Viele Händler und Anbieter von Geräten, aber erstaunlicherweise nicht sehr viele Landwirte nahmen an der Fachtagung am LZ Liebegg zum Thema Elektromobilität in der Landwirtschaft teil. Mit ein Grund für die Vorbehalte könnten die noch deutlich höheren Anschaffungskosten solcher Geräte gegenüber herkömmlichen mit Verbrennungsmotor sein. Auch begrenzte Verfügbarkeit, offene Fragen zur Nutzungsdauer der Akkus, die Ladezeit oder begrenzte Reichweiten und Leistung nannte Patrick Burren vom LZ Liebegg als mögliche Nachteile von Elektrofahrzeugen. Dem gegenüber stehen Vorteile wie Nutzung und Speicherung des selber produzierten Stromes auf dem Bauernhof, Ressourcenschonung, effizientere Energienutzung und geringere Abhängigkeit von fossilen Energien.

Traktoren als Speicher

Grundsätzlich waren sich Referenten, Berater und die anwesenden Praktiker einig: Elektrisch betriebene Geräte werden künftig auf Bauernhöfen eine dominierende Stellung einnehmen. Und die technische Entwicklung verlaufe stürmisch.

Sepp Knüsel aus Küssnacht bedauert, dass die Chancen und vielen Vorteile von den Landwirten noch zu wenig wahrgenommen würden. Der noch als Senior-Entwickler der gleichnamigen Landtechnikfirma aus Küssnacht am Rigi tätige Pionier – auch im Bereich Elektrotraktoren – ist überzeugt vom grossen Potenzial der Elektromobilität in der Landwirtschaft. Die Wirtschaftlichkeit sei vor allem gegeben auf Betrieben mit eigenen Solaranlagen.

Es werde die Zeit kommen, wo der viele Solarstrom kaum mehr ins Netz eingespeist werden könne oder wenn, dann zu sehr tiefen Preisen. Umso interessanter sei es, wenn der eigene Strom selber genutzt werden könne. Solarstrom falle genau dann an, wenn der Bedarf auf den Betrieben hoch sei. Und auch die Speicherung in der Nacht mache Sinn, zumal ja Traktoren nicht ständig im Einsatz stehen. «Das sind fahrbare Speicher», meinte Knüsel.

Potenzial auf Grünlandbetrieben

Bidirektionales Laden sei dabei ein Muss und werde wohl künftig zum Standard. Es gelte, den Hof entsprechend einzurichten. Neben dem Speicher im Traktor auch mit einem entsprechenden Lademanagement. Das heisst, dass der Traktor nur dann geladen wird, wenn die Solarenergie nicht anderweitig auf dem Betrieb benötigt wird. Knüsel sieht noch grossen Handlungsbedarf in der Weiterentwicklung der Traktoren, «denn die Batterieentwicklung macht die Autoindustrie.» In wenigen Jahren werde die Leistungsdichte in Batterien viel höher sein, dann würden Geräte immer interessanter, wenn damit den ganzen Tag ohne Nachladung gearbeitet werden könne.

Praktische Anwendung der Elektromobilität sieht Knüsel vor allem in der Gras- und Milchwirtschaft, wo Milch zu kühlen ist und Melkroboter und Fütterungssysteme im Einsatz sind. Für grosse Maschinen für den Ackerbau sei die Entwicklung aber noch nicht so weit.

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Wartungsarmer Traktor

Die Firma Rigitrac setzt selber auf die Entwicklung von Elektro-Traktoren. Vom kleinen Rigitrac Electric wurde bisher die erste Serie verkauft, vor allem für den Kommunalbereich, erklärte Tochter Therese Beutler-Knüsel, Geschäftsführerin der Sepp Knüsel AG und der Rigitrac Traktorenbau AG. Allein dieses Jahr sei eine Produktion von 20 Stück der E-Trac geplant, und sie rechnet mit steigender Nachfrage. Das aktuelle Modell sei auch für Obst- und Weinbaubetriebe geeignet, für einen klassischen Landwirtschaftsbetrieb aber zu klein.

Noch nie hätten sie ein Landwirtschaftsfahrzeug vertrieben, das so wartungsarm sei wie der E-Traktor. Auch sie sei überzeugt von der Zukunft der Elektromobilität. «100 Jahre haben wir auf Verbrennungsmotoren gesetzt, nun gilt es, umzudenken, denn wir sind im Elektrozeitalter angekommen.»

Kaum Unterhaltskosten

Roger Stirnimann, Dozent Agrartechnik an der HAFL in Zollikofen ging auf die verschiedenen Antriebstechniken bei Elektrofahrzeugen ein. Derzeit würden sich batterieelektrische Fahrzeuge in der Landwirtschaft vor allem für kleinere Maschinen mit geringem Leistungsbedarf eignen, welche in Hofnähe eingesetzt werden und bei welchen genug Zeit zum Zwischenladen vorhanden sei. Das seien Hoflader, kleinere Traktoren oder Motormäher.

Die Wirtschaftlichkeit von Elektrofahrzeugen beleuchtete Alain Bütler von Agroscope. Die fixen Kosten seien deutlich höher, so kosten elektrische Hoflader beispielsweise rund 40 Prozent mehr als herkömmliche. Bezüglich der variablen Kosten, also Betriebs-, Unterhalts- und Reparaturkosten, brauche es noch mehr Erfahrungswerte, so bezüglich der Lebensdauer der Batteriepakete und des effektiven Wartungsaufwandes in der Praxis.

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Elektrische Futtermischwagen

Roger Zulliger von der gleichnamigen Agro-Tech-Firma aus Hüswil stellte elektrisch betriebene Futtermischwagen von Strautmann vor und verglich Leistung und Kosten mit herkömmlich vom Traktor angetriebenen. Der Verti-Mix-eDrive ist mit einem 60-m-Kabel ausgerüstet, während der eVerti-Feed mit einem 40-kW-Akku ausgestattet ist. Das reiche für 10 t gemischtes Futter, so müsse nur alle paar Tage nachgeladen werden.

Als Basis für den Vergleich diente ein Beispielbetrieb mit 40 Milchkühen, 2 t Futterbedarf pro Tag, einem Mischwagen von 10 m3 und einer Mischzeit von einer halben Stunde. Die Praxis zeige, dass die Bauern meist einen separaten Traktor für den Mischwagen verwenden, sodass für den Kostenvergleich ein Occasionstraktor gerechnet wurde. Bei den Kosten pro Jahr schloss der mit Kabel ausgestattete Verti-Mix-eDrive mit Abstand am günstigsten ab. Der Traktor betriebene Mischwagen und jener mit Akku ausgestattete schnitten gleich ab, wobei die höheren Abschreibungen beim Akku-Modell den deutlich höheren Treibstoff- und Unterhaltskosten beim herkömmlichen System gegenüberstehen.

Fokus Innenwirtschaft

Hansjörg Furter, Maschinenlehrer an der Liebegg, zog eine positive Bilanz zur Tagung. «Wir wollten aufzeigen, was auf dem Markt schon alles verfügbar ist im Bereich Elektromobilität.» Neben Hofladern, Motormähern und Traktoren für den Aussenbereich sei der Fokus vor allem auf den Innenbereich gelegt worden. So konkret auf die Fütterungstechnik mit Mischwagen. «Die Fütterung kann mit elektrischem Antrieb vereinfacht werden und ist kostengünstiger, vor allem wenn eigener Strom verwendet werden kann.» Begeistert von der Elektromobilität ist Hugo Landolt, ehemaliger Maschinenlehrer an der Landwirtschaftsschule Pfäffikon. Vor allem die Nutzung von eigenem Solarstrom für die Elektrogeräte findet er ideal.