Eine scheinbar lahme Ente spürt wieder den Wind unter den Flügeln: die Hauswirtschaft. Noch vor wenigen Jahren galt das Thema als eher «überholt». Seit Ökologie und Nachhaltigkeit in aller Munde sind, seit uns Mangellagen und ein Krieg beschäftigen, betrachten viele die Hauswirtschaft mit anderen Augen.

Eines hat sich aber noch nicht geändert: In den meisten Haushalten erledigt vor allem die Frau die Hausarbeit. Laut Zahlen des Bundesamtes für Statistik leisten Frauen im Schnitt 50 Prozent mehr Haus- und Familienarbeit als Männer. In Stunden heisst das: 29 Stunden im Vergleich zu 19 Stunden.

Fest in Frauenhand

«Schade, ist die Hauswirtschaft noch immer so von Frauen besetzt», meint auch Barbara Thörnblad. Sie ist unter anderem Leiterin des Ressorts Höhere Berufsbildung Hauswirtschaft am Inforama in Zollikofen BE. Diese Arbeitsteilung liege aber manchmal auch an den Frauen selbst. Sie erwarten zwar, dass der Mann im Haushalt mithilft. «Doch dann schaffen sie es schlecht, das hauswirtschaftliche Feld zu räumen. Im schlimmsten Fall putzen sie nach, nachdem der Mann die Arbeit erledigt hat.»

Zumindest nach einer Studie der englischen Cambridge Universität stecken hinter dieser Arbeitsteilung tieferliegende Ursachen: Die Forscher kamen bei Frauen einem «antrainierten kognitiven Putzbefehl» auf die Spur. Diesem innerlichen Drang zu widerstehen, fällt vielen schwer. Ganz anders die Männer. Sie sehen den Schmutz durchaus, doch der innere «Putzbefehl» bleibt aus. Bis ihre Dreck- und Chaos-Schwelle erreicht ist, bleiben sie entspannt. Nur durch ein «sehr weitgehendes soziales Training» sei es möglich, diese Programme im Gehirn zu ändern, so das Fazit der Studie.[IMG 2]

Sie mussten kämpfen

«Das Thema Hauswirtschaft geht uns alle an», meint hingegen Barbara Thörnblad. Sie ist selbst gelernte Hauswirtschaftslehrerin. Während ihrer Ausbildung erlebte auch sie «verbissene, verbittert wirkende» Hauswirtschaftslehrerinnen. Alles musste ganz genau gemacht werden, dazu gab es haufenweise Theorie. Aus heutiger Sicht kann sie die damalige Situation der Lehrerinnen besser verstehen. «Viele waren unabhängige und alleinstehende Frauen. Sie mussten kämpfen.» Als Barbara Thörnblad selbst mit Unterrichten begann, war es ihr ein Anliegen, «dem verstaubten Image der Hauswirtschaft ein Schnippchen zu schlagen».

Und heute? «Viele junge Erwachsene gehen tiefentspannt an das Thema heran», meint sie. Wer etwas wissen wolle, sucht sich einfach das passende Youtube-Video. Entsprechend herausfordernd sei es manchmal, zu vermitteln, warum laut Lehrplan Basiskenntnisse vermittelt werden. Es kämen Fragen wie: «Müssen wir allen Ernstes lernen, wie man den Boden systematisch aufwischt?»

Mehr Biss und Freude

«Es braucht auch von den Lehrpersonen Grosszügigkeit, Pragmatismus und ein erweitertes Methodenrepertoire», sagt die Fachfrau. «Wir müssen uns etwas einfallen lassen.» Denn die Kursteilnehmenden hätten unterschiedliches Vorwissen und verschiedene Interessen. Um dem im Unterricht gerecht zu werden, bräuchte es eigentlich einen Unterricht «à la carte».

Hauswirtschaft wird seit einigen Jahren vor allem beim Thema Ernährung auf Social Media manchmal regelrecht zelebriert und hat klar an Kontur gewonnen. Unter anderem, weil breite Themenbereiche wie Ökologie und Nachhaltigkeit für immer mehr Menschen einen höheren Stellenwert haben, auch wenns ums Putzen und Kleiderwaschen geht. «Ein Riesenthema. So wird Materialkunde wieder topaktuell, auch weil es interessiert, woher die Rohstoffe kommen oder wer die Billig-T-Shirts unter welchen Umständen genäht hat.»

Im heutigen Kochunterricht ist man weitgehend vom einstigen «Erbsenzählen» abgekommen. Wichtig ist den Kursteilnehmenden, wie man abwechslungsreich, saisonal, aber auch effizient kocht, unter Berücksichtigung eines zeitgemässen Einbezugs von Nachhaltigkeit. Doch auch hier hält Barbara Thörnblad nichts von einer sturen Herangehensweise. «Hauptsache ist, dass die Frauen und Männer Freude an der Hauswirtschaft bekommen und sich zutrauen, die ‹Wirtschaft im Haus› selber zu gestalten. Das ist gelebte Nachhaltigkeit.»

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