Längst reicht das Wasserspeichervermögen des Bodens vielerorts nicht mehr aus, um die Kulturen mit genügend Wasser zu versorgen. Auch auf dem Hungerbühl in Pfyn ist das der Fall. Dort bewirtschaften die Familien Mengelt und Braun je einen benachbarten Biobetrieb.
Wassermangel ist auf dem Hungerbühl ein Dauerzustand. «Unsere Böden bestehen aus einer dünnen Humusschicht, gefolgt von sandigem Lehm, wo das Wasser rasch abfliesst», sagt Andreas Braun. Dazu kommt eine Niederschlagsmenge von nur rund 900 mm pro Jahr. Auch sind Brauns Flächen alle gegen Süden exponiert.
Kein Trinkwasser ab Hydrant
Als die Gemeinde vor Jahren den Bezug von Trinkwasser ab Hydrant zum Bewässern verbot, beschlossen Rolf Mengelt und Andreas Braun, ein Bewässerungsprojekt auf die Beine zu stellen. Sie trommelten die Nachbarn zusammen und diskutierten ihre Ideen. Niemand wollte sich beteiligten. Alle scheuten den Aufwand und die Kosten. «Aber für uns ging es um alles oder nichts», sagte Braun. Wolle man am Hungerbühl die Landwirtschaft mit Acker- und Gemüsebau aufrechterhalten, brauche es Bewässerung. 2021 gründeten die beiden eine einfache Gesellschaft und reichten ein Vorprojekt beim Kanton ein.
Der Weg durch die Instanzen dauerte vier Jahre. Braun und Mengelt mussten ihr Dossier nicht nur den Amtsstellen in Frauenfeld und der Gemeinde Pfyn einreichen, sondern auch in Müllheim, weil von dort das Grundwasser herkommt. «Jede Stelle hält sich an andere Fristen», so Braun. Während bei den einen das Gesuch sofort behandelt worden sei, habe es bei der anderen Gemeinde ein halbes Jahr gedauert, bis das Dossier überhaupt in die Hand genommen wurde. Auch für die Erlangung der Konzession zur Grundwassernutzung und den benötigten Wasserweitergabevertrag seien mehrere Anläufe nötig gewesen.
«Wir kamen uns vor, als wären wir die ersten, die eine Grundwasserfassung gemeinsam nutzen wollten», fügt Braun an. Hinzu kam, dass die EKT Energie AG in die gleiche Durchleitung ebenfalls ihre Stromleitungen verlegen wollte. Dadurch musste der Graben aber einige Meter weiter vom Waldrand entfernt gemacht werden, was wiederum Plan- und Bewilligungsänderungen mit sich brachte. Aufwand ergab sich zudem durch die 16 Dienstleistungsverträge, die für die Durchleitungen und gegenseitigen Wasserrechte im Grundbuch eingetragen werden mussten.
In Betrieb genommen
Im Frühjahr 2025 konnten sie ihre Bewässerungsinfrastruktur schliesslich in Betrieb nehmen. Sie besteht aus einer Zuleitung von einer Grundwasserbohrung, die sich 1,2 km entfernt auf der Obstanlage von Beat Beerli befindet. Das Wasser wird 80 Höhenmeter hochgepumpt und füllt das 600 m3 fassende Wassersilo auf dem Betrieb Mengelt. Von dort wird Wasser mithilfe von zehn Hydranten und Rollomaten auf die Felder geleitet.
«Alle Felder liegen unterhalb des Silos, sodass der Energieaufwand gering ist», erklärt Braun. Insgesamt können sie nun 30 ha ihres Kulturlandes bewässern. Die Pumpe im Pumpenhäuschen können sie mit dem Handy steuern. «Aber es hat noch Platz für zwei weitere Pumpen, sofern sich jetzt doch noch Nachbarn beteiligen wollen», sagt Braun. Die Konzessionsdauer beträgt 20 Jahre.
54 Prozent von Bund und Kanton
Die Gesamtkosten für die Bewässerungsinfrastruktur beziffern Mengelt und Braun auf Fr. 400 000.-. 54 % steuerten Bund und Kanton im Rahmen der Strukturverbesserungen bei. Zum langen Bewilligungsverfahren meint Ueli Heeb, Leiter Boden- und Pachtrecht und Strukturverbesserungen Thurgau: «In der Regel dauert der Bewilligungsprozess nicht so lange.» Er spricht von anderthalb bis zwei Jahren im Normalfall. Er macht darauf aufmerksam, dass nur gemeinschaftliche Projekte, die bewässerungsbedürftig und -würdig sind, unterstützt werden. «Auch müssen die Projekte machbar und effizient sein», betont Heeb.
Ressourcenprojekt übernimmt
Neben den Strukturverbesserungsbeiträgen eröffnet sich für die Thurgauer Bauern durch das kürzlich gestartete Ressourcenprojekt «Intergrales Wassermanagement Thurgau» eine weitere Finanzierungsmöglichkeit. «Bei Wasserspeichern übernehmen wir 54 % der Installationskosten und 80 % der Planungskosten», erklärt Projektleiter Rainer Messmer. Das Ressourcenprojekt startete dieses Jahr mit wenigen Pilotetrieben. In den Folgejahren soll die Anzahl Projektbetriebe auf über vierzig steigen. Ziel ist, die Nutzungseffizienz von Wasser zu verbessern, und zwar auf Stufe Region, Betrieb und Parzelle.
Für die Beteiligung im Projekt erhalten die Betriebe einen Grundbeitrag. Damit wird der Aufwand für die Entwicklung eines betrieblichen Wassermanagements und für Aufzeichnungen punkto Wasserbedarf abgegolten. Verbessert der Landwirt auf einer Parzelle den Wasserhaushalt zudem durch Strukturelemente, Keylines oder anbautechnische Massnahmen wie Zwischenbegrünungen, wird dies in einem Punktsystem erfasst und je nach Anzahl Punkten mit einem Flächenbeitrag belohnt.
Speicherbecken für 8000 m3
Die Teilnehmer(innen) der Flurbegehung begaben sich auch nach Herdern zum Speicherbecken von Pascal Schiess. Der Landwirt erinnert sich ungern an den trockenen Sommer 2018 zurück. «Alle Hydranten waren abgestellt und wir mussten Wasser zum Bewässern aus Grundwassser und dem Bodensee zuführen», erzählte er. Schiess wollte unabhängig sein. Anders als bei den Betrieben Braun und Mengelt lief es bei ihm mit der Bewilligung rund. «Ich habe die Vertreter von allen Ämtern eingeladen und präsentierte ihnen drei Standorte mit allen Vor- und Nachteilen», erzählte er. Wichtig sei es dem Amt für Raumentwicklung gewesen, dass man das Speicherbecken vom Schloss Herdern aus nicht sehe und dass er einen Amphibienteich anlege.
Bewilligung ohne Probleme
2020 machte Schiess die Baueingabe und seit 2021 steht sein Speicherbecken. Es ist 7 m tief, Länge und Breite betragen 50 auf 30 m. Die 8000 m3 Wasser reichen, um etwa 10 ha zu bewässern. Gekostet hat das Becken Fr. 100 000, rund 26 000 Franken allein für die Folie zur Teichabdichtung. Auch hat er nun eine Konzession, um aus dem nahegelegenen Bach Wasser zu beziehen, wenn dieser viel Wasser führt. Das Handling der Pumpe und die Bewässerung funktionieren via Handy. Eine grosse Erleichterung für Pascal Schiess, denn sein Stammbetrieb befindet sich in Homburg.
Standortevaluation
Michael Mannale vom Arenenberg ergänzte die Ausführungen. «Pascal konnte sein Speicherbecken in der Landschaftsschutzzone des Seebachtals bauen. Das Amt für Umwelt hat das unterstützt», sagte er. Das sei in anderen Kantonen kaum möglich. Wichtig sei, die Standortevaluation nicht den Ämtern zu überlassen, sondern, wie Pascal Schiess, Varianten selbst zu präsentieren. Der Aushub solle nicht weggeführt, sondern für den Damm gebraucht werden – allenfalls benötige man ihn für den Rückbau. Seine Tipps für einen Bewässerungsteich hat Mannale in einer Checkliste zusammengefasst, die man auf der Homepage des Arenenbergs abrufen kann.
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Mit Sonden bewässern
«Der wichtigste Wasserspeicher überhaupt ist der Boden», sagte Andreas Keiser, Dozent für Ackerbau und Pflanzenzüchtung an der HAFL und Präsident des Forums «Nachhaltiges Wassermanagement». Die Flurbegehung Wassermanagement hatte er zusammen mit dem Arenenberg organisiert.
Sacha Torro und Gabriel Dessiex von der BFH-HAFL haben in Pascal Schiess’ Kartoffelacker ein Bodenprofil gegraben und Bodenfeuchtesensoren installiert. Rund 280 solcher Sensoren vom Genfer- bis zum Bodensee sind auf bewaesserungsnetz.ch aufgeführt. Bei jeder Station sieht man eine Grafik mit der Feldkapazität und der Bewässerungsschwelle. Das Ziel solcher Sonden ist, gezielt zu bewässern – nicht einfach nach Gefühl, sondern zum optimalen Zeitpunkt. So kann man Wasser effizient nutzen. «Nutzen Sie den Boden als Wasserspeicher», sagte Dessiex. Eine gute durchlässige Krümelstruktur infiltriere Wasser und lasse es nicht oberflächig abfliessen. Eine tiefe Durchwurzelung vergrössere das Wasserspeichervermögen. «Je mehr der Boden bedeckt ist – und sei es auch nur mit Mulch –, desto besser dringt das Wasser in den Boden ein.»
Torro zeigte im Bodenprofil die Bedeutung des Bodens als Wasserspeicher. Die Wurzeln der Kartoffeln reichten nur bis 30 cm, darunter war der Boden verdichtet. Dies entspricht ca. 30 ml Wasser leicht pflanzenverfügbarem Wasser, also rund 30 l pro Quadratmeter. Kartoffeln brauchen in vollem Wachstum und bei warmen Temperaturen ca. 5 l Wasser pro Tag. «Also können Sie davon ausgehen, dass der Wasservorrat im Boden sechs bis sieben Tage reichen wird», sagte Torro. Könnten die Wurzeln bis in 50 oder gar 60 cm Tiefe wachsen, wären der Wasservorrat und das Speichervermögen bei Niederschlägen deutlich grösser.