Mirjam und Matthias Balsiger sind zusammen mit ihren beiden Söhnen Janis und Serin im Jahr 2020 von Riggisberg in den Hunsrück nach Deutschland ausgewandert – ein in Rheinland-Pfalz und zu geringen Teilen im Saarland liegendes Mittelgebirge. Mit Anfang, Mitte 40 wagte das Betriebsleiterehepaar einen Neuanfang. In der Schweiz führten sie einen 32 ha grossen Hof mit regenerativer Landwirtschaft und Alpakahaltung im Nebenerwerb. Mathias Balsiger arbeitete nahezu in Vollzeit als IT-Spezialist. Mirjam Balsiger kümmerte sich um die Vermarktung der Produkte aus Alpakawolle. Perspektivisch bot der elterliche Nebenerwerbsbetrieb jedoch keine Wachstumsmöglichkeiten. «Wir wollten uns aber unbedingt in der Landwirtschaft weiterentwickeln», begründen sie ihren mutigen Schritt.
Den passenden Betrieb
Über einen Makler fanden sie den Ackerbaubetrieb mit Mutterkuhhaltung, Hofschlachtung und Direktvermarktung in Longkamp im Kreis Bernkastel-Wittlich. Balsigers bewirtschaften jetzt 250 ha landwirtschaftliche Fläche, davon 125 ha Grünland. Zum Betrieb gehören ausserdem 70 Mutterkühe, überwiegend Limousin, dazu einige Angus und Charolais plus Nachzucht. Ausserdem betreiben sie Stierenmast. Ein Teil der Rinder wird auf dem Hof geschlachtet und das Fleisch direkt vermarktet. Ihren Hof in der Schweiz haben sie verpachtet.
Der Hof mit den Wirtschaftsgebäuden, den Schlacht- und Zerlegeräumen liegt ausgesiedelt ausserhalb der Ortschaft. Balsigers übernahmen den Betrieb mit allen Gebäuden, Tieren und dem Inventar. Der Hofladen mit Kühl- und Verarbeitungsräumen befindet sich an der ehemaligen Hofstelle im Ort. In fussläufiger Entfernung zum Hofladen liegt das Wohnhaus der Familie, ebenfalls eine ehemalige Hofstelle mit Nebengebäuden.
Kein einfacher Start
Die Schweizer hatten nicht gezielt nach einem Betrieb mit Direktvermarktung gesucht, doch das Konzept gefiel ihnen. «Es ist gut für die Tiere und gut für die Region», findet Mirjam Balsiger. Im März 2020 übernahmen sie Hof und «Hofladen Zimmer». Der Start hatte es in sich: Die Familie sass bereits auf gepackten Koffern, als coronabedingt die Grenzen schlossen. Nach 14 Tagen konnten sie endlich nach Deutschland aufbrechen und auch die Alpakas und zwei Pferde mitnehmen. In Longkamp warteten viele Herausforderungen – persönlich und betrieblich. Das Wohnhaus musste hergerichtet werden. «In der Küche gab es keine Spülmaschine. Das war die erste Anschaffung», sagt Mirjam Balsiger rückblickend. Schwerwiegender waren die geschlossenen Schulen. Statt neue Freunde zu finden, war für die Jungs erst mal Homeschooling angesagt. Trotz allem lief der Betrieb weiter. Zum Glück konnte das Betriebsleiterehepaar in der ersten Zeit auf die Erfahrungen des Vorbesitzers und der Mitarbeiter zählen. «Vor allem die Direktvermarktung war für mich Neuland», sagt die Bäuerin.
Ihren Traum verwirklicht
Mittlerweile bewirtschaften Balsigers seit über vier Jahren ihren Betrieb an ihrem neuen Standort und machen genau das, was sie sich erträumt hatten: sich landwirtschaftlich weiterentwickeln. Im Ackerbau sind beispielsweise neue Kulturen wie Zuckerrüben hinzugekommen. Nachdem sie einzelne «mühsame» Mutterkühe ausselektiert haben, stocken sie nun die Mutterkuhherde langsam auf, um mehr Rinder mästen zu können. Die Alpakazucht führten sie nicht weiter, die Tiere wurden verkauft. Den Ab-Hof-Verkauf haben sie ebenfalls neu aufgestellt, mit einer Online-Vorbestellung und 14-tägiger Abholung im Hofladen. «So ist es für uns wirtschaftlich sinnvoller.» Die Hofübernahme sei der richtige Schritt gewesen. «Wir gehen neue Wege und lernen ständig dazu. Das ist es, was wir wollten», sagen beide zufrieden.