20 Jahre führte Linus Maeder aus Abtwil im Kanton St. Gallen mit einem Partner ein Architekturbüro in Engelburg. 2022 stieg er aus und gründete die Bauplan Natur AG, mit der er sich nebst Architekturdienstleistungen der Landwirtschaft zuwendet. «Das Thema Vernetzung interessiert mich sehr», sagt er im Gespräch mit der BauernZeitung. «Es gäbe so viel Potenzial für die Zusammenarbeit der Betriebe, gerade in der Direktvermarktung.» Hier möchte Maeder Hand bieten. Seine Vision ist, Bauern untereinander und mit den Konsumenten besser zu vernetzen.
Eine Produzenten- und eine Konsumenten-App
Linus Maeder ist nicht einer, der es bei der Vision belässt. Er will sie auch in die Tat umsetzen. So gründete er mit einer Handvoll Produzenten und Privatpersonen den Verein Netzwerk Natürliche Nahrung (Ne’Na’Na). Der Verein soll eine Art Anlaufstelle sein, wo sich verschiedene Partner finden und gemeinsam Projekte entwickeln.
Verein Netzwerk Natürliche Nahrung
Der noch junge Verein Netzwerk Natürliche Nahrung (Ne’Na’Na) ist ein Zusammenschluss von Produzenten, Privatpersonen und Firmen. Daraus sollen Gruppen entstehen, die gemeinsame Projekte initiieren für eine ökologische Bewirtschaftung und einen höheren Selbstversorgungsgrad. Linus Maeder sagt: «Ne’Na’Na ist die Schnittstelle zwischen Produzenten und Verbrauchern.» Die Aufgabe des Vereins sei es, im Hintergrund Networking zu betreiben und die Projekte beim Aufbau, der Umsetzung und der Kommunikation zu unterstützen. Das Netzwerk soll nicht auf die Region St. Gallen begrenzt sein, sondern in die ganze Schweiz hinausgetragen werden.
Ein erstes solches Projekt ist bereits in der Pipeline. Es nennt sich «APPenzell». Dabei handelt es sich um eine App, über die man lokale Produkte aus dem Kanton Appenzell Ausserrhoden kaufen kann – daher auch der Name «APPenzell». Das Konzept sieht wie folgt aus:
- Konsument: Die Konsumenten erhalten eine App für die lokale Grundversorgung. Darin können sie die Produkte auswählen und ihre Bestellung bis zwei Tage im Voraus aufgeben. Die Produzenten, Waren und Preise sind ersichtlich und der Kunde weiss um den Bestellpreis.
- Produzent: Die lokalen Produzenten haben ebenfalls eine App. Sie tragen ihre verfügbaren Produkte ein und bieten sie so zum Verkauf an. Daneben können sie ihren Betrieb und ihre Philosophie vorstellen.
- Logistik: Die Bauern liefern die Lebensmittel ein- oder zweimal pro Woche in ein Depot, das mit einem Zahlenschloss oder mit der App geöffnet werden kann. Der Konsument kann die Bestellung zu jeder Tages- und Nachtzeit abholen.
Die zwei Apps sind miteinander verlinkt, so dass die Produzenten wissen, was und wie viel sie zu welcher Ortschaft liefern sollen. Grössere Abnehmer wie Restaurants, Spitäler, Altersheime, Kantinen oder öffentliche Einrichtungen können direkt beliefert werden. Die App stellt die Bestellungen der Kunden automatisch zusammen. Eine zentrale Stelle rechnet ab. Die Konsumenten erhalten einmal pro Monat eine Rechnung. Den Produzenten wird das Geld auf ihr Konto überwiesen.
Stimmen von Produzenten: «Komplette Breite eines Hofladens»
Silvan Graf ist zukünftiger «APPenzell»-Produzent. Er führt mit seiner Partnerin ab Dezember einen 24 ha grossen Biobetrieb in Heiden. Auf 40 a werden Beeren und Gemüse angepflanzt. Die Produkte werden auf dem Wochenmarkt in Heiden verkauft. Ebenfalls direktvermarktet werden Rinds- und Schaffleisch. Graf hält 20 Mutterkühe, zehn Truten, im Sommer etwa sieben Schweine sowie 100 Legehennen. Die Eier werden auf dem Wochenmarkt verkauft sowie an lokale Läden und Gastronomiebetriebe in der Region geliefert. Das Projekt töne vielversprechend, sagt Graf. «Heute kann ich als Direktvermarkter nur eine gewisse Produktbreite anbieten. Zusammen haben wir das komplette Sortiment eines Hofladens.» Er sieht Vorteile für die Produzenten und Konsumenten. «Das vereinfacht vieles, vor allem die Logistik.»
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Bekenntnis zu ökologischer Landwirtschaft
«Miteinander geht mehr», ist Linus Maeder überzeugt. «Das Ziel dieses Projektes ist, dass wir die Bauern im ganzen Kanton Appenzell Ausserrhoden vernetzen.» Mit «wir» meint er Daniel Lehmann, Leiter Amt für Wirtschaft und Arbeit Appenzell Ausserrhoden, den Verein Appenzell über dem Bodensee (AüB) und den Verein Ne’Na’Na. Man sehe eine grosse Möglichkeit, dass sich hier viele kleinere Betriebe zusammenschliessen und eine Grundversorgung realisieren, so Maeder. Das sei auch für die Kunden attraktiv.
Die App soll im Frühjahr 2024 in Betrieb genommen werden. So habe man genügend Zeit für die Vorbereitungen und für Gespräche. Und die Bauern haben Zeit, um ihr Angebot zu planen. Nun ist der Verein auf der Suche nach Betrieben. Etwa fünf Bauernbetriebe sind bereits dabei, erzählt Maeder. Das einzige Anforderungskriterium ist, dass die Landwirtschaftsbetriebe sich zu einer ökologischen, pflanzen- und tiergerechten Produktion mit einer langfristigen Ausrichtung verpflichten. Ein Label ist nicht zwingend erforderlich.
Stimmen von Produzenten: «Neue Absatzkanäle für Direktvermarkter»
Adeline Züst ist Bäuerin und vonseiten des Vereins Appenzell über den Bodensee (AüB) in die Planung des Projekts «APPenzell» involviert. Sie findet die Vermarktungsstrategie eine gute Idee und arbeitet darum in der Projektgruppe mit. «Direktvermarktungsbetriebe aus der Region haben so die Möglichkeit, neue Absatzkanäle zu erschliessen.» Sie und ihr Mann Peter bewirtschaften in Lutzenberg einen 30 ha grossen Betrieb mit Mutterkuhhaltung. Vor sechs Jahren haben sie auf Dexter-Kühe umgestellt und sich auf die Direktvermarktung von Fleisch spezialisiert. Sämtliches Fleisch wird im Hofladen oder über den Onlineshop verkauft. Peter Züst sagt zu «APPenzell»: «Fleisch hat es sicher genug in der Region.» In seinen Augen wäre es gut, wenn das Angebot möglichst breit und vielfältig wäre.
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App ist beliebig ausbaubar
Erwünscht sind auch verarbeitende Betriebe. Gesucht sind zudem abschliessbare Lagerräume, wo die Lieferungen zwischendeponiert werden können. Am Anfang liegt der Fokus auf dem Appenzeller Vorderland, soll dann aber auch auf das Mittel- und Hinterland ausgedehnt werden.
«Wenn das zum Laufen kommt – und davon bin ich überzeugt –, kann man das System beliebig ausbauen, sowohl von der Anzahl Konsumenten wie auch der Produzenten und Standorte.»
Linus Maeder zu den Expansionsmöglichkeiten
Innerrhoden oder auch das Rheintal sind für ihn durchaus ein Thema. «Dann würde die App einfach anders heissen, aber die Versorgung soll auf jeden Fall lokal bleiben.» Maeder wünscht sich, dass aus dem Verein Ne’Na’Na eine Bewegung entsteht, aus der viele solche Gemeinschaftsprojekte in der ganzen Schweiz hervorgehen. Er sagt: «Die Bauern und Bäuerinnen in diesem Land machen einen fantastischen Job. Sie und nicht der Zwischenhandel sollen für die Produkte einen angemessenen Preis erhalten.»
Interessierte Bauern melden sich bei Linus Maeder, Tel. 071 278 33 13, E-Mail: linusmaeder@bluewin.ch.
