«Fragen rund um Lebensqualität und Zeitmanagement müssen in der Landwirtschaft, neben produktionstechnischen Themen, unbedingt auch bearbeitet werden», erklärte Vorstandsmitglied Christian Galliker am Vortragsabend von Bio Luzern.

Zu schnelles Wachstum auf den Betrieben

Ob es am Zeitmanagement oder an der bereits hohen Lebensqualität der Luzerner Biobauern lag, dass nur eine bescheidene Zahl von Stühlen besetzt war, konnte an diesem Vortragsabend nicht eruiert werden. Dass die Ressource Zeit aber auf vielen Höfen knapp ist, bestätigte Referent Ernst Flückiger. «Gäng ä chli zvil Büez», heisse es oft bei seinen Beratungen. Als Coach begleitet er Bauernfamilien bei Problemen. Vielfach sei das Wachstum des Hofes zu schnell vorangegangen oder die Summe der verschiedenen Aufgaben auf und neben dem Betrieb überfordere. Zu viel und zu lange Stress zu haben, könne zu einem Burn-out führen. Bauern und Bäuerinnen sind doppelt so oft von Burn-out betroffen wie der Rest der Bevölkerung. Seien Depressionssymptome erkennbar, müsse das ganze Umfeld handeln.

Zwei Drittel Facharbeiter

Abo Gesundheit Bei Erschöpfungsdepression: «Man sollte unbedingt ehrlich zu sich selber sein» Monday, 11. December 2023 Nicht selten sei es auch einfach das Führen des Unternehmens, sprich des Hofes, welches Bäuerinnen und Bauern überlaste. Im Schreinerberuf beispielsweise blieben von allen Ausgebildeten zwei Drittel Facharbeiter. Knapp ein weiterer Drittel würde sich in den Firmen als Vorarbeiter einbringen, aber nur einer von zehn führe ein eigenes Unternehmen. «In der schweizerischen Landwirtschaft kann man aber fast nicht Facharbeiter bleiben, die Mehrheit der Absolventen der landwirtschaftlichen Ausbildung führt einen eigenen Betrieb. Das ist einer der grössten Denkfehler des Schweizer Agrarsystems.»

Eine mögliche Weiterentwicklung des Betriebes sollte strategisch ganz bewusst geplant werden. «Grosse finanzielle Investitionen dürfen nur in Betriebszweigen getätigt werden, wo man bereits gute Resultate vorweisen kann. Neubauten auf Milchviehbetrieben empfehle ich nur, wenn der Betrieb bereits vorher zu den 25 Prozent der Besten gehörte.» Viele hätten aber zu wenige Kenntnisse über ihre betriebliche Erfolgsbilanz. Für das Analysieren des eigenen Betriebes müssten nicht immer zwingend externe Experten zugezogen werden. «Warum nicht einmal einen befreundeten Berufskollegen fragen, ob er die Arbeitsabläufe beobachten würde?» Vielleicht brauche es aber bei Problemen auch eine grundsätzliche Änderung. Dabei müssten die Betroffenen ehrlich zu sich selber sein. «Das braucht aber viel Mut. Auch eine berufliche Neuorientierung darf dabei kein Tabu sein.» Ernst Flückiger erlebte in seiner Beratungstätigkeit schon mehrmals, dass Bauern nach der Aufgabe der selbstständigen Landwirtschaft enorm an Lebensqualität gewonnen haben. [IMG 2]

Gesunde Familie sind entscheidend für Landwirtschaftsbetriebe

Grundsätzlich gehe es im Leben darum, eine hohe Lebensqualität zu erreichen. Entscheidend für eine hohe Lebensqualität auf Familienbetrieben seien gute Beziehungen, eine offene Kommunikation und Wertschätzung, eine klare Kompetenzenzuteilung, langfristig gesicherte Finanzen und vor allem gesunde Menschen. Nicht nur die körperliche Gesundheit sei wichtig, auch Seele und Geist müssten in Balance sein. Dabei nehme die eigene Energiebilanz eine wichtige Stellung ein.

Die Lebensbalance muss stimmen

«Welche Aktivitäten und Begegnungen geben Ihnen Kraft und Energie?», fragte Ernst Flückiger in die Runde. Das könne ein Spaziergang, ein Wellnesstag oder einfach eine Bergtour sein. Solche sogenannten Power-Ladestationen müssten fix im eigenen und im Terminkalender des Partners eingetragen werden. «Private Termine gehören ebenso in die Agenda wie auch Zeitfenster für Musse und Erholung», empfahl Flückiger. «Ich kenne sogar Ehepaare, die ihre gemeinsamen schönen Stunden im Bett zeitlich einplanen

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