«Wenn ich als Landwirt etwas von meinem Landmaschinenmechaniker oder Händler möchte, der aber zuerst irgendeinen Manager in 200 km Entfernung um Erlaubnis fragen muss, dann war das mein letzter Besuch bei diesem Vertreter», sagt Nicolas Helmstetter, Bereichsleiter Frankreich/Swiss Future Farm bei der GVS Agrar AG.

Am vergangenen Mittwochabend hatte diese an ihrem Hauptsitz in Schaffhausen-Herblingen zum GVS-Stamm eingeladen. Das Motto des Abends, «Inside GVS», versprach Einblicke in das Tagesgeschäft.

Eine Fläche so gross wie die Schweiz

Besonders aufschlussreich war der Einblick ins Frankreich-Geschäft. Dieses erläuterte der aus dem Elsass stammende Nicolas Helmstetter und beschrieb die Ausgangslage der drei französischen GVS-Händler: Chevillard Agri bei Saint-Jean-de-Gonville, Garnier SAS bei Levier und Sarl Distagri in Maîche. Mit diesen drei Betrieben decke man ein Gebiet von rund 900 000 Hektaren landwirtschaftlicher Nutzfläche ab – und damit eine ähnlich grosse Fläche wie in der Schweiz. Die Landwirtschaft in dieser Region sei vor allem geprägt durch Milchwirtschaft für die Käseproduktion sowie durch Fleischproduktion – Betriebszweige, denen es in Frankreich derzeit gut gehe.

«Die Franzosen bevorzugen französische Produkte und kaufen gerade beim Käse, mit seinen mehreren Tausend Spezialitäten, französisch ein», sagte Helmstetter. Je nach Käsesorte seien die Produzenten zudem geografisch und betrieblich eingeschränkt. Das werde jedoch unterstützt, da so die Mengen begrenzt bleiben und gute Preise erzielt werden können.

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Franzosen erhalten 1 Euro 20 pro Liter Milch

«In der Region, in der der Beaufort-Käse – eine Spezialität – hergestellt wird, erhalten die Produzenten bis zu 1 Euro 20 Cents pro Liter», sagte Helmstetter. Dafür dürfen sie ihre Kühe wie beim Gruyère ausschliesslich mit Heu und Gras füttern, auch der Einsatz von Melkrobotern ist untersagt.

Im Gegensatz zu den französischen Ackerbauern, denen es laut Helmstetter finanziell deutlich schlechter geht, verfügen Milchproduzenten in Frankreich über Mittel, um in Maschinen und Traktoren zu investieren – auch in solche, die in der Schweiz gefertigt werden. «Die Franzosen bezahlen die gleichen Preise», betonte Helmstetter. Aufgrund anderer Rahmenbedingungen bevorzugten sie allerdings deutlich «abgespecktere» Maschinen. Wegen der grösseren Distanzen seien schnelle und leistungsstarke Traktoren sowie Ladewagen gefragt. Massnahmen zur Reduktion des Bodendrucks – etwa breite Bereifung, Reifendruckregelanlagen oder Zusatzausrüstungen wie Fronthydraulik – seien zweitrangig. Priorität habe die Achsstärke.

Einblick in den Markt gab GVS-Gschäftsführer Markus Angst. «Wir haben jeweils pro Jahr 100 Ladewagen und 100 Güllefässer in der Schweiz hergestellt und verkauft», sagte er. Seit 2024/2025 stagniere der Markt für Landtechnik jedoch allgemein. Gründe seien gestiegene Preise – seit 2012 sei Landtechnik um über 25 % teurer geworden – sowie unsichere Rahmenbedingungen: Krisen wie der Krieg in der Ukraine, im Nahen Osten oder die sprunghafte Politik der USA. «Der Umsatz bleibt gleich, aber die Stückzahlen nehmen ab», fasst Angst zusammen.

Ist das Fahrzeug elektrisch, wird der Preis zweitrangig

Auch der Fachkräftemangel und die zunehmende Spezialisierung in der Branche zählt Markus Angst zu den Herausforderungen, bei denen Handlungsbedarf besteht. Es gebe aber auch Chancen, betonte er. «Unser Vertriebsnetz wächst auch deshalb, weil wir häufig von Landtechnikbetrieben angefragt werden, ob wir ihre Firma mangels Nachfolger übernehmen wollen», sagt Angst. Landmaschinenmechaniker müssten heute neben Mechanik auch immer häufiger elektronische Komponenten wie Akkus reparieren können. 

Das verlange kontinuierliche Weiterbildung und es koste, so Angst. Der Aufwand lohne sich jedoch: «Wenn du bei einer Ausschreibung im Kanton Zürich ein Fahrzeug elektrisch anbieten kannst, hast du eigentlich schon gewonnen», sagt er. Der Preis spiele dann meist nur noch eine untergeordnete Rolle.

Von den 1600 jährlich in der Schweiz verkauften Traktoren entfallen 600 auf GVS mit den Marken Fendt, Massey-Ferguson und Valtra. «Trotz des Schweizer Marktanteils von über 30 % sind wir für die Grossen nur ein kleiner Fisch», sagt Angst und zieht den Vergleich zum europäischen Markt, auf dem jährlich 160 000 Traktoren verkauft werden – 30 000 davon in Frankreich. Auch deshalb sei der französische Markt so interessant.

Hier unterscheidet sich GVS laut Angst und Helmstetter von der Konkurrenz durch dezentrale Strukturen – mit einem weiteren Vorteil: «Ab 50 Mitarbeitenden im Betrieb musst du laut französischem Arbeitsgesetz jemanden für die Gewerkschaft anstellen», sagt Angst. Die französischen Landwirte schätzten zudem, dass GVS ihnen auf Augenhöhe begegne. Ganz im Sinne des Mottos «Mit Kompetenz, Kundennähe und Authentizität».