Das duale Bildungssystem ist ein einzigartiges Schweizer Konzept. Es vereint die Grundbildung der Lernenden im Betrieb mit der Berufsschule und führt junge Menschen optimal in die Berufswelt ein. Gleichzeitig ist das Modell so flexibel, dass eine berufliche Umorientierung auch in einer späteren Lebensphase möglich bleibt. Das hat sich auch an der diesjährigen Diplomierung der Bäuerinnen mit Fachausweis im st.-gallischen Salez gezeigt, denn diese Ausbildung ist eine klassische Zweitausbildung.

Quereinsteigerinnen bringen neue Perspektiven

Aus nicht weniger als 60 verschiedenen Berufen kommend, haben sich viele der Absolventinnen für einen Wechsel in die Landwirtschaft entschieden. Das ist aus Sicht der Branche in verschiedener Hinsicht absolut zu begrüssen. Die Quereinsteigerinnen verstärken die Branche nämlich nicht nur zahlenmässig – vielmehr entscheiden sie sich mit ganzem Herzen und aus Überzeugung für die Landwirtschaft und bringen frische, neue und gewinnbringende Perspektiven ein. Damit diese jungen Frauen aber zu tragenden Stützen auf ihren Betrieben werden können, müssen sie an den landwirtschaftlichen Schulen entsprechend breit und vertieft ausgebildet werden.

Vielfalt macht Bildung besonders nötig

Eine solide Berufsbildung ist schliesslich das A und O in allen Branchen – da kann und darf die Landwirtschaft nicht hintenanstehen. Immerhin sind die Aufgaben, die künftig auf die frisch gebackenen Bäuerinnen zukommen, vielseitig und mitunter auch sehr fordernd. Da wollen der bäuerliche Haushalt geführt, der Garten gepflegt und die Direktvermarktung organisiert werden. Zudem muss die Bäuerin auch über die Produktion und die verschiedenen Betriebszweige Bescheid wissen. Nicht zuletzt gilt es auch noch, «das Büro zu machen» und allerlei Dinge zu organisieren. Wer angesichts einer solchen Vielfalt fundiert ausgebildet ist, ist klar im Vorteil – andernfalls dürfte es schwierig werden.

Abo 114 Bäuerinnen hatten allen Grund zum Strahlen: Sie schlossen die Ausbildung zur Bäuerin mit Fachausweis erfolgreich ab. Bildergalerie 114 Bäuerinnen haben es geschafft – ein Rückblick in Bildern Saturday, 2. July 2022 So gilt es etwa neben den alltäglichen Arbeiten auf dem Betrieb auch, die Früchte der landwirtschaftlichen Arbeit in Wert zu setzen. Dabei kommt den gut ausgebildeten Frauen vielfach eine besondere Rolle zu: Häufig seien sie es, die neue Wege der Wertschöpfung auf die Betriebe brächten, betonte der Leiter des BZB Rheineck in Salez, Markus Hobi, an der Diplomfeier. Entsprechend gut besucht sei im vergangenen Jahr etwa das Kursmodul rund um das Thema Direktvermarktung gewesen, freute sich Hobi.

Wirkung nach innen und aussen

Dabei muss man sich im Klaren sein: Wer den Beruf der Bäuerin ergreift, wählt eine Ausbildung, die sehr spezifisch auf ein bestimmtes Berufsfeld, ja gar einen bestimmten Beruf ausgelegt ist. Viele Kenntnisse, die sich die jungen Frauen aneignen, funktionieren nicht ohne Weiteres einfach in einer anderen Branche, in einem anderen Job. Die Bäuerinnen gehen eine gewisse Verpflichtung ein, wenn sie sich mit ihrem Können, ihrem Wissen und mit ihrer Zukunft der Branche verschreiben.

Die jungen Frauen nehmen aber künftig nicht nur wichtige Rollen auf ihren Betrieben ein; vielmehr haben sie auch eine wichtige «Aussenwirkung» gegenüber der Gesellschaft. Sie bieten der Schweizer Bevölkerung ein Fenster für einen Blick in die Landwirtschaft und damit einen Einblick in die Produktion der Lebensmittel, die tagtäglich auf den Schweizer Tellern landen. Wie gross dieses Interesse am Ländlichen und am Thema Ernährung ist, zeigt sich etwa bei den Zuschauerzahlen, die das TV-Format «SRF bi de Lüt – Landfrauenküche» verbuchen kann.

Bäuerinnern an vorderster Front

Dabei ist längst nicht alles öffentliche Interesse auf eine scheinbar heile Bauernhofwelt gerichtet. Das vergangene Jahr hat gezeigt, wie sehr die Nahrungsmittelproduktion in den öffentlichen Fokus gerückt ist – und wie heftig teilweise diskutiert wird. Wer hier an vorderster Front stehen wird, ist klar: Häufig sind es die Bäuerinnen, die durch Kundenkontakt eine Anlaufstelle für Fragen, Lob und Ärger sind. Nur wer gut ausgebildet und hoch motiviert ist, kann mit solchen Situationen richtig und vor allem gewinnbringend umgehen.