Abo Die Selbstpflücksaison beginnt auf den meisten Betrieben Mitte bis Ende Mai mit den Erdbeeren, dann folgen Kirschen und Himbeeren. Direktvermarktung Selfpick für Profis Wednesday, 3. May 2023 Jörg Bill von der Bill GmbH stellte an Direktvermarktungsseminar sein Konzept von einem «intelligent vernetzten» Hofladen vor. Das Unternehmen bietet modular aufgebaute Hard- und Software an. Dazu zählen Zahlautomaten, Produktscanner, Videoüberwachung, Homepage plus Verkaufs-App.

Neuerdings sind auch Zutrittssysteme für selbst bediente Hofläden im Angebot. Das funktioniert via QR-Code auf einer Kundenkarte oder online mit Registrierung auf dem Handy. Der Kunde hat erst durch das Scannen des QR-Codes Zutritt zum Laden. Auch wird jeder registriert und kann nachverfolgt werden. Innovativ ist auch die Softwarelösung für gemeinschaftliche Hofläden, wenn beispielsweise verschiedene Anbieter einen gemeinsamen Hofladen betreiben oder wenn ein Landwirt Hofläden an mehreren Standorten hat.

Security bei Selbstbedienung

Die Bill GmbH geht noch einen Schritt weiter – das hat aber nichts mit Digitalisierung zu tun. So vermittelt sie als Dienstleistung auch Security-Personal zur Überwachung des Hofladens. «Warum nicht», sagte Ernst Lüthi, Präsident des Fachzentrums Direktvermarktung, der mit Lara Basile die Tagung leitete. «Wenn man sich das beispielsweise einmal pro Woche leistet, wirkt das sehr abschreckend auf Diebe», sagte er.

Die Familie Lüthi hat in ihrem Hofladen eine Videoüberwachung installiert, die via App mit den Handys von ihm, seiner Frau Esther und seinem Sohn David vernetzt ist. Eine 100-prozentige Sicherheit, dass es dadurch nicht zu Diebstählen käme, gäbe es aber nicht.

Ernst Lüthi gibt zu bedenken, dass gefilmte Szenen keineswegs immer eindeutig seien. Bilder, auf denen Straftaten zu sehen sind, solle man den Strafverfolgungsbehörden übergeben. Wenn man einen Diebstahl anzeige, entscheide das Gericht, ob diese Bilder als Beweismittel zugelassen werden.

Wer Videoüberwachungsmaterial eigenhändig online stellt, um mutmassliche Täter an den Pranger zu stellen, handle widerrechtlich. Es gibt noch mehr zu beachten:

  • Personen, die den überwachten Bereich betreten, müssen über die Videoüberwachung durch Hinweisschilder informiert sein.
  • Der Aufnahmebereich darf sich ausschliesslich auf das eigene Grundstück beschränken. Lüthis mussten den Kameraradius anpassen, als ein Teil ihres Areals für ein Trottoir benötigt wurde.
  • Die Bildschirme einer Video-überwachungsanlage müssen so aufgestellt sein, dass nur berechtigte Personen Einsicht haben. Öffentlich zugängliche Bildschirme sind unzulässig.
  • Überwachte Personen können verlangen, die Aufnahmen zu löschen, allenfalls den Aufnahmewinkel oder den Kamerastandort anzupassen, wenn sie nicht einverstanden sind.

Die meisten Kamerasysteme kann heute jeder bestellen und installieren. Auf www.preisvergleich.ch lassen sich Preise und Leistung vergleichen. Aber, so Ernst Lüthi, manchmal lohne sich der Beizug von Experten – für eine solche Dienstleistung aber Offerten einholen.


 

Beispiel Sonnhaldenhof: Auf was es ankommt

 

Wenig von all dieser ausgefeilten Hofladentechnik nutzen Maria und Florian Kuhn in ihrem Hofladen. Sie bewirtschaften den Sonnhaldenhof in Wohlen. Dort fand auch das Direktvermarktungsseminar statt. [IMG 4] Für die Familie Kuhn ist Direktvermarktung ein wichtiges Standbein, auch wenn ein Teil ihrer Produkte in den Handel geht.

Hoher Stammkundenanteil

Kuhns betreiben Milchwirtschaft und haben sich auf Beeren-, Obst- und Spargelproduktion sowie Direktvermarktung spezialisiert. Ihr Hofladen liegt an der dicht befahrenen Waltenschwilerstrasse, aber rund 300 m zurückversetzt bei den Ökonomie- und Wohngebäuden.

«Die Kunden wollen keine zugekauften Produkte»

Florian Kuhn

Eine Videoüberwachung gibt es nicht. Der Laden ist immer bedient und hat fixe Öffnungszeiten. Bezahlen kann man in bar oder mit Twint. Kuhns fahren gut damit. Vielleicht ist der Anteil Laufkundschaft etwas geringer als bei anderen Hofläden, dafür ist ihr Stammkundenanteil aber sehr hoch. [IMG 5] Für diese zähle das Sortiment im Laden, die Frische und dass alles von ihrem eigenen Hof komme, erklärt Florian Kuhn, «unsere Kunden wollen keine zugekauften Produkte.»

Staffelung sorgt für volle Regale

Der Anbau ist zeitlich und sortenmässig gestaffelt, sodass es von Frühling bis Herbst frisches Obst, Beeren und Gemüse im Laden hat. Unterbrüche oder Ertragsausfall darf es nicht geben, sonst bleiben die Stammkunden weg. Es ist gar keine Frage, dass Florian Kuhn beim Kälteeinbruch Mitte April Pelletöfen installierte.

Sonnhaldenhof Wohlen


 

«Bargeldlos ist ein Muss»

 

Auf mehr Technik als die Familie Kuhn  setzt Simon Stettler. Stettlers haben vor zwei Jahren einen neuen Hofladen mit Selbstbedienung in Bolligen BE eröffnet. [IMG 6] Der Laden liegt direkt an der Strasse. Sie haben einen Tresmer-Bezahlautomaten. «Das ist besser kontrollierbar als eine Einwurfkasse und ist Diebstahlprävention», sagte Simon Stettler am Direktvermarktungsseminar. Bargeldlos sei heute fast ein Muss.

Simon Stettler räumte ein, dass Bezahlautomaten für ältere Kunden abschreckend sein können. «Aber meistens hilft jemand von uns. Auch Kunden springen ein, wenn jemand mit dem Automaten nicht zurechtkommt.» Ohne Internet laufe aber nichts. [IMG 7] Im Notfall könne man mit dem Handy-Hotspot überbrücken. Betriebsstörungen kommen vor, seien meistens durch Bedienungsfehler der Kundschaft verursacht, beispielsweise wenn eine Kreditkarte in den Notenschlitz gesteckt werde. Das könne er selbst rasch beheben.

Wenn alles elektronisch ist, spart man nicht unbedingt Zeit. «Der Aufwand, neue Waren zu erfassen und die Preise anzuschreiben, ist nicht zu unterschätzen», so Stettler.
Hier geht es zu Stettlers «Früchten aus der Region»