Es ist Feierabend. Ruedi Thomann sitzt mit Ehefrau Sandra und den Kindern Pascal, Nadine und Jasmin auf dem Gartensitzplatz. «Dafür hatten wir in den vergangenen Jahren wenig Zeit», sagt er und erklärt: «In der Regel sind wir von Mitte Mai bis Mitte September unaufhörlich am Heuen.» Dank der Schönwetterperiode seien sie Mitte Juni fertig geworden. Man geniesse die heufreie Zeit. Doch am 1. Juli ging es mit Heuen wieder los.

15 Jahre auf dem Bau

Sandra und Ruedi Thomann bewirtschaften in Valens im Sarganserland rund 30 ha Land – das meiste ist steil und schwer zu bewirtschaften. Die allersteilsten Börter sind Q2-Biodiversitätsförderflächen. Im Gegensatz zu Talbetrieben kann Thomann dieses Ökoheu an seine Mutterkühe und die Aufzuchttiere verfüttern – und die fressen es gerne. Bei der Berufswahl entschied sich Thomann für die Lehre als Maurer und arbeitete 15 Jahre auf dem Bau. Eigentlich habe er als Kind nie daran gedacht, Landwirt zu lernen, sagt Thomann.

Aber dann packte ihn die Landwirtschaft. Er absolvierte die Zweitausbildung am Plantahof, hängte die Betriebsleiterschule an und erwarb das Diplom als Meisterlandwirt. «Damals wusste ich noch gar nicht, ob ich je zu einem Betrieb kommen würde», erzählt Thomann. Fünf Alpsommer verbrachte er auf den Alpen Mugg und Schwaldis.

Betriebsspiegel

Sandra und Ruedi Thomann

Ort: Valens
LN: 29,5 ha, davon 50 % BFF Q2
Tierhaltung: Mutterkühe und Aufzucht

Doch noch ein Hof

Dann fasste sich Ruedi Thomann ein Herz und fragte seinen Vater, ob eine Betriebsübergabe möglich sei. «Mein Vater war noch nicht im Pensionsalter und hätte nicht abgeben müssen. Aber er war sofort einverstanden», erzählt er. Das rechnete er seinem Vater hoch an.

2014 konnten Ruedi und Sandra Thomann den Betrieb übernehmen. Ehefrau Sandra erinnert sich: «An Weihnachten 2014 sind wir ins neu gebaute Haus eingezogen.» Das Wohn- beziehungsweise Betriebsleiterhaus hatte Ruedi Thomann mit einem Kollegen selbst geplant und selbst auch viel Hand angelegt. 2016 konnte die Familie noch einen zweiten Betrieb von einem Grossonkel dazu pachten.

Seither setzen Thomanns auf Mutterkühe und halten weiterhin Jungvieh und Galtkühe. Auch verabschiedete Ruedi Thomann sich endgültig vom Bau, aber arbeitete nebenbei sieben Jahre für die Grüninger Mühlen AG im Aussendienst und war anschliessend fünf Jahre für Braunvieh Schweiz tätig. Im Laufe der Zeit kamen neue Ämter und Aufgaben dazu, wie zum Beispiel das Präsidium der SVP Taminatal und jenes der Nutz- und Schlachtvieh-Genossenschaft, die in der Ostschweiz erfolgreich Vieh vermarktet. Seit 2024 ist Thomann auch Kantonsrat und seit dem 26. März auch Präsident des St. Galler Bauernverbands.

Auch Sandra Thomann ist als Mitglied der Geschäftsprüfungskommission der Gemeinde Pfäfers politisch aktiv.

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Sportliche Familie

Das Ehepaar teilt nicht nur das Interesse für die Politik, sondern auch für den Sport. Joggen und Biken integrieren die beiden in ihren Alltag. «Eigentlich ist Sandra sportlicher unterwegs als ich», bemerkt Ruedi Thomann. Er selbst fuhr früher Skirennen. Neben der Berufslehre hatte das aber keinen Platz mehr. Heute trainiert er die Junioren im Tamina-Rennteam, wo auch seine Töchter Nadine und Jasmin erfolgreich an Skirennen teilnehmen.

Diese Themen treiben den neuen SGBV-Präsidenten um
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Seit 100 Tagen ist Ruedi Thomann Präsident des St. Galler Bauernverbandes. «Mich beschäftigen viele Themen», sagt er. Zu diesen zählt er unter anderem:

Strukturverbesserung: Der Bund hat der Erhöhung der Beiträge für die Strukturverbesserung im ländlichen Raum zugestimmt. Jetzt liegt es am Kanton St. Gallen nachzuziehen, sodass die Ortsgemeinden, Alpen und Landwirtschaftsbetriebe die maximal mögliche Unterstützung abholen können. Der Kanton St. Gallen liegt aktuell im kantonalen Vergleich nicht auf einem Spitzenplatz. Die massive Schlechterstellung gegenüber unseren Nachbarkantonen macht mich traurig.

Wolf: Im Kanton St. Gallen leben zurzeit drei Wolfsrudel, zwei davon in unserer Region, dem Sarganserland. Auf der Alp Gafarra (Mels) gab in der ersten Junihälfte schon elf Wolfsrisse. Ich fordere, dass unsere Wildhut konsequent die Regulierung in die Hand nimmt, so wie es der Kanton Graubünden vormacht.

Bauen und Geruchsemissionen: Im Kanton St. Gallen gibt es ein neues Tool für die Berechnung der Abstandsauflagen. Mit diesem Tool verdoppeln sich die Auswirkungen und Auflagen, wenn eine Bauernfamilie bauen will. Der SGBV fordert ein zweites Treffen und hofft, dass das Amt für Umwelt einsichtig wird und das Tool wieder abschafft.

AP 2030+: Die Stossrichtung ist bekannt, aber noch zu wenig konkret. Ich hoffe, dass diese AP deutlich produktionsfreundlicher herauskommt, als dies momentan der Fall ist. Wir werden die Vorlage, die der Bundesrat in die Vernehmlassung gibt, gründlich unter die Lupe nehmen. Das Ziel müsste sein, dass die Landwirtschaft zwei Milliarden Franken mehr auf dem Markt lösen kann, als dies jetzt der Fall ist.