Was braucht es, damit die Zusammenarbeit mit ausländischen Arbeitnehmenden klappt? Arlette und Andreas Neukomm vom Weingut Neukomm in Hallau SH haben auf diesem Gebiet viel Erfahrung. Sie beschäftigen schon viele Jahre rumänische Mitarbeiter im Rebbau. Seit gut zehn Jahren reist die gleiche Familie für 90 Tage an, fünf bis sechs Erwachsene, manchmal mit Kindern. Neukomms und die rumänischen Mitarbeiter sind inzwischen ein gut eingespieltes Team. Doch das brauchte Zeit und die Bereitschaft, zu lernen.

Alle Geld in die Anreise gesteckt

[IMG 2]So kann Arlette Neukomm es heute gut einordnen, dass ihre Mitarbeitenden jeweils ohne jegliches Geld zu ihnen kommen. Sie hat für jeden Erwachsenen 200 Franken bereit, als Vorschuss auf ihren Lohn. Die Familie ist arm, hat wahrscheinlich ihr letztes Geld für die Reise ausgegeben. Sonst bezahlt sie aber nicht mehr als nötig. «Sie sollen für sich selbst sorgen können», meint sie. «Man sollte nicht zu viel für sie mitdenken.»

In der ersten Zeit engagierte sich Arlette Neukomm sehr stark. Sie suchte etwa Unterkünfte im Dorf, doch oft gab es Ärger. Die Mitarbeitenden aus Rumänien haben andere Vorstellungen von Ordnung und was ihnen wichtig ist. Arlette kochte für sie und sie brachten ihre Wäsche zu ihr. «Das stresste mich.» Jetzt wohnt die Familie im Stöckli und kocht für sich, was für alle entspannt wirkt.

Die rumänische Familie arbeitet im Rebberg mit Andreas Neukomm. Sie braucht Anleitung. «Jedes Mal, wenn sie kommen, beginnen sie wieder bei 20 Prozent von dem, was sie das letzte Mal konnten. Das muss man akzeptieren», sagt Arlette Neukomm.

Selbstständigkeit fördern

Abo Fallstricke bei der Anstellung Wann gilt fürs Personal ein Normalarbeitsvertrag oder ein Gesamtarbeitsvertrag? Tuesday, 18. July 2023 «Die Familie hat wenig Bildung, das merkt man», sagt Andreas Neukomm. Er versucht, sie zum selbstständigen Denken anzuregen, im Sinne von: «Wie könnte ich die Arbeit besser oder anders machen?»

Andreas Neukomm spricht Schweizerdeutsch mit den Mitarbeitenden, zwei von ihnen können etwas Deutsch und übersetzen für die anderen. Familie Neukomm schickte einzelne Mitarbeiter in einen Deutschkurs. «Es sind Menschen und sie wollen als solche behandelt werden», erklärt Andreas Neukomm. Er mag die rumänischen Mitarbeitenden und fühlt sich wohl mit ihnen.

«Wenn es gut läuft, ist Landwirtschaft etwas wie ein Durchlauferhitzer für die ausländischen Mitarbeiter», meint er. Sie fassen Fuss, lernen, wie in der Schweiz gearbeitet wird, die Sprache und verschiedene Fertigkeiten. Sie lernen die Kultur kennen und wechseln irgendwann von der Landwirtschaft zu einer Arbeit, die besser bezahlt wird.

Mit Händen und Füssen

Susanne und Markus Simmler vom Lindenhof in Buchberg SH betreiben einen Landwirtschaftsbetrieb mit Mutterkuhhaltung, Rebbau und einer Besenbeiz. Simmlers beschäftigen schon seit vielen Jahren zwei bis drei ausländische Arbeitskräfte. Zu Beginn kamen sie aus Russland oder Rumänien. Im Moment haben sie Angestellte aus der Ukraine.

Mit einigen konnten sie sich zu Beginn nur mit Händen und Füssen verständigen. Manchmal helfen Susanne Simmler auch ihre Englischkenntnisse. «Wir sind ein Familienbetrieb, wir sorgen uns ums Wohl unserer Angestellten», sagt sie. Um ihnen die Integration zu erleichtern, nahmen sie sie auf Familienausflügen und Teamevents mit. Somit sind sie auch bei den anderen Mitarbeitern gut integriert.

Nicht übertreiben

Im Laufe der Jahre erlebte sie aber auch einige Enttäuschungen. Die ausländischen Mitarbeiter kommen meist aus armen Verhältnissen. Da kommt schnell das Bedürfnis, ihnen beizustehen. «Übertreibt nicht mit Helfenwollen», rät sie. «Seid euch bewusst, andere Kulturen leben anders.» Sie macht ein Beispiel: «Früher assen wir immer zusammen zu Mittag. Oft war die Stimmung am Tisch sehr gedrückt. Den Angestellten fehlte die heimische Kost und die Kommunikation war einseitig.»

Auch Familie Simmler machte die Erfahrung, dass ausländische Saisonarbeitskräfte oft in der Landwirtschaft starten, aber nach ein bis zwei Saisons in andere Berufssparten wechseln, wie Bau oder Gastronomie. Die erste Arbeit in der Schweiz spiele aber eine wichtige Rolle im Leben der Mitarbeitenden, das weiss Susanne Simmler aus positiven Rückmeldungen ehemaliger Mitarbeiter.

Nach vielen Jahren ist Susanne Simmler fest davon überzeugt: «Sie bereichern unser Leben. Unsere Kinder wachsen mit anderen Kulturen und Menschen auf. Es hat sehr viel Positives.»

«Wichtig ist ein Verhältnis von gegenseitigem Respekt»

Kurzinterview mit Kurt Zubler, Geschäftsführer von Integres, der Integrationsfachstelle Schaffhausen.[IMG 3]

Herr Zubler, worauf sollten Arbeitgeber achten in Bezug auf ihre ausländischen Mitarbeiter?
Kurt Zubler: Ganz wichtig ist, ein Verhältnis von gegenseitigem Respekt zu entwickeln. Im Sinne von: «Wir wollen beide unser Brot verdienen und haben verschiedene Rollen. Wir sind ein Team – Wir sind aufeinander angewiesen.» Es lohnt sich, einen Perspektivenwechsel zu versuchen, um ihre Situation zu verstehen. Die meisten Bauernhöfe brauchen ja diese günstige Arbeitskraft, um zu bestehen.

Wie zeigt sich dieser Respekt praktisch?
Indem man auf die Menschen eingeht, ins Gespräch kommt. Etwa fragt: «Wie macht ihr das, was habt ihr für Feste in eurem Land?» Für ein gutes Zusammenarbeiten, egal wo, braucht es die Wahrnehmung vom anderen. Wenn es gelingt, aus der Chef-Knecht-Perspektive rauszukommen, wird die Leistung verbessert.

Was kann man tun, wenn es Schwierigkeiten gibt?
Ist etwas komisch, lohnt es sich, das anzusprechen. Fragen, «warum macht ihr das so?» Versuchen zu verstehen. Man kann auch etwas lernen. Hilfreich ist, wenn die Arbeitnehmenden einen Sprachkurs besuchen können, wenn man ihnen Zeit dafür gibt und eventuell etwas daran zahlt. Es lohnt sich, weil man dann besser kommunizieren kann. Als Arbeitgebender kann man versuchen, zu überlegen, wie die Lebenssituation der Arbeitnehmenden aussieht: Was kann ich dazu beitragen, dass sie sich hier freuen können? Denn wertschätzende Arbeitsverhältnisse führen zu viel besseren Leistungen.