Als Mutter von drei schulpflichtigen Kindern, ans Dorfleben gewöhnt und geschieden, so zog Anna* vor ein paar Jahren zu ihrem neuen Partner – einem geschiedenen Bauern und Vater von drei fast erwachsenen Kindern. Seitdem gehen sie als Patchwork-Familie gemeinsam durchs Leben. Eine Lebens- und Wohngemeinschaft, die mit der Geburt eines gemeinsamen Kindes bestärkt und besiegelt wurde. Was am Anfang gewiss seinen Tribut forderte, haben Anna und ihr Partner – wir nennen ihn Max*  (*Namen der Autorin bekannt) – mit Liebe und Kommunikation auf Augenhöhe gemeistert.

Abo Vorsorgen für die Familie: Anders als bei Verheirateten gibt es für Paare, die unverheiratet zusammen leben und/oder einen Hof führen, weniger gesetzliche Rahmenbedingungen. Soziale Absicherung Patchwork: Richtig versichert beim Zusammenleben Monday, 26. May 2025 Das Zusammenleben im Konkubinat oder als Patchwork-Familie hat auch in der Landwirtschaft an Bedeutung gewonnen. Anna kennt die rechtlichen und zwischenmenschlichen Herausforderungen dieser Zusammenlebensform und gibt Einblick, wie der Alltag mit Job, Hof sowie mit «meinen Kindern, deinen Kindern und unserem Kind» gemeistert werden kann.

Nicht alles verändern

Nach der Trennung war die finanzielle Situation für Anna sehr angespannt. So kam es, dass sie mit ihren drei Kindern und mit ihnen dahin unbekannten Menschen eine Wohngemeinschaft in der Nähe gründete, um die Miete bezahlen zu können. Doch dann kam Corona. Anna lebte mit ihren Kindern auf engstem Raum, arbeitete bis spät in der Nacht und beschulte tagsüber die Kids. «Das war happig», erinnert sie sich.

Aus ihrer Erfahrung aus der ersten Trennungszeit empfiehlt sie Menschen in einer ähnlichen Situation: «Ändert nicht alles auf einmal. Eine Konstante, etwa den Job, rate ich dringend aufrecht zu halten. Ich hatte in der Zeit der Trennung und Scheidung einen verständnisvollen Arbeitgeber und tolle Arbeitskollegen. Rückblickend war das mein Anker, meine Konstante.»

Nicht nur in der Landwirtschaft ist eine Trennung und eine Scheidung finanziell nie ein Gewinn. Auch für das Zusammenleben als Patchwork-Familie müssen die Finanzen nochmals geregelt werden. Anna und Max haben Vorsorgeaufträge und einen Konkubinatsvertrag gemacht sowie die klare Trennung der Finanzen geregelt. Demnächst möchten sie sich um die weiteren wichtigen Papiere kümmern. Unterstützung erhält man dabei bei den Versicherungsberatern der kantonalen Bauernverbände.

Hofnachfolge geklärt

Anna und ihr Partner sind nicht verheiratet. «Obwohl ich eine landwirtschaftliche Ausbildung habe, ist es uns beiden wichtig, dass der Hof weiterhin nur über Max läuft», erklärt Anna. «Ich habe auf dem Papier mit dem Hof nichts zu tun. Da die Hofnachfolge durch einen Sohn von Max schon fast geklärt ist, wird das auch so bleiben.»

Anna geht Teilzeit einer auswärtigen Tätigkeit nach und verdient ihr eigenes Geld. In dieser Zeit ist Max für die Kinder und den Haushalt zuständig. Im Gegenzug arbeite Anna täglich im Betrieb mit, damit auch Max einem Nebenerwerb nachgehen kann. Anna und Max führen klar getrennte Konti, was sich für die beiden bewährt hat.

Kommunikation ist alles

Für Anna ist klar, dass in einer Patchwork-Familie die klare, offene und ehrliche Kommunikation das A und O ist. «Alle Beteiligten müssen dasselbe Mitspracherecht haben», sagt sie. «Unsere Kinder wussten immer als Erstes, wenn eine Veränderung bevorstand. Wenn es nicht für alle gestimmt hat, haben wir nach einer anderen Lösung gesucht.» Sehr wichtig ist für sie auch, dass die Kinder weiterhin einen intensiven Kontakt zu ihrem Vater pflegen und er einen festen Platz in ihrem Leben hat.

«Meine Kinder sind sehr offen und gehen unkompliziert mit neuen Situationen um», ergänzt Anna. «Herausforderungen können wir oft als Chancen sehen.» Trotzdem dürfe man nicht schönreden, dass eine Trennung immer etwas mit einem selbst und vor allem mit den Kindern macht. «Auch wenn unsere Kinder viel Kontakt zu ihrem Papa haben, wachsen sie ohne ihn im Alltag auf. Die damit verbundenen Emotionen brauchen Platz.» Sowohl Max als auch die Partnerin ihres Ex-Mannes seien für die Kinder ebenfalls Eltern-Figuren und «eine echte Bereicherung für unsere Familie. Das erfordert Toleranz auf beiden Seiten.»

Noch immer Distanz

Im Dorf nimmt Anna auch heute noch Distanz zu ihrer Person wahr. Ob das an ihrer Lebensform oder einfach am Umstand des «Zuziehens» liegt, weiss sie nicht. «Das Wichtigste ist die Kommunikation innerhalb der Familie», sagt sie. «Es war und ist uns wichtig, dass die Kinder unsere Entscheide mittragen und verstehen. Ich spreche mit ihnen auch offen über meine Gefühle. Sie merken sowieso, wenn etwas nicht stimmt.»

«Genauso sollen sie auch mitbekommen, wenn ich glücklich bin», fährt sie fort.» Aus ihrer Erfahrung seien Kinder anpassungsfähig und verstehen viel, wenn man es ihnen zutraut und sie unterstützt. «Ich bin stolz, wie wir als Familie das bisher gemeistert haben.»

Respekt bewahren

Dass sie im Umfeld immer wieder auf Unverständnis stossen, sei aber leider auch eine Tatsache. «Das Leben in der WG hat unsere Kinder offener gemacht», erzählt Anna weiter. «Ausserdem tragen sie wohl keinen Schaden davon, wenn an einem Schulanlass mein Partner und mein Ex-Mann mit Partnerin anwesend sind. Das verstehen aber nicht alle.»

Anna erwartet heute kein Verständnis mehr für ihre Art, Familie zu leben. Was sie aber allen mitgeben möchte ist: «Bewahrt euren Mitmenschen gegenüber immer den Respekt, den ihr euch für euch selber wünscht.»