Das Dorf ist stolz auf sie. «Königreich» steht in grüner Farbe über dem Namen auf dem Ortsschild der 600-Einwohnergemeinde Menzberg LU. Und an der Vorderwand des Pfarrhauses, in der sich die Wohnung von Isabel Egli und ihrem Lebenspartner befindet, hängt ein grosses Schild: «Schwingerkönigin 2024 Egli Isabel».
Das Schwingen wurde der heute 28-Jährigen praktisch in die Wiege gelegt. Ihre Tante ist die fünffache Schwingerkönigin Brigitte Burri-Kunz. Vater Ueli und Mutter Barbara Egli schwangen ebenfalls, wie auch ihre fünf Geschwister Manuela, Damian, Samuel, Adrian und Severin. «Wir hätten schon was anderes machen können», sagt Isabel Egli. «Doch in meinen Kindertagen hat der Vater noch geschwungen und wir wollten das auch machen.»
Heuen war früher anstrengender
Aufgewachsen ist Isabel Egli auf einem Landwirtschaftsbetrieb mit Milchkühen und Kälbermast auf dem Steinhuserberg, rund 17 Kilometer von Menzberg entfernt. Sie ist heute noch oft auf dem Hof der Eltern. «Gerade half ich drei Tage beim Heuen», erzählt sie. Das sei weniger streng als früher. «Damals standen wir zu dritt oder vier oben und hielten den Mäher am Hang. Und alles musste von Hand herunter gerecht werden» Heute ginge das mit dem Ibex-Motormäher deutlich einfacher.» Die Kinder mussten viel auf dem Hof mithelfen. In ihrer Freizeit vergnügen sich die sechs Geschwister nicht selten mit einem Hosenlupf.
Schon als Kind trainiert
Der Vater nahm Isabel und ihre Schwester schon mit etwa sieben Jahren mit ins Männertraining, wo sie mit den Buben schwangen. «Bei anderen Trainings klappte es zeitlich nicht immer», erinnert sie sich. «Die begannen um sechs oder halb sieben am Abend, also zu Stallzeiten. Und zwei Stunden später mussten uns die Eltern wieder abholen.»
Hatte sie nie den Wunsch, etwas anders zu machen? Mit 18 habe sie eine Krise gehabt, erzählt Isabel Egli. Sie hatte sich bei einem schweren Skiunfall die Hüfte ausgekugelt. Auch nach der Genesung blieb die Hüfte empfindlich. «Ich hatte Angst, dass etwas kaputtgeht», sagt sie. «Zudem kam in der Zeit die Lehrabschlussprüfung dazu.» Anderthalb Jahre verzichtete sie aufs Schwingen. Doch ihre Schwester Manuela blieb hartnäckig, lockte sie wieder an Schwingfeste und ins Training. «Mit 20 gewann ich meinen ersten Kranz und merkte: Wenn ich richtig trainiere, geht da noch was.»
Job und Sport sind eine gute Kombination
Beruflich ist Isabel Egli als Pflegefachfrau bei der Spitex Region Willisau als Teamleiterin somatische Pflege tätig. Der Vollzeitjob mit Schichtdienst vertrage sich gut mit den Trainings fürs Schwingen, meint sie. «Das ist eine Frage der Organisation.» Wenn möglich, versuche sie sogar, an den Freitagen vor einem Schwingfest zu arbeiten. «Die Struktur des Arbeitstags tut gut, dann denke ich nicht ständig an den bevorstehenden Anlass.» Den Sport empfindet sie auf der anderen Seite als guten Ausgleich zu ihrem auch körperlich anstrengenden Beruf. «Beim Schwingen kann ich loslassen.» War es für sie nie ein Thema, einen landwirtschaftlichen Beruf zu ergreifen? Isabel Egli schüttelt den Kopf. «Ich liebe Tiere. Doch mein Herz schlägt für die Pflege.» Aber sie hält auf dem Hof Eltern Hühner: schwedische Blumenhühner, Buntleger und Maran-Hühner, die alle farbige Eier legen.
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Für den Beruf als Pflegefachfrau entschied sich die Luzernerin, «weil ich zum einen gern Leuten helfe und zum anderen gern Verantwortung übernehme.» Viele Patienten, die die Spitex daheim betreut, sind betagt oder unheilbar krank. «Ich habe gelernt, damit umzugehen», sagt Isabel Egli. «Es braucht dafür aber eine gewisse Selbstsicherheit.
Sterbende betreuen
Nicht ganz einfach ist für sie, wenn Palliativ-Patientinnen oder -Patienten im Alter ihrer Eltern sind, manche mit Kindern, die jünger sind als sie und ihre Geschwister. «Doch wir können immerhin alles dafür tun, dass ihr Wunsch respektiert wird, daheim zu sterben. Dafür geben wir unser Bestes.» Der Schichtdienst in der Spitex gehört für sie dazu. «Ich möchte das geben, was ich selbst für mich möchte. Denn vielleicht bin ich eines Tages auch froh, wenn mich mal jemand am Abend erst um zehn Uhr ins Bett bringt, und nicht schon um halb acht, nur weil der Dienst dann zu Ende ist.»
Im Wohnzimmer hängen an einer Stange über dem Sofa 20 Kränze, darunter der goldene, mit dem Isabel Egli zur Schwingkönigin gekrönt wurde. An einer anderen Wand stehen aufgereiht sieben Glocken. Auch ihr Lebenspartner Adrian Schmutz war Kranzschwinger, doch der Schreiner hat mit dem Sport aufgehört. Die beiden lernten sich vor rund fünf Jahren im Krafttraining kennen, und es funkte, obwohl Isabel Egli eigentlich keinen Schwinger als Freund wollte.
Mehr Erholung
Für ihren Sport trainiert Isabel Egli diszipliniert mehrmals die Woche, teils mit ihren Kolleginnen vom Frauenschwingclub Steinhuserberg, aber auch mit den Männern des Schwingclubs Wolhusen. Mit den Männern übe sie vor allem das Greifen und die Technik bei schwereren Gegnern, erzählt sie. Denn Frauen Schwingen anders als Männer, die Technik hat eine grösssere Bedeutung. «Zudem bin ich mit meinen 74 Kilo Gewicht bei den Frauen kein schweres Kaliber.» Doch generell gehe sie das Training gelassener an als in jüngeren Jahren. «Früher arbeitete ich eine innerliche Strichliste ab und machte mir selbst Druck. Inzwischen weiss ich, dass mein Körper mehr Erholung braucht.»
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Bessere Akzeptanz
Abwertende Sprüche über Frauen im Schwingsport kennt auch Isabel Egli. Doch sie sind weniger geworden, die Akzeptanz ist gestiegen. Die Wettkämpfe ziehen Zuschauer an und auf ihrem Shirt prangen die Namen von mehreren Sponsoren. «Es bewegt und entwickelt sich viel beim Frauenschwingen. Gerade in der Westschweiz fangen sehr viele Mädchen mit dem Schwingen an», sagt die Schwingerkönigin. Anders als die Männer küren die Frauen die Schwingerkönigin nicht an einem Eidgenössischen, sie wird anhand der Jahreswertung ermittelt. Die beste Aktivschwingerin erhält am letzten Schwingfest des Jahres, dem Eidgenössischen Frauen- und Meitlischwingfest, einen goldenen Kranz und einen Königinnenpreis.
In Fahrt kommen
Dieses Jahr findet das Fest am 24. August in Huttwil BE statt. Für Isabel Egli hat die Saison gut angefangen, bereits hat sie zwei Schwingfeste gewonnen. «Ich konnte mich steigern», sagt sie und fügt schmunzelnd hinzu. «Mein Freund meint ohnehin, ich brauche zwei Schwingfeste, bis ich in Fahrt komme.» Den Titel zu verteidigen, ist für sie Ehrensache und Ansporn zugleich. «Denn vorne dabei zu sein, ist der Hammer.»
Website des Eidgenössischen Frauenschwingverbands
Fünf Fragen
Worüber können Sie lachen?
Wenn Menschen urteilen, obwohl sie keine Ahnung von meinem oder anderen Leben haben.
Wie lautet Ihr Leitspruch fürs Leben, Ihr Lebensmotto?
Es gibt zwei Fehler, die man machen kann: etwas gar nicht erst anfangen und es nicht beenden.
Gibt es eine Reise, von der Sie noch realisieren möchten?
Einen Traum haben wir uns diesen Sommer verwirklicht: Wir waren einen Monat in Südafrika unterwegs. Gern würde ich irgendwann einen Trip durch alle Kantone machen.
Wie können Sie sich entspannen?
Im Alltag am besten mit Sport, etwa Tennis oder Velofahren. Ich wandere auch sehr gern.
Welchen Traum möchten Sie in den nächsten Jahren wahr werden lassen?
Ein Häuschen mit einem Garten wäre toll.