Kurvenreich führt die Strasse von Grafenort in Nidwalden «obsi» bis zur Alp Schwand auf 900 m ü. M. Welch eine Freude, das Interview mit Carla Zumbühl in solch wunderbarer Alpenwelt zu führen, mit einem Panorama vom Stanserhorn, Gummen, Charen, Storeggpass, Salistock bis zum Widderfeld.

Ehrendame an der Viehschau

In Brunnen aufgewachsen, hat Carla Zumbühl eine wohlbehütete Kindheit erlebt. «Jetzt ist das Leben schon etwas anders. Mein Mann und ich mussten uns beide um 180 Grad anpassen», schaut sie zurück. «Peter musste weltoffener und ich flexibler werden.» Denn in der Landwirtschaft, vor allem hier auf der Alp, sei vieles wetterabhängig und nur kurzfristig planbar.

«Peter hat mir viel besser gefallen als die Kühe.»

Carla Zumbühl lernte an einer Viehschau ihren Mann kennen.

Die fünffache Mutter arbeitete zuvor in der Tourismusbranche. «Dank meiner Tätigkeit in Engelberg haben Peter und ich uns kennengelernt», erzählt Zumbühl weiter. Sie durfte als Ehrendame einer Viehschau in Engelberg beiwohnen. «Etwas ganz Neues für mich», denn mit der Landwirtschaft hätte sie selten Berührungspunkte gehabt. «Peter hat mir viel besser gefallen als die Kühe», sagt sie und schmunzelt. «Im Jahr 2005 haben wir geheiratet. Ein Jahr später, als Jasmin, das erste Kind unterwegs war, übernahmen wir den Bio-Milchwirtschaftsbetrieb von Peters Eltern mit der Sömmerungsalp Schwand zur Pacht.» Gefolgt sind vier weitere Kinder: Livia, Vitus, Crispin und Arlette. Die Jüngste kommt diesen Sommer in die erste Klasse.

Biomilch und schwarze Schweine

Carla und Peter Zumbühl bewirtschaften einen 36 ha grossen Bio-Milchwirtschaftsbetrieb auf zwei Stufen. Den Talbetrieb Unter Englerz im Winter und die Sömmerungsalp Schwand. «Dank unserem mobilen Melkroboter, den wir im Sommer auf die Alp zügeln, können wir auch hier oben mit moderner Technik melken.»

In der weiten Ferne verstummt jetzt der Heu-Bläser. Peter und Mitarbeiter Thomas setzen sich kurz an den Tisch, um sich zu erfrischen, bevor es wieder in den stotzigen Hang geht. «Thomas unterstützt uns diesen Sommer mit den Tieren, beim Heuen und weiteren Arbeiten», erklärt Carla Zumbühl.

Nebst Milch werden auf dem Betrieb Würste, Coppa, Schinken und der geschmackvolle Lardo von den Schwarzen Alpenschweinen, eine spezielle ProSpecieRara-Rasse, hergestellt. Die Schweine geniessen einen Teil ihres Lebens auf der Weide, erhalten keine intensive Fütterung und werden erst nach 15 Monaten geschlachtet. Durch das langsame Wachstum bekommt das Fleisch einen nussig-zarten Geschmack. «Wir möchten diese fast ausgestorbene Rasse wieder aufleben lassen», begründet Carla Zumbühl. Eines ihrer Mutterschweine verbringe diesen Sommer, mit seinem Nachwuchs, auf Ballenberg, wo die alten, ursprünglichen Tierrassen der Bevölkerung gezeigt werden. [IMG 3]

Engagement für Nachhaltigkeit

Der Landfrau liegt am Herzen, Konsumenten und Produzenten zu vernetzen. «Ich finde es schade, dass vielen Konsumenten nicht bewusst ist, mit wie viel Energie und Herzblut wir Bäuerinnen und Bauern produzieren. Gibt es uns nicht mehr, ist die Lebensmittelversorgung auch nicht mehr sichergestellt.» Sie wünscht sich mehr Wertschätzung. Denn es werde zu oft viel Negatives der Landwirtschaft zugeschrieben – vor allem auch wegen der Umweltbelastung.

Ihr Engagement für nachhaltige Landwirtschaft ist gross. So durfte Carla Zumbühl unter anderem diesen Frühling in Vertretung von ProMontagna/ProSpecieRara das Fleisch der Schwarzen Alpenschweine an der «Vernetzung von Produzenten und Gastronomen» in Luzern vorstellen und war in der Produzenten-Arena im Kanton Schwyz vor Ort. «Da war die Resonanz sehr gross», freut sie sich. Zudem dürfe sie am 20. November, wo ein Anlass im Herrenhaus Grafenort über regionale Produkte geplant ist, über den Aufbau ihres Labels «Hiäsigs» erzählen.

«Hiäsigs» als Label

Apropos «Hiäsigs». Carla Zumbühl arbeitete lange auswärts, hatte zu Hause viel gekocht, eingemacht oder gebacken. «Das wird mir zu viel, ich muss etwas ändern», dachte sie damals. Gleichzeitig tüftelte Rita Zumbühl, ihre Schwägerin, an einem Heuschnaps. «Ritas Heuschnaps kam an, wir beide waren voller Tatendrang und wollten unsere Produkte an den Konsumenten bringen.» Direkt und perfekt müsse es sein, waren sich die beiden einig. Das Label «Hiäsigs» ist entstanden. Just in der Coronazeit. «Für uns war es Glück, wir haben im richtigen Moment die richtigen Leute kennen-gelernt», ist Zumbühl dankbar. Viele regionale Verkaufsstellen seien auch über die sozialen Kanälen auf sie aufmerksam geworden. Eigentlich träumte man von einem Hofladen. «Jedoch sind wir anfangs so überrumpelt worden, dass wir den Hof-laden erst zwei Jahre später realisiert haben.» Auch Restaurants in der Umgebung dürfen sie beliefern. Ihr Erfolgsrezept? «Unsere Werbung kommt sehr gut an. Einerseits die Gestaltung, andererseits die Wortwahl.» Die Produkte-Namen sind im Nidwaldner Dialekt: «Gfreerli Punsch», «Wiudi Bliätä Souz», «Epfu Caramel Kumfi», sind nicht nur Zungenbrecher, sie lassen auch die Konsumenten schmunzeln». Rückmeldungen gäbe es rege und praktisch nur positive.

[IMG 2]

Pflanzen werden destilliert

Rita und Carla sind ein eingespieltes Team, sind sich in vielen Bereichen und Ideen einig und können die Aufgaben gut aufteilen. Alles, was auf dem Betrieb wächst, werde veredelt, so das Motto. Regional und saisonal. «Wir produzieren nach den Richtlinien von Bio Suisse und sind Knospe zertifiziert», sagt Carla Zumbühl. Jeden Tag tauscht sie sich mit Rita aus. Die konstruktive Zusammen-arbeit schätze sie sehr.

«Ausprobieren und Tüfteln sind meine Leidenschaft.»

Die Bäuerin und Direktvermarkterin über ihre Kräuter.

«Die Kräuter faszinieren mich, Ausprobieren und Tüfteln sind meine Leidenschaft», schwärmt Zumbühl. Aus Blumen und Kräuter, die ums Haus, auf Wiesen und in den Bergen wachsen, produziert Carla Zumbühl ihre «Wässerli». Im Sommer destilliert die nimmermüde Carla hinter der Alphütte – für die Kühlung steht eine Milchkanne mit kaltem Wasser parat. Viel Zeit verbringt Carla Zumbühl auch mit Kochen: «Ich stehe gerne in der Küche und scheue keinen Aufwand. Für meine Familie koche ich stets mit regionalen und saisonalen Produkten und vielen Kräutern». Die Ernährung liege ihr sehr am Herzen.

Kindern etwas mitgeben

«Peter und ich möchten unseren Kindern mitgeben, dass die Arbeit auf einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht nur Stress bedeutet, sondern eine schöne Aufgabe ist. Wir bemühen uns, dass es ihnen hier oben an nichts fehlt.» Daher seien sie bestrebt, ihre Kinder – wenn immer möglich – für Termine, Sport und Freunde treffen ins Tal zu fahren. Fragt man nach Wünschen meint die 48-Jährige: «Ich würde auch mit einem Sechser im Lotto nichts ändern. Ausser in den Betrieb investieren und das Älpli ausbauen, damit jedes Kind sein eigenes Zimmer hat.» Sie sei dankbar, dass es ihrer Familie gut geht und dass sie in der wunderbaren Natur leben dürften. «Darum ist es wichtig, diese zu erhalten.»

Betriebsspiegel Zumbühl
 
Betriebsleiter: Carla und Peter Zumbühl, fünf Kinder
Ort: Grafenort (Tal: Unter Englerz / Sömmerung: Schwand)
Flächen: Total 36 ha, rund die Hälfte in Pacht
Viehbestand: 35 Kühe (diverse Rassen), 20 Rinder/Jungvieh, 20 Schwarze Alpenschweine (ProSpecieRara), Hühner und Wachteln
Direktvermarktung: Produktion und Verkauf unter dem eigenen Label «Hiäsigs»