Im Kanton Solothurn, im Bernbiet, im Freiburgischen, im Baselbiet – ja, in der ganzen Schweiz fegte am 26. Dezember 1999, also vor 25 Jahren, «Lothar» über das Land. Die Schäden waren enorm: 8,4 Millionen Kubikmeter Schadholz, den grössten in der Schweiz je ermittelten Waldschaden, verursachte damals der als Orkan klassierte Sturm. Im Kanton Solothurn zum Beispiel waren von den Schäden 600 Hektaren Wald betroffen, wovon mehr als die Hälfte total zerstört wurde. Und der nächste Schock folgte bald: Im Herbst 2000 wurden wegen der Waldschäden auch die ersten vom Borkenkäfer befallenen Bäume festgestellt.
Zügig bewältigt
Rund ein Jahr nach dem Orkan konnte im Kanton Solothurn schon fast sämtliches Sturmholz aufgearbeitet und der grösste Teil davon verkauft werden. Zur Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten wurde damals stark betroffenen Waldeigentümern mit einem zinslosen Darlehen geholfen. Im Kanton Solothurn wurden in 61 Fällen 135 000 Franken ausbezahlt. Wie der Kanton schreibt, konnte das Ereignis Lothar auf kantonaler Ebene politisch mit zwei Verpflichtungskrediten von gesamthaft 2,9 Millionen Franken durch den Kantonsrat zügig bewältigt werden.
[IMG 2]
Wälder und Gebäude waren betroffen
Wie die BauernZeitung in der Ausgabe vom 31. Dezember 1999 schrieb, schätzte man die Schäden wegen des Orkans gesamtschweizerisch auf bis zu 1,8 Milliarden Franken. Besonders betroffen waren Wälder und Gebäude. 14 Menschen kamen in der Schweiz noch während des Sturms ums Leben, mindestens 15 weitere bei den Aufräumarbeiten. Mit seiner aussergewöhnlichen Wucht übertraf der Sturm alle bisherigen Erfahrungen und richtete massive Schäden an. In den Wäldern hat Lothar an einem Tag so viele Bäume umgelegt, wie das Forstpersonal normalerweise innerhalb von zwei Jahren zur Nutzung des Holzes aus dem Wald holt. Grosse Schäden meldeten damals die Kantone des Mittellandes, der Zentralschweiz und des Juras. Am stärksten betroffen war der Kanton Bern mit 3,3 Millionen Kubikmetern Wurfholz. Allein in den Bernischen Wäldern wurde der Schaden auf 200 Millionen Franken geschätzt. Die grössten Schäden im Kanton entstanden im Emmental und im westlichen Berner Oberland. Auch im Gurnigelgebiet, wo der Orkan den Gäggerwald zerstörte, sind die Schäden noch heute sichtbar. Zu sehen ist heute dort ein Holzsteg, den man zu Fuss überqueren kann. Die enormen Sturmschäden von damals führten zu einem riesigen Überangebot an Holz und als Folge davon zu einem Preiszusammenbruch. Die Erlöse sanken um durchschnittlich 30 Prozent. Insbesondere beim Nadelholz konnten sich die Preise in der Folge nur schwer erholen.
Die Vorgeschichte
Um die Entwicklung eines solch gewaltigen Sturmes wie Lothar zu verstehen, muss man die Grosswetterlage und die Vorgeschichte über dem Nordatlantik und Europa betrachten. Ab dem 20. Dezember 1999 wurde das Wettergeschehen durch ein umfangreiches Tiefdruckgebiet bei Island geprägt, schreibt Meteo Schweiz. Dieses Tief wurde an den folgenden Tagen anhaltend mit polarer Kaltluft aus der Arktis und mit Warmluft vom subtropischen Atlantik gespeist. Am 24. Dezember 1999 wurde der bis dahin vorhandene Hochdruckkeil über Mittel- und Osteuropa vollständig abgebaut. Somit konnte sich die gestreckte zonale Höhenströmung über den ganzen Nordatlantik hinweg bis nach Mitteleuropa ausdehnen.
[IMG 3]
30 Jahre nie beobachtet
Ein in dieser Strömung eingelagertes Randtief verlagerte sich von Irland her unter starker Vertiefung zur Nordsee und drehte schliesslich zu den Färöer-Inseln ein, wo es die Position und Funktion des steuernden Zentraltiefs übernahm. Dieser Tiefdruckwirbel erhielt dann den Namen Kurt. Die Kaltfront von Kurt überquerte am 25. Dezember 1999 die Schweiz, begleitet von Sturmwinden. Am 26. Dezember 1999 befand sich das Sekundärtief, aus dem später das Orkantief Lothar entstand, etwa 300 km südlich von Irland. In den nachfolgenden sechs Stunden fand dann eine Entwicklung statt, die in Europa mindestens in den letzten 30 Jahren zuvor noch nie beobachtet worden war.
Berichte der BauernZeitung vor 25 Jahren
Artikel «Ein schwarzer Stephanstag für den Wald» vom 31. Dezember 1999
Artikel «Holzmarkt steht Kopf» vom 7. Januar 2000