Wenn die Floristin und Bäuerin ihre Kreativität im eigenen Hofladen ausleben kann, gibt es nicht nur Fleisch, Obst, Gemüse, Sirup und Schnaps zu kaufen. So wie bei Carola Degen auf dem Hof Langacker in Ramlinsburg im Baselbiet. Bereits der Eingang des Ladens ist mit viel Liebe und stilvoll, aber keineswegs überladen dekoriert. Genauso sieht es im Inneren aus. Die Waren werden liebevoll präsentiert, überall sind kleine Dekorelemente zu finden, wie geflochtene Herzen, Geschenke mit Kerzen, Geschenkkörbe und -taschen mit selbst gemachten Produkten, dekoriert mit Trockenblumen und Schleifen. Eine Ecke ist gänzlich den Geschenken gewidmet. [IMG 4]
Im Hofladen steckt viel Herzblut
Auf ihren Laden angesprochen, strahlt Carola Degen übers ganze Gesicht. «Ich stecke viel Herzblut in den Laden und habe grosse Freude, meine Kreativität ausleben zu können», erklärt sie. Und weiter: «Das, was man macht, sollte Spass machen, sonst leidet alles darunter.» Darum sowie aus zeitlichen Gründen hat sie die von ihren Eltern geführte Gästebewirtung nach der Hofübernahme aufgegeben. «Ich wusste, dass ich das nicht mit demselben Herzblut weiterführen könnte wie mein Mami und mein Papi», erklärt sie.
Die Sozialen Medien helfen beim Vermarkten
Carola Degen ist auf dem Hof Langacker aufgewachsen, ihr Mann Reto auf einem Bauernhof im Nachbardorf Lampenberg. Im Jahr 2019 hat das Paar beide Betriebe übernommen. Nebst dem Hochstammobstanbau wird Mutterkuhhaltung betrieben. Was die Eltern von Carola Degen, Silvia und Jürg Wisler, an Direktvermarktung in einem kleinen Gartenhaus angefangen haben, führt das junge Betriebsleiterpaar in grösserem Stil weiter. [IMG 5]
2022 konnte das Paar am Standort des Verkaufsgartenhauses einen grösseren Laden mit Terrasse bauen. Eine Kaffeemaschine lädt dazu ein, auf der Terrasse zu verweilen. Fleisch und Obst sowie die Erzeugnisse daraus werden direkt im Hofladen vermarktet. Für das Marketing setzt Carola Degen gezielt auf die sozialen Medien. Damit erziele sie mehr Reichweite als mit einem Flyer oder Plakaten.
Die Kundenbedürfnisse werden berücksichtigt
«Wir versuchen, alles zu verwerten, was der Betrieb hergibt», erzählt Carola Degen. Heuer gebe es sehr viel Obst. Sie verarbeitet dieses zu Trockenfrüchten, Sirups und Konfitüren und lässt in der Umgebung Schnäpse brennen. Als es vor ein paar Jahren sehr viele Quitten gab, versuchte das Paar, diese zu vermosten. Das Ergebnis sei bei den Kunden sehr gut angekommen. Beim Fleisch sei der Verkauf von Mischpaketen rückläufig, beobachtet die Bäuerin. Das Paar passte sich den Kundenwünschen an und bietet nun einzelne Pakete an, im Sommer etwa Grillpakete.
«Haxen und Suppenfleisch verlangt praktisch niemand mehr. Dieses geben wir zum Wursten.»
Carola Degen hat sich den veränderten Kundebedürfnissen und -wünschen angepasst.
Zudem werde mehr verhackt als früher. «Denn Hackfleisch geht immer. Siedfleisch bieten wir auch gekocht und fein aufgeschnitten an.» Das sei gut angenommen worden. Neue Varianten und Verpackungen seien interessant für die Kundinnen, das zeige die Erfahrung.
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Eine Kasse, die Rückgeld gibt
Der Laden ist nicht bedient, jedoch mit Kameras ausgestattet. Die Präsenzzeit wäre zu hoch gewesen, begründet die Bäuerin den Entscheid zur Selbstbedienung. Die elektronische Kasse gebe Rückgeld oder könne wechseln, beispielsweise für die Kaffeemaschine. «Die Einführung des elektronischen Kassensystems brauchte etwas Zeit, vor allem bei der älteren Generation», erklärt Carola Degen. Zu Beginn habe sie mehr Präsenzzeit im Laden gehabt, aber mittlerweile laufe es sehr gut. Die Kasse akzeptiert zur Bezahlung nebst Karte auch Twint und Bargeld. Seitdem gebe es weniger Warendiebstähle als vorher bei der Bezahlung ausschliesslich mit Bargeld. Ein weiterer Vorteil der Scannerkasse sei, dass sie abends nach Ladenschluss ein Verkaufsjournal drucken könne und genau sehe, was und wie viel verkauft wurde. Das sei einfacher für die Führung der Buchhaltung, aber auch für die Kontrolle über Diebstähle.
Viel Zeit genommen für den Kassenkauf
Um sich für ein Kassensystem zu entscheiden, liess sich das Ehepaar Degen viel Zeit. Sie schauten mehrere Systeme an, bis sie sich schliesslich für ein Produkt der Firma Tresmer AG aus Bassersdorf ZH entschieden. Deren Produkt nahmen sie genau unter die Lupe, und zwar nicht nur im Verkaufsgeschäft, sondern direkt beim Praxistest in einem Hofladen.
Die Familie hilft mit
Bei Carola Degen und ihrem Mann gibt es eine klare Aufgabenteilung: Er ist für die Tiere und den Ackerbau zuständig, sie für die Verarbeitung, den Direktverkauf, einen Teil der Büroarbeiten, den Hofladen, die Kinder und den Haushalt. Bei Bedarf helfen sie einander aus. So etwa in der Backstube. Jeweils am Samstag backt die 35-Jährige, Brot, Zopf und Süssgebäck in der eigenen kleinen Backstube. Wöchentlich verarbeitet sie 30 bis 40 Kilo Mehl. Ein Teil des Brotes kann an ein Restaurant im Nachbardorf geliefert werden, der Rest wird im Hofladen verkauft. «Reto hilft mir viel in der Backstube. Er glasiert etwa Nussgipfel und wiegt Teig ab. Wir sind ein eingespieltes Team», erzählt Carola Degen. Bei allem dürfen sie aber auch auf die Hilfe der Eltern und Schwiegereltern und bei Bedarf auf weitere Familienmitglieder zählen.
Betriebsspiegel Hof Langacker
Betriebsleiter: Reto und Carola Degen
Familie: Kinder Jael (4 Jahre) und Jannis (2 Jahre)
Ort: Ramlinsburg BL
Mitarbeiter: 2 Frauen in Teilzeit für Hofladen, diverse Familienmitglieder beidseits
Fläche: 50 ha landwirtschaftliche Nutzfläche
Produkte: 200 Kirschen-, Zwetschgen- und Apfelhochstammbäume, darunter auch viele Sorten von Pro Specie Rara, Urdinkel, Brotweizen und Futtergerste, Raps, Futterbau
Tiere: 24 Aberdeen-Angus-Mutterkühe mit ihren Kälbern und dem Muni Guinness
Betriebszweige: Direktverkauf, Floristik, Winterdienst für die Gemeinde Ramlinsburg, Brennholzproduktion
Die Checkliste abarbeiten
Das Backen hat Carola Degen in der Bäuerinnenschule, in Kursen und durch Learning by doing gelernt. «Ich habe jetzt ein Standardsortiment, an dem ich nicht rütteln will. Ideen wären vorhanden, aber die Zeit ist das Problem.» Und: «Mein Alltag ist oft sehr chaotisch», gesteht sie und grinst dabei etwas verlegen. Seit August besucht die Tochter den Kindergarten, was ein neues Organisieren erfordere. «Ich bin sehr dankbar für die beiden Frauen, die mir helfen, den Laden aufzufüllen und zu reinigen. Und dafür, dass beide Grossmütter auch bei der Kinderbetreuung mithelfen», betont sie. Carola Degen arbeitet mit Checklisten, auf denen sie jeweils am Sonntag notiert, was in der Woche darauf alles erledigt werden muss. «Für mich ist es ein guter Tag, wenn die Checkliste kleiner wird», erklärt die zweifache Mutter, die sich Kraft für den Alltag beim Pilates und bei Velofahrten im Wald holt. Und auch persönliche Rückmeldungen der Kunden zu ihrem Hofladen geben ihr viel Kraft und Motivation.