Einige lernten in der Pandemie das Stricken, andere kauften sich einen Hund und Simon Vögeli rüstete seinen Bobcat mit Jahrgang 1996 auf einen Elektromotor um. Nun braucht der Kompaktlader keinen fossilen Brennstoff mehr, sondern Strom.

Im Frühling räumte der Landwirt die Tiefstreuliegefläche seiner Herde von rund sieben Kühen plus Kälber und Nachzucht noch ein letztes Mal mit dem «originalen» Bobcat 753 aus, dann baute er den Dieselmotor aus. «Ich wusste: Bis im Herbst, wenn die Kühe wieder häufiger im Stall sind, muss das Projekt fertig sein», sagt Simon Vögeli. Er bewirtschaftet zusammen mit seiner Frau Lena in Burgistein BE einen 14 ha grossen Biobetrieb mit Hanglagen von teils über 30 Prozent. Lena Vögeli arbeitet zusätzlich 40 % als Kindergärtnerin.

Eine Option liegt plötzlich auf dem Tisch

Den Kompaktlader braucht der Tüftler nur für Arbeiten rund um den Betrieb und jeweils nur für kurze Sequenzen. «Der Motor wurde gar nie richtig warm – er hatte im Winter Mühe, anzuspringen, und die Vorglüheinrichtung hatte auch schon ihre Schwächen.» Er hätte also ohnehin einige Elemente ersetzen müssen. Aus diesem Grund lag die Option auf dem Tisch, den Bobcat über einen Elektromotor anzutreiben. Dort, wo früher der Auspuff angebracht war, der beim Starten des Motors eine dicke schwarze Rauchwolke von sich gab, ist nun ein Starkstrom-Kabel aufgerollt und kompakt im Bug des Kompaktladers verstaut.

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Ein Umsatteln auf Elektro aus Prinzip

Für den 31-jährigen Simon Vögeli war der Umbau eine Prinzipfrage. Er verfolgt die Entwicklungen in der landtechnischen Forschung zwar, findet aber, das Problem liege nicht an der Technik, die zu wenig schnell Lösungen hervorbringt, sondern an der Einstellung der Gesellschaft: «Die Leute meinen, sie könnten alles so machen wie bisher, einfach mit einem elektrischen Antrieb. Das mag für die Schweiz funktionieren – im Hinblick auf den weltweiten Verbrauch ergibt das wenig Sinn», so Vögeli.

Betriebsspiegel Familie Vögeli

Simon und Lena Vögeli mit Tochter Runa und Sohn Loïc, Burgistein BE

LN: 14 ha
Kulturen: Dauerwiesen, versuchsweise Raps, Getreide
Tierbestand: 7 Mutterkühe mit Kälbern und Nachzucht, 2 Esel
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar

www.stauffenbühl.ch 

Simon Vögeli nimmt die Sache selbst in die Hand

Der Landwirt und Familienvater wollte nicht warten, bis die bahnbrechende Innovation daherkommt, welche es ermöglicht, Emissionen im grossen Stil zu senken: «Das Anliegen ist zu dringend, um zuzuwarten.» So nahm er im Jahr 2020 die Sache selber in die Hand.

«Der Einsatz von Lithiumionen-Batterien ist interessant, aber es ist aussichtslos, den aktuellen Verbrauch von fossiler Energie über erneuerbare Energien decken zu wollen.»

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Die Politik macht so weiter wie bisher

Im Gespräch auf dem Betrieb Stauffenbühl bemängelt der Junglandwirt auch die Passivität der Politik, was dieses Thema betrifft. «Solange die Politik keine klaren Rahmenbedingungen schafft, ist es verständlich, dass die Erdöl-Industrie so weiter macht wie bisher.»

Die Welt verbessert Simon Vögeli durch den Umbau wohl nicht, aber etwas verändert hat er allemal. Der Landwirt verfolgt die allgemeine technische Entwicklung mit Interesse, aber was die aktuelle Situation betrifft, hat er eine klare Haltung: «Die aktuellen technischen Möglichkeiten für die Gewinnung und Speicherung von erneuerbarer Energie sowie für den mobilen Einsatz erneuerbarer Energie reichen nach meinem Wissensstand niemals aus, um den aktuellen Energieverbrauch der Weltbevölkerung zu decken. Vor diesem Hintergrund finde ich es unverantwortlich, darauf zu hoffen, dass sich dies innert nützlicher Frist ändert.» Aus diesem Grund war der Bobcat-Umbau für ihn eine logische Konsequenz seiner Grundhaltung.

Warum mit Kraftstoff, wenn es auch ohne geht?

Laut eigenen Angaben hat sich Bobcat verpflichtet, ein Angebot an vollelektrischen Maschinen auf den Markt zu bringen. Bisher in Serie erschienen sind diverse E-Minibagger, Elektrogabelstapler und einige Geräte im Bereich der Lagerausrüstung. Diese Maschinen sind jedoch alle mit einem Lithium-Ionen-Akku ausgestattet, der bei jeder möglichen Arbeitspause am 230-V-Stromnetz (AC) aufgeladen werden muss. Zudem sollte die vollständige Entleerung vermieden werden, wie der Hersteller betont.

Die Leistung der elektrischen Geräte sei die gleiche wie diejenige der Diesel-Pendants. Der einzige Unterschied ist das elektrische Aggregat. Dank der konstanten Leistungskurve des elektrischen Antriebsstrangs liefern die elektrischen Maschinen eine gleichmässige und konstante Leistung. Allerdings sind die Anschaffungskosten für eine elektrische Maschine etwas höher als die eines Diesel-Pendants. Die Stromkosten seien aber niedriger als die Kraftstoffkosten, so der Hersteller.

Mit Kartonmodellen zu den richtigen Massen

Die grössten Herausforderungen dabei waren die Aneignung des elektrotechnischen Verständnisses und der Einbau des E-Motors in ein bestehendes Gerät.[IMG 4]

Dafür tüftelten Simon Vögeli und sein Schwager mit Kartonmodellen an passenden Lösungen, bis sie am Ende die richtigen Masse abgenommen hatten. Der ausgebaute Dieselmotor sowie der nun nicht mehr benötigte Ansaugkanal für die Kühlluft hinterliessen zwar viel Platz, aber einfach war der Einbau des E-Motors trotzdem nicht.

Die nötigen Teile bezogen sie grösstenteils von umliegenden Landmaschinenmechanikern. Der Normindustrie-Elektromotor ist italienischer Herkunft, die Umlenkrolle für das Kabel stammt von der Firma Kurmann Fütterungstechnik. Die Federleitungstrommel, die dank Federspannung das Kabel auf- und abrollt, haben sie von der Firma Mibag bezogen.

Tüfteln, aber richtig

Ein Umbau von Geräten erfordert immer höchste Vorsicht. Vergewissern Sie sich, lokale Kontrollunternehmen oder Institutionen wie Electro Suisse zu kontaktieren, um einen Umbau fachgemäss prüfen zu lassen.

Mit «einfachen Methoden» fand der Landwirt eine Lösung

Insgesamt investierte die Familie Vögeli 5000 Franken in die Umrüstung – 1000 Franken löste sie aus dem Verkauf des Dieselmotors. Die Steuerung läuft nach wie vor hydraulisch, es gibt in der umgebauten E-Version des Bobcats Marke Eigenbau aber keine Gangschaltung. Der Elektromotor treibt die Hydraulikpumpe über den Keilriemen an. Mit «einfachen Methoden» und ohne viel Vorkenntnisse setzten die zwei Männer ihre anfängliche Schnaps-Idee in Taten um.[IMG 5]

Nun setzen Vögelis den eigenständig umgebauten Kompaktlader seit vier Jahren auf dem Betrieb ein. Der Elektromotor ist wartungsarm, es gibt kein Motorenöl, das gewechselt werden muss. Weil der Elektromotor über Strom angetrieben wird und nicht über eine Lithiumionen-Batterie, ist die Einsatzdauer praktisch unbegrenzt. Der limitierende Faktor für die Hubkraft sei der maximale Druck der Hydraulikpumpe, sagt Simon Vögeli. «Wir haben es einfach gelöst: Wir können die Geschwindigkeit des Motors nicht regulieren, dafür hätten wir einen Frequenz-Umrichter gebraucht. Wir haben uns beim Bau auf eine praktikable Drehzahl geeinigt, die nun so übersetzt den Motor antreibt», erklärt er. Bei nicht-stationären Aufgaben ist Simon Vögeli mit dem E-Bobcat langsamer, aber für die stationären sei er genauso effizient.

Zudem springt der Elektromotor im Hochsommer und im Winter gleich gut an. Die einzige grössere Umstellung ist das Kabel. «Jetzt funktioniert es bei uns wie mit einem Staubsauger: Für jeden ‹Raum›, muss man das Gerät wieder neu umstecken.» Gelegentlich muss Vögeli für weiter entfernt gelegene Arbeiten das Verlängerungskabel zücken, aber man richte sich halt ein, meint der Landwirt.

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Kein finanzieller Spielraum für grosse Investitionen

Bauliche Veränderungen standen für das junge Betriebsleiterpaar nicht zur Diskussion, da der Vorbesitzer bereits einige Investitionen getätigt hatte. Familie Vögeli hatte zum Zeitpunkt der Übernahme keinen finanziellen Spielraum. Doch wer clever tüftelt, braucht nicht immer grosse Investitionen. Sera J. Hostettler