Dort, wo gehobelt wird, fallen Späne, und dort, wo gemolken wird, fallen Servicearbeiten an. Aus diesem Grund bietet das Melkforum am Inforama Rütti in Zollikofen BE seit August 2023 Aus- und Weiterbildungen für Service- und Kältetechniker(innen) an. Weil die Technik innerhalb der Milchwirtschaft stets fortschreitet und wissensintensiver wird, muss auch die Ausbildung schritthalten. 360 Melktechnikerinnen und Melktechniker sind jeden Tag für Service, Reparatur und Unterhalt im Einsatz – rund 800 Fachpersonen gehen beim Melkforum jährlich ein und aus.

Beim Besuch der BauernZeitung war gerade eine Kältetechnik-Weiterbildung für die Fachbewilligung von Servicetechnikern im Gange. Diese wurde in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Verband für Kältetechnik realisiert. Fokus am entsprechenden Kurstag waren die Grundlagen zu Ökologie und Toxikologie.

Direkt bei den Fachleuten

Zoe Tanner (19), ausgebildete Servicetechnikerin bei der Silvan Tester GmbH in Hägendorf SO, ist zufrieden mit dem Kurs: «Heute Morgen haben wir angeschaut, wie das Kältemittel richtig absaugt werden muss, damit es nicht in die Umwelt gelangt. Mir bringt das viel. Man ist in einem geschützten Rahmen und kann bei Personen nachfragen, das die Materie wirklich versteht», so die junge Technikerin. Steuerungsfehler sind häufige Mängel, denen sie in ihrer Tätigkeit begegnet, manchmal behebt sie auch Störungen des Wäscherei-Systems. Sie beschreibt den Job als sehr vielfältig, am liebsten arbeitet sie an Rohrmelkanlagen, «die sind simpel und einfach», so die Baselländerin.[IMG 3]

Grundausbildung und neue Technologien

Auch Michael Portmann (24) profitiert vom Melkforum. Er arbeitet bei der Bossert Hoftechnik AG in Willisau LU: «Der Kurs bietet eine gute Möglichkeit, um zu sehen, was man als Servicetechniker optimieren kann.» Durch die Weiterbildung als Kältechniker will er sein Fachwissen im Bereich Melktechnik, Kühltanks und Kühltechnik allgemein ausbauen und auch die entsprechenden Reparaturen selber vornehmen können.

Alle drei Jahre müssen die Techniker eine Weiterbildung absolvieren. Das schreibt die kürzlich unterzeichnete Branchenvereinbarung vor. Unter dem Patronat des Schweizerischen Landmaschinenverbandes wurde dieser 2023 neu ausgearbeitet und von allen Akteuren unterzeichnet. Der andere Bestandteil des Melkforums ist die Grundausbildung von Servicetechniker(innen). Die Servicetechniker nehmen beispielsweise Kälteleistungs-Berechnungen vor, wie das Kühlsystem nach einem Umbau von einer Rohrmelkanlage auf einen Roboter anzupassen ist. Ein anderer Bestandteil der Kältetechnik-Weiterbildung ist der Einsatz von neuen, FCKW-freien Kältemitteln. An den mobilen Milchtanks vor Ort können die Fachpersonen direkt mit der Materie arbeiten.[IMG 2]

Die Anforderungen steigen

Am Schnittpunkt zwischen Kühlsystem und Milchqualität sitzt Bernhard Schmutz. Er ist Käserei- und Milchproduzentenberater bei Casei und ebenfalls am Melkforum angegliedert. Ein Schwerpunkt von Casei, der milchwirtschaftlichen Beratungsplattform, ist unter anderem die Beratung von gewerblichen Käsereien, die AOP-Käse produzieren.

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«Es gibt immer mehr Milchproduzenten, die ihre Milch nur einmal täglich abliefern. Somit steigt auch die Anforderung an die korrekte Kühlung und an die bakteriologischen Eigenschaften der Milch», so der Berner. Der Käsereiberater weiss, warum diese Ausbildung an Wichtigkeit gewinnt: «Milch kann auch zu stark gekühlt werden.» Wenn das Kühlsystem nicht auf das Melksystem passe, würden sehr schnell grosse Schäden entstehen, so Schmutz.

Zu stark gekühlte Milch kann ranzig riechen

Der Fachmann geht genauer darauf ein: Milch setzt sich zu rund 87 % aus Wasser zusammen. Wird sie zu stark gekühlt und/oder zu stark gerührt, besteht die Gefahr einer Fettschädigung. Dabei wird das Fett brüchig. Dies vermindert die Milchqualität und hat auch negative Auswirkungen auf die Schmackhaftigkeit des Lebensmittels.

Zu stark gekühlte Milch kann aufgrund der beschädigten Fettkügelchen ranzig riechen. Und die ebenfalls veränderten Casein-Mizellen, bestehend aus komplexen Eiweiss- und Mineralstoffverbindungen, verändern damit den pH-Wert der Milch. «Zu stark gekühlte Milch weist physikalische Eigenschaften auf, die man sonst in euterkranker Milch vorfindet», erklärt Bernhard Schmutz. Dies wiederum beeinträchtige die Verkäsbarkeit der Milch.

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Es wird genau hingeschaut

Die beliebteste Weiterbildung am Melkforum ist der Kurs zur Käsereimilch und den damit verbundenen Anforderungen. In Zusammenarbeit mit Casei, Agroscope und der Brache werden den Fachpersonen die Auswirkungen von schlechter Milchqualität aufgezeigt. Die Melktechnikerinnen und -techniker haben die Wahl aus einer Vielzahl von Kursen am Melkforum. Der Bereich der Kältetechnik ist besonders wichtig, weil es in der Klimabranche an Fachkräften mangelt.

Die Servicetechniker stehen unter Druck. Das weiss Bernhard Schmutz. Deshalb ist er erleichtert, dass die Fachpersonen am Melkforum eine angepasste Ausbildung geniessen können. Weil am Schluss und vor allem bei einer Milchqualitätskontrolle der Milchproduzent oder die Milchproduzentin die Verantwortung für das Endprodukt trägt, profitieren letztlich die Bauern davon, dass die Servicetechniker die bestmögliche Ausbildung auf den Betrieb bringen.

Bauern sind willkommen

Interessierte Milchproduzenten und Besuchergruppen dürfen auf Anfrage das Melkforum am Inforama Rütti besuchen. Der Leiter betont aber, dass sie die bestehenden Dienste und Beratungsstellen nicht konkurrenzieren möchten: «Wir sind neutral und wollen nicht zu einer Beratungsstelle mutieren. Aber wer die verschiedenen Anbieter einmal sehen und ausprobieren will, ist willkommen», so Andreas Niederhäuser von der HAFL.

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