps Schwager zum Alpvieh. Zusammen mit ihren Kindern Florian, Jasmin, Michael und Jonas blicken Judith und Sepp Marty auf ein richtig gutes 2023 zurück. Das ist alles andere als selbstverständlich, denn das Vorjahr forderte die Bauernfamilie enorm.

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Eine Erschöpfungsdepression

2022 war aus mehreren Gründen intensiv. Einerseits wurde der rund 25-jährige Milchkuh-Anbindestall zu einem Laufstall mit 19 Liegeboxen für Mutterkühe erweitert. Am 18. Juli 2022 war Baustart, gut vier Monate später wurde in den neuen Stall eingezogen. Noch mehr als die Bautätigkeit forderten aber die gesundheitlichen Probleme von Sepp Marty die Familie. Er fiel im Herbst 2022 in eine schwere Erschöpfungsdepression und verbrachte neun Wochen in einer Klinik.

Positives geht vergessen

Abo Gesundheit Bei Erschöpfungsdepression: «Man sollte unbedingt ehrlich zu sich selber sein» Monday, 11. December 2023 Vier gesunde Kinder, eine intakte Ehe, ein fast neues Haus und ein Stallbauprojekt, dessen Finanzierbarkeit gesichert war. Trotz all dem Positiven fehlte es Sepp Marty im Frühherbst 2022 immer mehr an Energie und eine lähmende Erschöpfungsdepression kam auf. «Das Schlimmste an dieser Krankheit ist, dass man während einer Depression all das Positive kaum mehr erkennen kann», erklärt der 54-jährige Bergbauer in einer ungewohnten Offenheit. Es war nicht das erste Mal, dass bei ihm Schwermütigkeit aufkam. «Ich hatte dies, wenn auch weniger ausgeprägt, schon früher erlebt. Erstaunlicherweise kam die Überforderung damals nie im arbeitsintensiven Frühjahr, sondern jeweils im Herbst, wenn alle Tiere zurück im Stall waren.» 

Grosse Unterstützung

Dass der Landwirt gerade während der intensiven Bauphase stark erkrankte, forderte Judith Marty und ihre ganze Familie. «Wir durften während dieser Zeit glücklicherweise auf sehr grosse Unterstützung aus unserem familiären und kollegialen Umfeld zählen. Und die beteiligten Bauunternehmen haben den Stallumbau auch ohne Sepp hervorragend abgeschlossen», so Judith Marty. Aber auch Sepp selber habe seine Situation sehr gut gemeistert. «Ich bin froh, nahm er sich selber Auszeiten und zog sich bei Bedarf in die Natur zurück. Zudem hatte er auch in dieser schwierigen Lebensphase nie Suizidgedanken.» Erschöpfungsdepressionen kämen schleichend und könnten jeden betreffen. Deshalb sei es so wichtig, dass auch psychische Erkrankungen offen thematisiert würden. Ein Jahr später sieht die Welt ganz anders aus. In diesem Herbst ging es Sepp Marty bedeutend besser. «Die Zeit auf der Alp hat der ganzen Familie und Sepp ganz besonders gut getan», blickt die aufgestellte Bäuerin auf die vergangenen Monate zurück. Die Ruhe, die schöne Natur und die weitläufige Aussicht hätten sich sehr positiv auf die mentale Verfassung ihres Mannes ausgewirkt. Die ganze Familie genoss die gemeinsamen Wochen auf der Alp. Stand Heuen auf dem Programm, half die ganze Familie mit. «Unsere Heuflächen mähten wir heuer zu dritt, wir waren sehr effizient», erklärt Sepp Marty nicht ohne Stolz. Zu dritt heisst: der zehnjährige Michael mit dem «Rex»-Motormäher, der bald 14-jährige Florian mit dem «Swiss» und Sepp Marty mit Zweiachsmäher und Mähwerk. [IMG 3]

Endlich einen Hund

Nicht nur das Mähen ging bei den Martys zügig, auch das Futter einbringen wurde durch den neuen Heukran stark erleichtert. «Wir Frauen kamen mit dem Heublasen und Rechen kaum mehr nach», so Judith Marty schmunzelnd. Noch lieber als beim Heuen helfen die Kinder aber im neuen Stall mit. Nicht nur die Tierbetreuung macht ihnen Freude, auch sonst finden sie immer etwas zum «Wärchä». Entsprechend fiel auch die Wunschliste fürs Christkind aus: «Ich wünsche mir eine grüne Bosch-Akku-Bohrmaschine», so Michael Marty, die zwölfjährige Tierliebhaberin Jasmin bekommt ihren eigenen Hund.

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Oft auf den Skipisten

Judith und Sepp Marty ist es wichtig, dass ihr Nachwuchs trotz der willkommenen Unterstützung auf dem Hof auch noch Kind sein könne. Gamen, natürlich mit dem Landwirtschafts-Simulator, steht auch bei den Martys hoch im Kurs. Zudem sind alle vier begeisterte Skifahrer und viel auf den Pisten im nahe gelegenen Hoch Ybrig unterwegs.

Im Skigebiet kennengelernt

Dort ist auch Sepp Marty oft anzutreffen, denn er arbeitet über die Wintermonate an rund fünf Tagen pro Woche als Sesselbahn-Angestellter. Er schätzt diese Arbeit als schönen Ausgleich zum Betrieb. Es komme zu guten Gesprächen und man treffe interessante Menschen. Einen besonders interessanten Menschen traf er im Hoch Ybrig vor rund 18 Jahren. Die damals 20-jährige Judith Marty arbeitete im Gipfelrestaurant Sternen im Service.

Glauben als grosse Stütze

Die dynamische junge Frau aus Mels SG und der ruhige Ybriger kamen sich näher und bald läuteten die Hochzeitsglocken. Trotz ihrer Verschiedenheit sind sie bis heute ein gutes Team, die schwierigen Momente hätten sie noch stärker zusammengeschweisst. Viel Kraft gab Judith Marty in dieser Phase auch der Glauben: «Der Herrgott hat mich immer getragen. Ich konnte meine Sorgen in seine Hände geben und es kam gut.»

Für die Zukunft wünscht sich die Familie Marty natürlich vor allem Gesundheit, Zufriedenheit und dass die Kinder ihren eigenen Weg machen werden. «Und vielleicht, neben unserer schönen Zeit auf der Alp, auch noch ein paar Tage gemeinsame Familienferien abseits des Hofes», so Judith Marty in ihrer fröhlichen Art.

Betriebsspiegel Gschwend
 
Betriebsleiter: Judith und Sepp Marty-Good
Ort: Unteriberg SZ, BZ III, 1050 m ü. M.
Fläche: Heimbetrieb 17 ha LN, Alp Spital mit 25 Stössen
Viehbestand: Aktuell 10 Mutterkühe mit Kalb, 10 Aufzuchttiere
Arbeitskräfte: Betriebsleiterfamilie, Verwandte und Bekannte bei Arbeitsspitzen