Ein Turm von Tellern steht in der «Misli-Stube» des Hofs Untermisli in Obbürgen NW auf 800 Metern über Meer. «Soeben habe ich die Mittagsgäste verabschiedet», entschuldigt Bäuerin Angela Amstutz das kleine Chaos. Diese und nächste Woche ist sehr viel los über den Mittag. «Wir dürfen seit Jahren die Kursbesucher der Höheren Fachschule Bürgenstock, welche sich in unmittelbarer Nähe befindet, bewirten.»
Bei solchen Events schwingt Schwiegermutter Irene Amstutz den Kochlöffel, Angela Amstutz kümmert sich um die Gäste. «Irene kocht hervorragend und backt das beste Brot weit und breit», lobt sie. Auch sie kocht gern und stellt meist die Desserts her. «Wir sind ein eingespieltes Team und können uns die Arbeiten gut aufteilen.» So auch an den jeweiligen Abendanlässen, die gut gebucht werden.
Vorteil, gut ausgebildet zu sein
Die gelernte Detailhandelsfachfrau ist in Fürigen NW aufgewachsen – einen Katzensprung vom Hof Untermisli entfernt. Nach der Lehre machte sie eine Weiterbildung «Sachbearbeitung Rechnungswesen» und besuchte die Bäuerinnenschule in Schüpfheim, die sie mit Fachausweis abschloss. «Nun bin ich in der Ausbildung zur Höheren Fachprüfung Bäuerin», sagt Angela Amstutz. Es laufe viel in der Landwirtschaft. Wenn man so jung sei wie sie, sei es ein grosser Vorteil, gut ausgebildet zu sein.
Mit offenen Augen durch die Welt zu gehen, das ist ihre Devise. «Wenn man mehr weiss, hinterfragt man eher etwas», sagt die zweifache Mutter. «Die Ausbildung Bäuerin HFP ist wie eine Meisterlandwirtausbildung.» Die Familie führt einen vielseitigen Betrieb. «Gern möchte ich in Zukunft gemeinsam mit meinem Mann Landwirte oder Agriprakti-Lehrlinge ausbilden.
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Früh übernommen
Angela und ihr Mann Pirmin kennen sich seit Kindheit, haben im Jahr 2020 geheiratet und ein Jahr später den Milchwirtschaftsbetrieb von Pirmins Eltern Sepp und Irene Amstutz übernommen. 2021 kam Tochter Michelle und 2023 ihre Schwester Johanna auf die Welt.
«Wir sind Pirmins Eltern sehr dankbar, dass sie uns den Hof so früh übergeben haben», schätzt die 27-Jährige. Ihre Schwiegermutter ist nun bei ihnen angestellt und der Schwiegervater arbeitet auswärts – packt jedoch immer noch überall mit an. «Misli-Sepp», wie er auch genannt wird, ist für seinen Bratkäse im ganzen Kanton bekannt.
«Ich bin sehr kommunikativ»
«Meine Schwiegereltern haben ein megagutes Fundament aufgebaut und schon früh Events angeboten», erzählt Angela Amstutz weiter. Das Paar musste keine grossen Veränderungen vornehmen und konnte das Grundkonzept Schritt für Schritt mit eigenen Ideen erweitern. Auch die Zusammenarbeit läuft gut. «Ich bin sehr kommunikativ. Wenn es für mich nicht stimmt, spreche ich es an. Es darf auch mal chlepfe.»
Der Hof bietet auch Übernachtungen im Chalet an, das Platz für vier bis fünf Personen bietet. «Kommt eine Familie mit Kindern, können diese ihr Frühstücksei selbst bei den Hühnern ausnehmen und Pirmin beim Melken im Gade zuschauen», erklärt Angela Amstutz.
Nahe beim Luxushotel
Familie Amstutz wohnt unmittelbar unterhalb des luxuriösen Hotelkomplexes Bürgenstock Resorts. Anfänglich kamen die Hotelgäste manchmal auf die Weide, streichelten die Kühe. Das war zu gefährlich. Daher besprach Sepp Amstutz die Situation mit dem Hotel und führte ab dann die Gäste auf Buchungen durch sein Reich. «Da die Touristen meist nur Englisch sprechen und Sepp mit Händen und Füssen kommunizierte, mache ich nun die Führungen», sagt Angela Amstutz. «Es ist eine Bereicherung, Leuten aus der ganzen Welt unseren Betrieb zu zeigen und auch zu erklären, wie die Landwirtschaft funktioniert.» Eine Frau von Katar komme immer wieder zu Besuch. Vor allem Menschen aus den arabischen Staaten und immer mehr Amerikaner buchen das Angebot.
Laufstall als nächstes Projekt
Derzeit sind auf dem Hof die Bauprofile für einen Laufstall ausgesteckt. Der Stall soll Platz für 30 Kühe und einen 6er-Melkstand bieten. Im alten Gaden bleiben die Schweine, Schafe und Ziegen, die Hühner und eine kleine Rindergruppe. Geplant ist auch ein Eventlokal und ein Hoflädeli. «In der Ausbildung zur Bäuerin habe ich das Gastronomiemodul besucht und bin somit gut vorbereitet, das Beizli zu betreiben», sagt Angela Amstutz mit einem Lächeln. Das Eventlokal soll ein grosses Fenster zum Stall haben. «Der Besuch soll ein Erlebnis für unsere Gäste werden und zeigen, wie unsere Tiere im Stall leben dürfen.»
«Unsere Kühe gehören zu unserer Familie», fährt sie fort. «Wir begleiten sie und sind für sie da. Wenn sie krank sind, machen wir uns Sorgen.» Gesundheit und ein langes Leben sind der Familie wichtig. Für Events verwenden sie ausschliesslich eigenes Fleisch.
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Zeit für sich
Angela Amstutz nimmt sich bewusst auch ihre freie Zeit: Mal setzt sie sich zu den Kühen oder Ziegen in die Wiese beim Hammetschwand und geniesst die Aussicht, mal geht sie mit Freundinnen in den Ausgang oder macht aktiv im Turnverein mit. Mindestens eine Woche Familienferien sind auch fest geplant und an Weihnachten und Silvester werden bewusst keine Events durchgeführt.
Angela Amstutz kocht gern, mag Menschen und ist kommunikativ – perfekt für eine Landfrauen-Küche-Kandidatin. «Ja, das kann ich mir gut vorstellen», sagt sie. Aber im Moment ist noch so viel in Planung, das hat noch keinen Platz.»
Fünf Fragen
Was macht Sie schlaflos?
Dass die Arbeit immer weniger Beachtung bekommt und das Interesse an mehr Freizeit immer grösser wird.
Wie lautet Ihr Leitspruch fürs Leben, Ihr Lebensmotto?
Verschiebe nicht auf morgen, was du heute kannst besorgen.
Welches Landwirtschaftsthema beschäftigt Sie am meisten?
Die AP 30+.
Welches ist Ihr Lieblingsplatz?
Mein Lieblingsplatz ist mit meiner Familie in unserem Stall bei unseren Tieren.
Wohin würden Sie gern einmal reisen?
Gern würde ich einmal nach Kanada und nach Norwegen reisen.
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