«Mein Vater hat mich schon als Kind viel aufs Feld mitgenommen, zur Rüebliernte oder zum Kartoffelausfahren», erzählt Jasmin Brunner. Die 16-Jährige ist auf einem grossen Gemüsebaubetrieb mit eigener Rüsterei in Bassersdorf ZH aufgewachsen. «Ich bin eher ein Papi-Kind und verbringe gerne Zeit mit ihm.» Darum lag die Berufswahl früh auf der Hand: «Ich habe immer gesagt, ich will den gleichen Beruf lernen wie mein Vater.» Dieser hatte seinerzeit Landwirt gelernt. Also ging auch Jasmin als Landwirtin schnuppern, merkte dann aber: «Es hat mir dort zu viele Tiere. Milchkühe finde ich nicht sonderlich spannend.»
Weil Jasmin Brunner technikaffin ist, lautete eine Alternative Landmaschinenmechanikerin. Sie ging mehrmals schnuppern und hatte auch Lehrstellenangebote, «aber ich arbeite gerne mit anderen Menschen zusammen und mal in einer Gruppe, in der Werkstatt ist man dann doch eher Einzelkämpferin».
«Kann ich morgen kommen?»
So war die dreijährige Lehre zur Gemüsegärtnerin EFZ die perfekte Kombination aus all ihren Vorlieben und Stärken. Derzeit ist sie im ersten Lehrjahr bei Huber Gemüse in Sünikon ZH und die dritte Frau, die Lehrmeister Reto Huber ausbildet. Er ist mit Jasmins Vater bekannt («Wir Gmüesler kennen uns untereinander») und so sondierte dieser eines Tages vorsichtig vor bezüglich Lehrstelle, sagte aber noch, die Tochter müsse dann schon selbst anrufen. Das tat sie dann auch.
Das Telefonat ist Reto Huber in Erinnerung geblieben: «Ich meinte, sie könne gerne schnuppern kommen, vielleicht so übernächste Woche, worauf Jasmin fand, ob es denn nicht schon morgen gehen würde», erinnert sich Huber mit einem Schmunzeln. «Ich war damals gerade auf einem Hof als Landwirtin schnuppern und merkte schnell, dass das nicht passte, wollte aber die Zeit, welche die Schule mir fürs Schnuppern zur Verfügung stellte, ungern verstreichen lassen», ergänzt die Lernende. «Ich fand das recht stark von Jasmin», sagt Reto Huber, «man muss sich das mit so jungen Jahren auch erst mal getrauen.»
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Huber Gemüse ist ein lebhafter Lehrbetrieb, auf dem immer viel los ist. Auf 125 Hektaren in der näheren Umgebung wird Gemüse produziert, der Betrieb hat drei Standorte. Die Hauptkulturen sind Rüebli, Randen, Zwiebeln und Salate. Auf dem Betrieb wird gerüstet, gewaschen, vakuumiert und verpackt, einige Produkte auch gleich gekocht, sodass die Wertschöpfungskette von der Saat bis zum Endprodukt an Ort stattfindet. Abnehmer sind die nahe Markthalle Zürich, Lidl und Migros.
Fast rund um die Uhr
Um 6 Uhr fährt der erste Lastwagen weg, um 14 Uhr der nächste, um 22 Uhr noch mal einer und dann wieder einer morgens um 2 Uhr. Bestellungen kommen auch nachts um 1.30 Uhr rein. «Es gibt Jahreszeiten, zu denen wir fast ein 24-Stunden-Betrieb sind», bilanziert Reto Huber.
Jasmin Brunner gefällt es, dass man eigentlich nie den ganzen Tag lang das Gleiche macht. Sie schätzt auch die Zusammenarbeit mit den anderen Mitarbeitenden, darunter viele aus Rumänien. Bis an die 60 Menschen arbeiten in der Hochsaison auf dem Betrieb, jetzt im Winter sind es rund 15 weniger. Brunner mag auch die Grösse des Betriebs: «Sollte man es nun mit jemandem nicht so guthaben, kann man sich auch mal aus dem Weg gehen.» Besonders gerne arbeitet sie mit den Maschinen oder schneidet Salat. Weniger gerne rüstet sie Zuckermais oder erntet Kohl, «weil die Kohlköpfe doch recht schwer sind». Ansonsten hat sie sich nie darüber Gedanken gemacht, ob sie als Frau als Gemüsegärtnerin irgendwelche Nachteile haben könnte: «Auf unserem Betrieb zu Hause arbeiten auch viele Frauen mit – so ist das für mich ganz normal.»
Flexibel, wetterfest, teamfähig
«Man muss offen für Neues und wetterfest sein sowie gerne im Team arbeiten», sagt die junge Frau auf die Frage, was man als angehende Gemüsegärtnerin mitbringen müsse. Ihr Lehrmeister geht mit seiner Antwort in eine ähnliche Richtung: «Am wichtigsten ist mir, dass die Lernenden ins Team passen – da hole ich nach der Schnupperlehre auch immer die Meinung der anderen ein. Wenn sie sagen, ‹Reto, tu uns das nicht an›, werde ich immer auf sie hören.» Mit Jasmin Brunner habe es menschlich wunderbar gepasst: «Es kann ja nicht sein, dass ich einen Bogen laufe, wenn ich von Weitem den Lehrling sehe.»
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Wegen der Grösse des Betriebs müssten die Lernenden eine gewisse Selbstständigkeit mitbringen – und weil man auch bei schlechter Witterung auf Feld geht, dürften sie auch diesbezüglich nicht zimperlich sein. «Wir werden nun mal nass und dreckig. Sie sollen sich auch getrauen, ihre Meinung zu sagen, was ja nicht heisst, dass sie gleich vorlaut sein müssen. Korrekte Umgangsformen sind mir auch wichtig», sagt Huber, der auch Präsident der Berufsbildungskommission des Verbands Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) ist.
Das Herz schlägt grün-gelb
An Jasmin Brunner schätzt er ihr Faible für die Mechanisierung: «Man merkt, dass sie sich stark mit der Technik auseinandersetzt. Ich habe erst auch Mechaniker gelernt, bevor ich Gemüsegärtner nachgeholt und den elterlichen Betrieb übernommen habe.»
Eine Vorliebe für Technik schimmert auch bei der Antwort auf die Frage nach Jasmin Brunners Hobbys durch. «Johnny fahren» kommt als Antwort wie aus der Pistole geschossen, gefolgt vom Turnverein und mit Kolleg(innen) in den Ausgang zu gehen. Dass auf dem Lehrbetrieb kein einziger John Deere in der Traktorenflotte zu finden ist, ist derweil kein Problem.
Den Betrieb ihres Vaters später einmal zu übernehmen, ist für Jasmin Brunner durchaus eine Option, «er ist aber zu gross für eine Person allein». Nach der Lehre möchte sie aber erst mal noch auf anderen Betrieben arbeiten und Erfahrungen sammeln.
5 Fragen
Worüber können Sie lachen?
Über Witze und Sprüche der anderen Mitarbeiter.
Welches Alltagsritual gehört für Sie dazu?
Vor der Arbeit die Hasen füttern.
Was rührt Sie zu Tränen?
Das passiert mir eher selten.
Von welchem Erlebnis erzählen Sie immer wieder?
Da fällt mir spontan nichts ein.
Was ist Ihre schönste Kindheitserinnerung?
Die gemeinsamen Stunden mit meinem Vater bei der Arbeit.