Marius Frei (45) ist schweizweit als Mister Farmdroid bekannt. Dieser Droide sät und hackt autonom Felder mit Zuckerrüben, Zwiebeln, Raps und auch Kräuterfelder. Seit 2020 hat er sieben dieser Agrarroboter importiert und schweizweit an grosse Biobetriebe verkauft.
Hof auf dem Lenzberg
Seine Firma heisst Lenzberg Precision Farming mit Sitz in Warth. Lenzberg heisst auch sein Hof, auch wenn von einem Berg kaum die Rede sein kann, denn er liegt nur knapp zwanzig Höhenmeter oberhalb der Kartause Ittingen. Was als Erstes auffällt, ist das grosse, herrschaftliche Haus, das zum Wahrzeichen für Freis Firma geworden ist. «Hier wohne ich mit meiner Familie», erklärt Marius Frei. Die zweite Wohnung sei vermietet, und als dritte Partie habe sich bis Ende September eine Kita eingemietet.[IMG 2]
Atomlobby sei Dank
«Haus und Hof verdanken wir eigentlich der Atomlobby», erzählt Frei. Sein Vater, der vor anderthalb Jahren verstorben ist, hatte einen Bauernbetrieb in Leibstadt. Als in den 70er-Jahren das Atomkraftwerk gebaut wurde, musste er sich nach einer anderen Bleibe umsehen. Fündig wurde die Familie Frei in Warth TG, wo sie 1969 mit Sack und Pack hinzogen. Marius Frei wuchs mit zwei älteren Brüdern und einer jüngeren Schwester auf und lernte Landwirt. Er absolvierte als erster Jahrgang die Ausbildung zum Agrotechniker am Strickhof und arbeitete in Frankreich.
Hineingewachsen in die RTK-Technologie
Acht Jahre war er für die Firma Matra/Robert Aebi Landtechnik AG tätig, die John-Deere-Traktoren vertreibt, die schon damals Lenksysteme vermarkteten. Höhepunkt seiner beruflichen Laufbahn war, als er 2008 für die Firma Leica Geosystems in Brisbane Australien bei der Entwicklung der GPS-Satellitennavigation (RTK) mithelfen konnte. «So wuchs ich in diese RTK-Technologie und Automatisierungsprozesse hinein», sagt er.
Hofübernahme und Geschäftsgründung
Die Hofübernahme erfolgte 2009. Dabei wechselte Frei von der Milchwirtschaft zur Weiderindhaltung. «Das hat meinen Vater, der ein begeisterter Züchter war, geschmerzt. Als die Kühe verladen wurden, ging quasi ein Teil von seinem Lebenswerk weg», erinnert sich Frei.
Immer noch von der RTK-Technologie gefesselt, gründete er kurz darauf eine Einzelfirma und begann mit dem Vertrieb der Leica-RTK-Systeme. «Es fasziniert mich immer wieder aufs Neue, wie ein Roboter ‹vom Himmel her› unten am Boden so genau arbeiten kann», erzählt er.
Neue Partnerschaft mit Raven
Da auch andere Landtechnikunternehmen das Potenzial erkannten, machten sie ihm Leica abspenstig. «Das war nicht zu meinem Schaden, denn Leica gab bald darauf dieses Geschäftsfeld auf, und ich hatte inzwischen mit der holländischen Firma Raven einen neuen Partner gefunden», so Frei. Für Raven importiert er RTK-Systeme, mit denen man alle Traktorenmarken ausrüsten kann.
Seit 2020 importiert Frei den Farmdroid
[IMG 3]Sein zweites Standbein ist der Farmdroid, auf den er 2019 an der Agritechnica aufmerksam wurde und Kontakte zum dänischen Hersteller Farmdroid knüpfte. Auch Landwirt Daniel Vetterli aus Rheinklingen und die Zucker AG waren daran interessiert. «Wir setzten uns zusammen, und ich bekam den Part für den Import», erinnert sich Frei.
«Der Farmdroid ist meiner Ansicht nach der einzige marktreife und autonome Roboter, der in der Schweiz voll funktionsfähig im Einsatz ist», sagt Frei. Es lohnt sich aber erst ab einer bestimmten Rüben- oder Zwiebelfläche. Auch lässt sich die Handarbeit nicht vollständig ersetzen. Gegenüber der herkömmlichen Jätarbeit braucht es 25 bis 50 Prozent Arbeitsstunden, um die vom Roboter nicht erfassten Unkräuter herauszureissen.
Bald spritzt der Droide
«Für Konventionell bringt der Farmdroid im nächsten Jahr Mehrnutzen», kündigt Frei an. Auf verstärktes Nachfragen von ihm und von engagierten Landwirten, entwickelte die HAFL ein Spot-Spraying-System, das auf den Farmdroid aufgebaut wird. Dieses spritzt das Pflanzenschutzmittel rund um die Rübe, dort, wo der Roboter nicht hinkommt. Dadurch lasse sich die Herbizidmenge um 90 bis 95 Prozent reduzieren. Handarbeit fürs Jäten fällt vollständig weg.
Ab sieben Hektaren
«Bei mir auf dem Betrieb habe ich einen Vorserientyp im Einsatz, und auf nächstes Jahr gibt es diesen neu ausgerüsteten Farmdroid auch ab Werk», freut sich Marius Frei. Der Preis dafür steht noch nicht fest. Er schätzt, dass sich die Anschaffung ab 7 ha Rübenfläche lohnen kann. «Es müssen sich halt zwei oder drei Betriebe zusammentun.» Wichtig sei, dass die Standorte nahe beieinander lägen und man die gleiche Basisstation nutzen könne.
Befürchtet Frei nicht, dass sich andere Agrartechnikfirmen sein Importgeschäft unter den Nagel reissen, wie damals, als er Leica abgeben musste? «Zusammenschlüsse kommen und gehen», sagt Frei dazu, und weiter: «Ich habe einen guten Kundenstamm, wo auch Freundschaften entstanden sind, und unterhalte langjährige Beziehungen zu den Herstellern.» Sich darüber Sorgen zu machen, bringe nichts.
Familie, Bauerngemeinschaft im Dorf und Weinclub
Sicherheit und Zuversicht geben ihm seine Familie, sein Umfeld und sein Hof. «Meine Geschwister sind oft hier und helfen aus. Und meine Mutter kümmert sich um unsere Enkelkinder. Wir haben zudem in Warth eine tolle Bauerngemeinschaft», sagt er.
Wenn es ihm an Gesellschaft mangelt, ist da noch der 4 a grosse Weinberg, den er mit acht Kollegen in Form eines Weinclubs bewirtschaftet. «Sie kommen nicht aus dem Agrarbereich, und ich bringe ihnen die Landwirtschaft näher», sagt Marius Frei. Die Diskussion um den Einsatz des Fadenmähers statt Glyphosat ist vom Tisch. «Die Jungs mähen mit dem Fadenmäher zwischen den Reihen und verzichten auf Glyphosat. Als ich nach dem Mähen sagte, in sechs Wochen wieder, gab es lange Gesichter», erzählt er verschmitzt.
Warum nicht biologisch?
[IMG 4] Apropos Landwirtschaft, warum ist der Lenzberg kein Biobetrieb, wo doch viele seiner Kunden Biobauern sind? Um Bio mit derselben Fruchtfolge zu produzieren, sei ein deutlich höherer Zeitaufwand nötig und das komme für ihn nicht infrage.
«Familie und Hobbys würden zu stark darunter leiden», sagt Frei. Für ihn sei zurzeit die Produktion nach IP-Suisse-Richtlinien der beste Weg.
Hof Lenzberg
Name: Sibille und Marius Frei
Ort: Warth TG
LN: 43 ha
Kulturen: Kartoffeln, Zuckerrüben, Mais, Weizen, Erbsen und Bohnen sowie Futterbau
Viehbestand: 100 Weiderinder
