Kaltanbau liegt im Trend. Kaltanbau bedeutet, dass man beim Säen nicht auf milde Temperaturen wartet. «Etwa 90 Prozent aller Gemüsearten, die wir anbauen, säen wir im Winter oder im kalten Frühling», schreiben etwa Theres Lundén und Johannes Wätterbäck in der Neuerscheinung «Mit Kaltanbau zu grünen Wundern». Die beiden leben in Schweden, wo die Vegetationsperiode kürzer ist als bei uns, und die Winter kälter. Zu diesen Gewächsen gehören viele Kräuter, Kohlsorten, Blatt- und Wurzelgemüse, Mais, Zwiebelarten sowie Sommerblumen und Stauden.

«Einfach mal ausprobieren», rät auch Silvia Meister aus Fulenbach SO. Sie ist Fachfrau für naturnahen Garten- und Landschaftsbau und gibt unter anderem Kurse an der landwirtschaftlichen Schule Liebegg. «Und wenn nicht auf Anhieb alles gedeiht, hat es sich bei mir bewährt, zwei, drei Wochen später nochmals zu säen.»

Winterliche Gartenhelden

Der Vorteil des Kalt-Anbaus: Pflanzen, die in der Käte keimen, sind oft robuster als solche, die im Haus vorgezogen wurden. Sie bekommen von Anfang an genügend Licht und müssen nicht eingewöhnt und abgehärtet werden. Nicht zuletzt spart man so Energie und hat keine voll gestellten Fenstersimse und Tische – und man muss deutlich weniger giessen.

Für die Wintersaat von Gemüse nutzen Theres Lundén und Johannes Wätterbäck ein Kaltgewächshaus. Es geht auch ein Folientunnel oder ein Hoch- oder Holzrahmenbeet. «Praktisch ist ein Frühbeet-Deckel, den man am gewünschten Ort über die Anzuchtgefässe stellen kann», weiss Silvia Meister aus Erfahrung. Oder man nutzt ein lichtdurchlässiges Gartenvlies. Darunter bleibt die Feuchtigkeit erhalten, das Mikro-Klima ist besser und die Temperatur rund zwei Grad wärmer. Die Samen kommen in Töpfe oder Anzuchtschalen mit handelsüblicher Aussaaterde.

Zu für den Kaltanbau geeigneten Gemüsen gehören unter anderem Weiss-, Rot- und Spitzkohl, Wirsing, Blumenkohl, Brokkoli, Kohlrabi, Salat und Thymian. Silvia Meister experimentiert zudem jedes Jahr mit anderen Sorten, etwa Pastinaken, Gutem Heinrich oder Zuckerwurzel, einem alten Gemüse, dessen Samen schon im Dezember oder Januar in den Boden dürfen. «Die Pflanzen brauchen mehr Zeit, mindestens zwei Wochen», weiss sie. «Doch die Ernte darf sich sehen lassen.»

Sind die Pflänzchen zwei bis zehn Zentimeter hoch, pflanzen sie Theres Lundén und Johannes Wätterbäck in grössere Töpfe um. Zwischen April und Mitte Mai zügeln sie die Gewächse ins Gartenbeet.

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Direkt geht auch

Kann man auch direkt ins Freiland säen? «Erst ab Februar und wenn der Winter nicht so kalt ist», erklärt Silvia Meister. Dann besteht allerdings das Risiko, dass winzige Schnecken die Keimlinge fressen. Ein Schneckenzaun kann helfen. Für den Kaltanbau im nächsten Winter kann man versuchen, das Beet schon im Herbst möglichst schneckenfrei zu bekommen, da die Tiere dann ihre Eier legen. «Einfach die Erde mehrmals auflockern», sagt sie. «Oft holen sich dann Amseln die Eier.»

Für die Direktaussaat eignen sich unter anderem Dill, Erbsen, Haferwurzeln, Rüebli, Pak Choi Pastinaken, Peterli, Rucola, Schwarzwurzeln und Spinat. «Es geht nicht darum, dass sie schon bei Minusgraden keinem sollen, sondern sie sollen bereit sein, wenn der Frühling kommt», schreiben Lundén und Wätterbäck.

Liegt noch Schnee, schiebt man ihn für die Aussaat beiseite. Ist die Erde noch gefroren, verteilt man eine zwei bis fünf Zentimeter dicke Erdschicht darauf: Entweder Gartenerde von einem frostfreien Platz oder Erde aus einem Sack. Nach dem Säen etwa einen Zentimeter Erde über die Samen geben und eine Pflanzenetikette daneben stecken. Wieder mit dem Schnee bedecken.

Bei Silvia Meister haben sich Asia-Salate im Kaltanbau bewährt. «Ich stelle die Töpfe im Gewächshaus auf den Boden.» Auch der Winterportulak gedeiht gut, bei dem sowohl Blätter als auch Blüten essbar sind. Wichtig sei, dass man Samentüten wählt, auf denen «Frühsorte» oder «kälteverträglich» steht. «Ebenfalls wichtig ist, nach der Aussaat an das regelmässige Giessen zu denken, etwa alle zwei Wochen.»

Übrigens eignen sich nicht nur Gemüse und Kräuter für die Winteraussaat, sondern auch eine ganze Reihe von Blütenpflanzen. Dazu gehören Stauden wie Akelei, Funkien, Glockenblumen, Lampionblumen oder Sonnenhut. Aber auch einjährige Blumen wie Amarant, Kornblumen oder Kapuzinerkresse.

Gärtnern zu jeder Jahreszeit

Als Theres Lundén und Johannes Wätterbäck in Schweden ein verwildertes Stück Land zum Gärtnern übernahmen, hatten die beiden ein Ziel vor Augen: Sie wollten sich selbst versorgen, und zwar ohne beheizte Gewächshäuser, künstliche Beleuchtung oder platz- und energieintensive Vorzucht von Pflanzen im Haus.

Wie die Natur
Dafür ahmen die beiden die Natur nach. Das meiste, was sie anbauen, säen sie im Winter oder im kalten Frühjahr. Die Samen keimen dann, wenn sie dazu bereit sind. Auf diese Weise entstehen robuste und gesunde Pflanzen, die bestens an das Aussenklima gewöhnt und äusserst wachstumsfähig sind.

Aus 30 Jahren

«Mit Kaltanbau zu grünen Wundern» haben Theres Lundén und Johannes Wätterbäck ihr Wissen aus über 30 Jahren Gärtnern zusammengetragen. Im Buch finden sich Schritt-für-Schritt-Anleitungen, von der Vorbereitung des Bodens bis zum passenden Saatgut, sowie Planungshilfen und Tipps zu Aussaat, Anzucht, Ernte und Samenproduktion. pd/cvd

Theres Lundén und Johannes Wätterbäck: Mit Kaltanbau zu grünen Wundern, Verlag LV-Buch, 264 Seiten.