Herr Gehret, Sie setzen sich mit dem Verein «Schür.li» für den Erhalt von Hütten in der Landwirtschaftszone ein. Warum engagieren Sie sich genau dafür?

Michael Gehret: Wir operieren nach dem Ansatz: Ohne Schürli keine wertvolle Landschaft. Verlieren wir die Schürli, wird auch das darumliegende Land nicht mehr bewirtschaftet, so verlieren wir Kulturgut, das Landschaftsbild und schlussendlich auch Biodiversität, weil eine beweidete, unterhaltene Fläche immer wertvoller ist als eine verwaldete und verbuschte Fläche. Jedes Jahr verlieren wir die Fläche des Thunersees an wertvollem Kulturland wegen der Verwaldung. Das müssen wir aufhalten.

Was müsste sich ändern, dass dieser Erhalt gewährleistet wäre?

Der Bund lässt diese Hütten einfach zerfallen. Das ist auch keine Lösung. Wir wollen, dass man diese Hütten umnutzen darf, ohne dass dabei das äussere Erscheinungsbild beeinträchtigt oder grob verändert wird.

Was schlagen Sie vor, mit den verlotterten Hütten anzufangen?

Abo Gebaut, genutzt, verlassen, verlottert. Das ist das Schicksal mancher Hütte. Was macht man damit? Lässt man sie zerfallen? Baut man sie um? Ein Unterfangen im gesetzgeberischen Graubereich. Bauen ausserhalb der Bauzone Was tun mit den verlotterten Hütten in der Landwirtschaftszone? Tuesday, 8. February 2022 Da hat der Besitzer die Wahl. Hauptsache sie werden genutzt und zerfallen nicht. Ich sage immer, eine stehende Hütte ist immer wertvoller, als ein Stück Land. Und eine Umnutzung bringt Wertschöpfung für einen Landwirtschaftsbetrieb, macht ihn somit rentabler. Das ist auch wieder gut für die Landwirtschaft. Kommt noch dazu: Verbringen Unterländer mehr Zeit in unserer schönen Landschaft, verbindet es Stadt und Land. Das ist für beide Seiten wertvoll.

Aber oftmals wollen dieBesitzerinnen kein Geld in die Finger nehmen für einen Umbau, eine Renovation.

Man muss es auch nicht gerade in eine Luxusferienwohnung umbauen, man kann es auch als Atelier oder Essiglager nutzen oder als Unterstand für Maschinen.

Was halten Sie denn von der bevorstehenden Landschafts-Initiative?

Wir lehnen die Initiative ab. Sie wurde am Bürotisch, weit weg von der Landschaft, entworfen. Sie fördert die Zerstörung der uns bekannten Landschaft und verbietet jegliche Umnutzung alter Gebäude. Dabei wohnen Städter zum Teil in umgebauten Brauereien. Wir sind der Meinung, dass alle Hütten – nicht nur die schützenswerten – erhalten und allenfalls umgenutzt werden dürfen.

Das Raumplanungsgesetz (RPG) setzt ja eigentlich genaue Vorschriften diesbezüglich?

Nein, eben nicht unbedingt. Die Vorschriften im RPG sind nicht so klar, wie es oft dargestellt wird, und das ist eigentlich auch gut so. Die Vielfalt der Schweizer Landschaft kann nicht mit zwei, drei Sätzen bewahrt werden.

Was müsste denn Ihrer Meinung nach im RPG enthalten sein?

Eine freie Nutzung von leerstehenden Gebäuden unter strengen Vorgaben muss möglich sein. Und es dürfen keine äusserlichen Veränderungen sichtbar sein. 

Hier gehts zur Website von «Schür.li»

Was die Landschafts-Initiative will

Die Landschafts-Initiative «Gegen die Verbauung unserer Landschaft» fordert eine noch differenziertere Trennung des Baugebiets vom Nicht-Baugebiet. Und: «(Bund und Kantone) sorgen dafür, dass im Nicht-Baugebiet die Zahl der Gebäude und die von ihnen beanspruchte Fläche nicht zunehmen. Zudem:
Müssen neue Bauten und Anlagen nötig für die Landwirtschaft sein.
Dürfen landw. Ökonomiebauten nicht zu Wohn- zwecken umgenutzt werden.
Sind Zweckänderungen von Bauten zu landwirtschaftsfremden gewerblichen Nutzungen nicht zulässig».

Die Initiative ist 2020 zustande gekommen. Daraufhin hat das Parlament einen indirekten Gegenvorschlag entworfen, den der Bundesrat grundsätzlich befürwortet. Die Initiative lehnt er ab.