Wissen Sie, warum mich die Werbung, die hier neben dem Text abgebildet ist, irritiert? Solche Werbung bekräftigt die Vorstellung: Käsen gleich Männersache.
Nicht alles hat sich verändert
Wenn Sie die Augen schliessen und an eine Käserei denken (komisches Gedankenspiel, aber versuchen Sie es einmal), bin ich ziemlich sicher, dass vor Ihrem geistigen Auge ein Kessi, Milch und ein paar muskulöse Männer in weissen T-Shirts und Hosen erscheinen. Das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass früher der Beruf Käser (heute Milchtechnologe) klar den Männer zuzuschreiben war. «Früher war das Käsen harte Arbeit – heute können es auch die Frauen», habe ich hier einmal hören müssen.
Natürlich bin ich mir bewusst, dass die früheren Arbeitsbedingungen nicht mit den heutigen vergleichbar sind, nichtsdestotrotz: Ein Kilogramm wiegt immer noch 1000 Gramm, in der Käserei ist es auch in den Bergen immer noch tropisch warm, und 85 Grad heisses Wasser ist immer noch 85 Grad heisses Wasser.
Zahl der Absolventinnen steigt
Darum bin ich froh, dass die jungen Frauen offensichtlich solchen Aussagen trotzen: Gemäss aktuellen Zahlen des Dachverbandes der Schweizer Käsespezialisten (Fromarte) steigt die Zahl der Milchtechnologie-Absolventinnen, und der Frauenanteil der gesamten Lernendenzahl liegt aktuell bei 25 Prozent (Tendenz steigend). Ein spannendes Detail ist hierbei, dass die besten Lehrabschlüsse meistens auf das Konto der Frauen gehen, wie mir Karin Imboden, SMV-Geschäftsführerin, auf Anfrage erzählte. Allgemein steige das Interesse, den Beruf Milchtechnolog/in zu erlernen, wie Imboden betonte. Das freut auch mich, weil ich das Gefühl habe, die junge Generation würde den Bezug zur Landwirtschaft und zu allen vor- und nachgelagerten Bereichen eher verlieren statt suchen.
Auf jeden Fall macht es mich stolz, dass die Kinder, die ab und zu mit «gewunderigen» Augen durch unser Käsereifenster schauen und uns bei der Arbeit beobachten, Frauen statt Männer finden.
Zur Person
Sera Hostettler ist Redaktorin bei der BauernZeitung und arbeitet diesen Sommerauf der Alp Langenegg. Sie verkäst dort die Milch von rund 60 Kühen zu Berner Alpkäse AOP. Die Gebäude der Alpkorporation liegen auf 1300 bis 1500 m ü. M. auf der Nordseite des Stockhorns. Dort wird das Vieh von etwa 18 Besitzer(innen) gesömmert.