Hinter seinem Haus in Langnau BE hat Robert Hofer neben einem Regenfass ein mit Sand gefülltes Fass stehen, seine «Sandbatterie». «Ich habe diese Idee bei einem Unternehmen aus Finnland gesehen», erklärt der pensionierte IT-Unternehmer. Das Prinzip erschien ihm so einfach, dass selbst er einen Prototyp bauen konnte. «Und das bedeutet, es muss sehr einfach sein», meint er, der sich beruflich zwar nicht mit Heizungen, in seiner Freizeit aber stark mit Energiethemen beschäftigt hat.

Ohne anspruchsvolle Technik

Das Resultat seiner Arbeit – und viel Nachdenken in schlaflosen Nächten – besteht aus einfachen Komponenten und speichert die Solarenergie von acht Panels auf dem Dach als Wärme. «Ich habe ein altes Ölfass mit 200 Liter Sand gefüllt», erklärt er den Aufbau. Im Innern verlaufen in drei Hohlziegeln 20 Meter Widerstandsdraht, das Herzstück des Wärmespeichers. «Der Solarstrom fliesst ohne Wechselrichter in die Heizdrähte», so Robert Hofer.[IMG 2]

Das Ganze komme komplett ohne anspruchsvolle Technik aus, betont er. Das mache den Sandspeicher nicht nur einfach zu bauen, sondern auch weniger störungsanfällig und es müssten keine Teile ersetzt werden, weil sie an ihr Lebensende kommen. Rund um das Sandfass sind 20 Meter Edelmetall-Wellrohr gewickelt, durch das sein Brauchwasser strömt, bevor es in den Elektroboiler fliesst. Glaswolle und Alufolie isolieren den Speicher nach aussen. «Das ist nur ein Prototyp, zum Ausprobieren – und es funktioniert», freut sich der Langnauer. «Das muss natürlich grösser gebaut werden. Aber es ist Physik, und nicht Schwurbelei.»

Über 300 Grad heiss

Robert Hofer bezeichnet das Verhalten der Hitze im Sand als «sensationell praktisch». Im Zentrum werden die Körner an sonnigen Tagen schnell auf 300 Grad und mehr erhitzt, wie sein Grillthermometer zeigt. Die Wärme wandere relativ langsam nach aussen und beim Wasserrohr herrsche 20 bis 80 Grad. Fazit: Der Langnauer kann seinem Boiler vorgewärmtes Wasser zuführen, und zwar auch nach ein paar Regentagen.

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«Im Moment herrschen in der Mitte 42 Grad, das ist enttäuschend wenig», meint Hofer selbstkritisch. Die dunklen Wintertage sind für die Produktion von Solarstrom nicht optimal. Auch wenn bereits diffuse Sonnenstrahlen Strom in die Heizdrähte schicken und die Temperatur im Speicher ansteigen lassen. «Es liegt aber vor allem an der Isolation», ist der Tüftler überzeugt, «daran müsste man forschen.» Mit besserer Dämmung, grösser dimensioniert und mit Isolationsschichten in mehrere Temperaturzonen unterteilt, könne ein Sandfass auch als saisonaler Speicher dienen, um Wärme aus dem Sommer bis im Winter zu bewahren.

Zwar speichere Sand pro Volumen dreimal weniger Wärme als Wasser, «ab 300 Grad gewinnt Sand aber das Kapazitätsrennen.» Ausserdem entsteht mit Sand kein Druck, «800 Grad und mehr sind kein Problem.»

Während Robert Hofer den Solarstrom direkt zum Heizen seines Sandspeichers verwendet, schaltet Stefan Lukunic das Heizelement in der Sandbatterie an sonnigen Tagen ein. Der Maschinenschlosser aus Bärau BE hat aus der Lokalzeitung von Hofers Prototyp erfahren und die beiden tüfteln nun gemeinsam. Sie haben das Heizelement weiterentwickelt: Jenes von Lukunic besteht aus einem Regenrohr, die Drähte im Innern sind an einem Specksteindeckel verbunden und können so aus dem Rohr gehoben werden. «Der Sand muss die Heizdrähte satt umschliessen», betonen sie. Sonst kann das feine Metall verbrennen.

8 m3 fürs Einfamilienhaus

Stefan Lukunic verfügt über eine 12,5 kW-Solaranalge und hat berechnet, dass er zum Heizen seines Einfamilienhauses einen Sandspeicher mit 8 m3 Volumen bräuchte. Er plant die Umsetzung in seiner Garage mit einem selbstgebauten 1,2-Meter-Silo. Damit soll die bestehende Ölheizung unterstützt werden. Lukunic will fast alles selber bauen, nur den Anschluss an die Zentralheizung wird ein lokaler Heizungstechniker vornehmen. Die Sandbatterie werde quasi wie ein weiterer Radiator in den Heizkreis eingefügt. Künftig soll die Solarsteuerung das Umschalten übernehmen, damit unverbrauchter Eigenstrom in den Speicher statt ins Netz fliesst.

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Hilfe bei Berechnungen

Die beiden Emmentaler sind vom Potenzial von Sandspeichern überzeugt und diskutieren an einem von der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) organisierten Treffen angeregt mit Landwirten. Stillgelegte Kachelöfen oder leere Güllelöcher liessen sich auch mit Sand zum Wärmespeicher umfunktionieren, Gewächshäuser könnten geheizt werden – die Einfachheit des Systems und dass man alles selbst bauen kann, beflügelt die Ideen.

«Bei den Berechnungen hat mir die künstliche Intelligenz geholfen», sagt Robert Hofer. Wie lange die Heizdrähte in Abhängigkeit von der Solarleistung sein müssen, wie oft das Wasserrohr um das Fass geschlungen werden sollte – «für physikalische Fragen ist die KI genial», findet Hofer. «Ich könnte auch einen Professor fragen. Da müsste ich aber länger auf die Antwort warten», bemerkt der Tüftler schmunzelnd.

Auf Anfrage Skepsis

Den Kontakt zu Fachleuten hat Robert Hofer trotzdem gesucht, denn er möchte die Idee der Sandspeicher bekannter machen. Schliesslich könnten sie auch als Notheizung in Krisengebieten dienen, komplexere Solarkocher ersetzen – er hat selbst bereits in seinem Fass Fleisch und Gemüse niedergegart – und hierzulande einen Beitrag zur Energiewende leisten. «Wenn ich viel Solarstrom produziere, verkaufe ich den Überschuss an die BKW», schildert Hofer den Normalfall eines Solarpanel-Besitzers. «Die pumpt dann damit Wasser in ihren Stausee hoch.» Im Winter kaufe er Strom zum Heizen, den die BKW wiederum aus dem Stausee zurückgewinnen kann. «Mit einem Sandspeicher kann man eigene Überschüsse selbst aufbewahren», gibt er zu bedenken. Daher sieht er es auch trotz Energieverlusten nicht als Blödsinn, Strom auf diese Weise in Wärme umzuwandeln. «Man muss sich nur an den Gedanken gewöhnen, dass die Solarenergie sofort zu Wärme fürs Heizen im Winter wird.» Der Umweg über den Stausee – und das Stromnetz, das bereits heute mit sonnenbedingten Spitzen zu kämpfen hat – entfällt.

Fachleute konnte Robert Hofer aber bisher kaum begeistern. Man sehe für den Sandspeicher keine Anwendungsgebiete, habe es von der Hochschule Luzern auf seine Anfrage geheissen. Das Bundesamt für Energie (BFE) hat sich laut Hofer als Reaktion auf einen Artikel in der Berner Zeitung gemeldet, um ihn darauf hinzuweisen, dass er nicht von einer «Sandbatterie» sprechen solle. Unter einer Batterie verstehe man nämlich eine Quelle von elektrischem Strom, was hier nicht zutreffe. Weiter sei Wasser günstiger, besser verfügbar und einfacher in der Handhabung als Sand. «Grosse Fernwärmespeicher oder saisonale Wärmespeicher benötigen mehrere 10 000 – 100 000 m3 Volumen. Es ist vollkommen unrealistisch, dies mit Sand als Wärmeträger zu realisieren», zitiert Hofer das BFE.

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Im Ausland bereits realisiert

In Finnland scheint man das anders zu sehen. Das dortige Unternehmen Polar Night Energie hat nach eigenen Angaben bereits einen ersten, kommerziellen Sandspeicher in Betrieb – mit einem Volumen von knapp 90 000 m3. Er nutzt die Abwärme eines Rechenzentrums, um Wasser für eine Fernwärmezentrale vorzuheizen. Aktuell sucht die Firma einen Partner, um eine Pilotanlage zu bauen, in der aus der gespeicherten Wärme per Turbine wieder Strom gewonnen wird. Da dabei mehr Abwärme entsteht als in einem Verbrennungsmotor, soll diese wiederum zum Heizen dienen.

«Die Fachleute sind in ihrem Tagesgeschäft gefangen und haben keine Zeit für einen Stürmi aus Langnau», sagt Robert Hofer. Doch er ist weder frustriert noch entmutigt, sondern weiterhin überzeugt und voller Ideen.

Die Anlage ist hier dokumentiert