«Wie engagiert Frauen sind, merkt man der Biolandwirtschaft an», stellte Martin Roth fest. «Beispielsweise ist es kein Einzelfall, dass eine Bäuerin sagt, von ihr aus hätte man schon vor zehn Jahren umstellen können.» Roth leitete durch den diesjährigen Plantahof Bio-Tag, welcher der Rolle der Frau gewidmet war und vor einer Woche in Landquart stattfand. An diesem Anlass gehe es darum, die Leistung der Frauen sichtbar zu machen, ihnen eine Wertschätzung entgegenzubringen, und nicht, Geschlechter gegeneinander auszuspielen, betonte Ursula Babst Brunner, Vorstandsmitglied von Bio Grischun.
Die Biopionierin Maria Müller-Bigler
Zunächst richtete sich der Scheinwerfer auf die Anfänge der Biobewegung in der Schweiz: Diana Bach stellte die Biopionierin Maria Müller-Bigler (1894–1964) vor, über welche sie 2020 als Co-Autorin die Biografie «Die weiblichen Wurzeln des Bio-Landbaus» verfasst hat. Die Bäuerin führte zusammen mit ihrem Mann auf dem Möschberg im Emmental einen Bauernbetrieb und verhalf gleichzeitig dem biologischen Landbau zu seiner Verbreitung, indem sie junge Bäuerinnen unterrichtete. «Es ging Maria Müller-Bigler in allem, was sie tat, um eine gesunde Ernährung, die einen gesunden Boden voraussetzte, sowie um die Gleichberechtigung und Entlastung der Frauen», betonte Bach. Dabei zeichnete die Biopionierin auch ihr vernetztes, systemisches Denken und dessen konsequentes Umsetzen aus.
Die Bäuerin war die ideale Hausfrau
Einen Einblick in die Geschichte des letzten Jahrhunderts gab Elisabeth Bäschlin von der Universität Bern. Mit der Mechanisierung in den 50er- und 60er-Jahren habe es immer weniger Arbeitskräfte gebraucht, wodurch die Bäuerin zunehmend zur Hausfrau wurde.
Das bedeutete aber auch, dass dieser weder ein eigener Lohn, geregelte Arbeitszeiten, Freizeit noch soziale Sicherheit zukamen. «Die Bäuerin hatte ein prekäres Arbeitsverhältnis, obwohl sie eine gesellschaftlich äusserst relevante Arbeit ausübte», so Bäschlin. Zwar habe sich die soziale Absicherung laut Agridea in den letzten zehn Jahren deutlich verbessert, doch noch immer gebe es Lücken.
Dem Wachstumszwang entgegentreten
Das Landwirtschaftsgesetz von 1999, welches der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen mehr Gewicht verschaffte, sei eine Chance insbesondere für die Berggebiete, meinte Bäschlin. Zwar sei weiterhin viel Arbeitseinsatz nötig, doch es biete Bäuerinnen auch die Möglichkeit, vermehrt auf neue Betriebszweige, wie zum Beispiel den Agrotourismus, zu setzen. [IMG 2]
«Es ist wichtig, dass wir Bäuerinnen dem gängigen Wachstumszwang entgegentreten und für Alternativen eintreten», sagte Maria Vogt, ehemalige Obfrau von Via Campesina, der österreichischen Berg- und Kleinbauernvereinigung. In ihrem Referat setzte sich Vogt mit der Rolle der Frau im herrschenden Wirtschafts- und Agrarsystem auseinander.
Das heisse etwa, sich etwas zuzutrauen, Eigenmacht zu entwickeln, solidarisch zu handeln und mit der Begrenztheit natürlicher Ressourcen bewusst umzugehen.
Frauen wollen Gemeinschaften stärken
Zu der Tagung waren zudem vier Frauen aus verschiedenen Regionen der Schweiz eingeladen, die einen Biobetrieb führen. Eine davon ist Tina Siegenthaler vom Biohof Fondli im zürcherischen Dietikon. Ihr Betrieb ist solidarisch organisiert. Das heisst, alle, die auf dem Hof produzieren und vom Hof konsumieren, sind für die Lebensmittelherstellung gemeinsam verantwortlich. «Die Landwirtschaft ist keine Maschine, die immer produziert», sagte Siegenthaler. «Es geht vielmehr darum, ihre Zyklen zu berücksichtigen und die Beziehung zu Boden, Pflanzen, Tieren, Menschen und Maschinen aufzubauen.»
Kathrin Portmann, die mit ihrem Mann einen Hof im bernischen Trimstein führt, bemerkte: «Frauen sind bestrebt, Arbeits- und Lebensgemeinschaften zu stärken.» Betriebsleiterinnen riet sie unter anderem, eigene Betriebszweige zu führen, in Weiterbildung zu investieren, Töchter zu fördern und Ich-Inseln zu schaffen.
Auch engagiert im Klimaschutz
Kesang Bischoff führt gemeinsam mit ihrem Mann in Casaccia im Bergell einen Betrieb mit Mutterkühen, Ziegen und Alpschweinen. Zudem engagiert sie sich im Klimaschutz. «Es ist wichtig, sich mit Fachleuten auszutauschen und in Gruppen mitzuarbeiten», so die Bündnerin.
Zu Gast am Bio-Tag war auch Anne Challandes. Als Präsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands (SBLV) setzt sich die Neuenburger Biobäuerin und Juristin unter anderem für die soziale Sicherheit der Bäuerinnen ein. «Je mehr wir uns äussern, desto mehr werden wir gehört», betonte Challandes.