Normalerweise ist die Fahrt vom bernischen Oberwil auf den Märit in Biel Routine; nicht so am heutigen Samstag, 27. September 2025. Denn heute fahren wir, Isabel und Samuel Otti, mit unserem Team zum letzten Mal mit unserem Biogemüse auf den Wochenmarkt nach Biel.
In den letzten 35 Jahren machten wir diesen Weg rund 1750 Mal. Jeden Dienstag und Samstag verkaufte Isabel in dieser Zeit, hinter dem Stand stehend, unsere Bioprodukte an eine vielfältige und treue Kundschaft. Unser Märitstand auf dem Burgplatz, in der wunderschönen Altstadt von Biel, war nicht nur Einkaufsort, sondern auch Kommunikationstreffpunkt für viele unserer langjährigen Kundinnen und Kunden. Weder schlechtes Wetter noch tiefste Temperaturen konnten Isabel je vom Märit abhalten. Und auch unsere Stammkundschaft war stets frosthart und regenfest.
Kein einfacher Start auf dem Märit
Angefangen hat diese Marktfahrerei im Jahr 1989. Als junges Paar konnten wir einen kleinen Bauernhof in Oberwil pachten. Da die Betriebsgrösse eine normale Bewirtschaftung zu einem Nebenerwerb gemacht hätte, entschlossen wir uns, in die Produktion und Vermarktung von Gemüse einzusteigen. Daneben konnten wir unseren Käser dazu bringen, unsere Biomilch zu Käsespezialitäten zu verarbeiten. Mit Bio-Käse und Bio-Gemüse hatten wir eine ansprechende und breite Produktepalette.
Aber der Start der Direktvermarktung war relativ hart, da in Biel niemand auf unseren Auftritt gewartet hatte. Mit der Zeit wuchsen das Umsatzvolumen und der Kundenstamm. Dank der vielen treuen und überzeugten Kundinnen und Kunden konnten wir mit dem Märit das wichtigste Standbein des Bauernhofes auf- und ausbauen.
Da wir nur vier Hände haben, kam bald einmal der Moment, an dem wir Mitarbeiter brauchten. Auf dem Hof bildeten wir Lehrlinge und Praktikanten der HAFL aus und stellten daneben auch ausländische Frauen und Männer an. Beim Verkauf auf dem Märit halfen uns verschiedene engagierte Personen aus der Region Biel.
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Eine vielfältige Produktepalette
Schnell merkten wir, welche Produkte nachgefragt werden. Dadurch passten wir den Anbau an die Vermarktung an – wenn Lollorosso gewünscht wurde, pflanzten wir diesen damals recht neuen Salat halt auch an. Italientouristen lernten vor vielen Jahren dort den Ruccola (Salatrauke) kennen und fragten diesen dann auch hier nach.
Die Ansprüche der Kundschaft an das Gemüseangebot haben sich in dieser langen Zeit sowieso stark verändert und auch die kulturellen Unterschiede zwischen den Sprachgruppen waren früher klarer feststellbar. Am Anfang wünschten viele Romands gebleichten Lauch, gebleichten Endiviensalat, Morges-Lattich, Schalotten und Krautstiel ohne die grünen Blattanteile.
Im Moment werden Bleichlauch und gebleichter Endiviensalat nicht mehr gewünscht, im Gegenteil – je grüner ein Produkt ist, desto besser wird es angesehen. Generell wünschen die Leute heute kleinere Gemüseeinheiten (Single-Portionen) und Salate. Oder Mini-Gemüse, von der Minigurke bis zum Minikürbis.
Über Generationen hinweg verbunden
Heute stehen wir nun mit unseren Töchtern Skaiste und Ugne an einem zusätzlichen Markstand und verabschieden unsere langjährigen Kundinnen und Kunden mit einem kleinen Gemüse-Käseapéro. Bei Kaffee, Tee und Sirup geniessen viele Menschen das Bauernbrot und die Gemüseplatten mit Käse. Dazu offerieren wir auch einen Chasselas vom Bielersee vom Biowinzer Marius von Ballmoos.
Mit guten Gesprächen, beim Austausch von Erinnerungen und mit vielen Emotionen geht die Zeit sehr schnell vorbei. Eine junge Mutter erklärt: «Ich wurde mit eurem Gemüse gross und auch meine Söhne Paul und Oskar bekommen nur Gemüse von euch!» Die Söhne dieser Frau sind schon die vierte Generation einer Familie, die regelmässig an unserem Stand bedient wurde.
Sehr viele Leute bedanken sich auf Deutsch und Französisch bei Isabel für ihren grossen Einsatz am Stand. Einige bringen Blumen, Süssigkeiten und auch die eine oder andere Flasche Wein mit. Zum Abschied gehören Glückwünsche, Händeschütteln, Umarmungen und auch hie und da eine Träne. Unsere Zeit am Märit ist nun definitiv vorbei. All diese guten Menschen werden uns fehlen. Ein bisschen wehmütig schauen wir zurück und sagen: «Merci und Adieu!»
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Wie geht es künftig weiter?
Für die Kundinnen geht es aber weiter, denn wir haben eine junge, fähige und hoch motivierte Familie gefunden, die «unseren» Märitstand weiterführen wird. Leonie und Alex Spänhauer haben einen Demeterhof in Hessigkofen SO und werden ab 1. Oktober 2025 den Märit übernehmen. Wir wünschen ihnen eine ebenso lange und erfolgreiche Märit-Karriere.
«Auf zu neuen Herausforderungen!»
Samuel Otti
Auch für uns fängt eine neue Zeit an. Isabel wird zwar den Hofladen weiterführen und auch ihr berühmtes Bauernbrot weiterhin backen, an den märitfreien Samstagen wird sie dann aber bei einer Hundeschule mitarbeiten. Für mich beginnt am 1. Oktober die Arbeit als Redaktor bei der BauernZeitung: «Auf zu neuen Herausforderungen!»
Der Bieler Wochenmarkt
In der schönen Bieler Altstadt ist ein Märitbesuch ein besonderes Erlebnis für alle Sinne. Die Zweisprachigkeit der Stadt Biel/Bienne hat einen ganz besonderen Charme. Jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag von 07.00-12.00 Uhr ist Markttag in der Altstadt von Biel, mit einem grossen Angebot an Früchten, Gemüse, Käse- und Milchprodukten, Fleischwaren und Gebäck.
Der Märitstand von Familie Spänhauer vom Biohof Rigi steht auf dem Burgplatz (vor dem Restaurant «du Bourg»
Marktpolizei der Stadt Biel/Bienne
Website der Familie Spänhauer vom Biohof Riogi in Hessigkofen
Website der Familie Otti in Oberwil
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