«Das Ziel war, den Betrieb so umzustellen, dass ich ihn allein im Haupterwerb bewirtschaften kann» sagt Reto Bieri, der zusammen mit seiner Freundin Stephanie Lanter einen Milchwirtschaftsbetrieb im Zürcher Oberland führt. Letzten Sonntag lud das Lely-Center Härkingen zu einem Doppeltag der offenen Tür ein. Das Motto war «Automatisierung im Berggebiet». In Schmidrüti TG konnte man den neu gebauten Stall von Marcel und Selina Schwager besichtigen, in Turbenthal ZH gab es den umgebauten Stall von Reto Bieri und Stephanie Lanter zu sehen.
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Engagiert in örtlichen Vereinen
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Die Aussage von Stephanie Lanter und Reto Bieri klingt verständlich. Die jungen Betriebsleiter engagieren sich stark im örtlichen Vereinsleben. Beide sind im Musikverein aktiv, sie spielt Querflöte, er Trompete. Daneben ist Reto Bieri noch in der Feuerwehr sowie im Armbrustschützenverein tätig. Stephanie Lanter arbeitet zu 100 Prozent auswärts, engagiert sich im Schwingverein und ist Aktivmitglied im TV.
Das Ziel war, die Arbeitsbelastung zu reduzieren
Ein voller Terminkalender ist den beiden trotz ihres Landwirtschaftsbetriebs sicher. Dieser befindet sich in der Bergzone I und ist vollständig auf den Futterbau und die Produktion von Käsereimilch ausgelegt. Von den 28 ha LN können 12 ha gut beweidet werden. 18 Prozent der LN sind Biodiversitätsflächen, weiterhin gehören noch 9 ha Wald zum Betrieb.
Vor der Betriebsübernahme durch das junge Paar im Jahr 2017 wurden im alten Anbindestall mit 20 Kuhplätzen Red-Holstein- und Swiss-Fleckvieh-Kühe gemolken. Es sei ein arbeitsintensives System gewesen, sagt Reto Bieri, «für mich war darum klar, dass nach der Übernahme des Betriebs die Arbeitsbelastung reduziert werden muss».
Dies habe man schliesslich mit dem Umbau des Stalls erreicht. Dieser sei schnell durchgeführt gewesen. Die Planungsphase bis zur Bewilligung verging in einem Jahr. Im Januar fing man mit den Abbrucharbeiten an, im August war dann alles fertig, und die Kühe konnten einziehen.
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Betrieb «Chäfer»
Stephanie Lanter und Reto Bieri
Ort: 8488 Turbenthal
Flächen: 28 ha Grünland, davon sind 18 % Biodiversitätsförderflächen und 9 ha Wald
Viehbestand: 34 Jersey und 2 SF-Milchkühe
Neue Roboter und ein Futterband nehmen die Arbeit ab
Der dunkle Anbindestall wurde so zu einem hellen Laufstall mit Platz für 36 Kühe und zwölf Rinder/Kälber. Zahlreiche Arbeiten wurden mit Maschinen automatisiert. Das Melken erledigt nun ein Melkroboter, und zur Entmistung zieht ein Entmistungsroboter in den Laufgängen seine Bahnen.
Ein besonderer Clou ist das an der Seite anliegende Futterband. Hier können die Kühe das betriebseigene Dürrfutter fressen, gemischt und etwas zerkleinert wird dieses durch den im Heustock stehenden Futtermischwagen, aus diesem fällt es auf das Laufband, welches das Futter verteilt.
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Reto Bieri ist zufrieden mit dem Resultat: «Allein geht es nun viel ringer, der Stall ist gut machbar, man ist flexibler und die Arbeit weniger körperlich streng». Mit den umgesetzten Massnahmen sei so die optimale Lösung unter den knappen Platzverhältnissen entstanden. Auch die Kuhrasse hat geändert, der Betrieb setzt nun auf Kühe der Rasse Jersey.
«Es sind gwundrige Kühe»
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Reto Bieri hat sichtlich Freude an den Jersey-Kühen bekommen. «Aus meiner Sicht ist sie für unseren Betrieb die ideale Kuh. Sie frisst anders und effizienter auf der Weide, ist leichter und verursacht dadurch weniger Trittschäden.» Seine Partnerin Stephanie Lanter stimmt dem zu. Nicht ein einziges Mal müsse man eine Kuh in den Roboter holen. «Jerseys sind von Natur aus sehr gwundrig und möchten vieles ausprobieren», beschreibt sie die Vorzüge der Kuh und ergänzt, «das macht alles einfacher. Das Erfolgsgeheimnis im Umgang ist, man soll sie nicht zwingen, aber anlocken. Dann machen sie das, was man möchte.»
«Automatisierung hilft den Familienbetrieben»
Die BauernZeitung am Lely Tag der offenen Tür Samuel Gstöhl, Verkaufsleiter Lely-Ost und Mitorganisator der Anlässe ein paar Fragen gestellt.
Können Sie uns ein paar Fakten zum Anlass sagen?
Samuel Gstöhl: Die Lely Tage der offenen Tür sind mittlerweile ein fest etabliertes Format mit einer grossen Bekanntheit. Wir schätzen, dass an diesem Wochenende trotz des schlechten Wetters zwischen 1200 und 1500 Besucherinnen und Besucher am Anlass teilgenommen haben. Pro Jahr führen wir schweizweit sechs bis acht solche Anlässe durch.
Wie lief die Planung ab?
Wir haben ein paar Monate vorher angefangen. Von unserer Seite kam das Marketing. Je nach Möglichkeit übernimmt der Betrieb mehr oder weniger Arbeiten. Zum Beispiel organisiert hier in Thurbenthal der Armbrustschützenverein die Festwirtschaft. In Schmidrüti erledigt dies die Betriebsleiterfamilie.
Gibt es Trends zu Produkten, die sie beobachten?
Wir sehen aktuell drei Trends. Erstens werden die Betriebe, die wir betreuen, immer kleiner. Als ich bei Lely anfing, betreuten wir zum Beispiel bei den Melkrobotern meist Betriebe mit 50 bis 60 Kühen. Jetzt betreuen wir auch Betriebe, die halb so viele Tiere melken. Das liegt daran, dass Familienbetriebe am meisten von einer Automatisierung profitieren, konkret Betriebe, wo alles von einer Person abhängt. Auch auf Nebenerwerbsbetrieben fassen wir immer mehr Fuss. Zweitens sehen wir nach wie vor einen Aufwärtstrend in den Fütterungsrobotern. Drittens kommen die Entmistungsroboter immer mehr auf. Diese vereinfachen gerade Umbauten extrem. Nehmen wir das Beispiel vom Betrieb von Reto Bieri und Stephanie Lanter. Früher wäre ein solcher Umbau wegen der alten Stützen vom Anbindestall, die jetzt im Laufgang stehen, undenkbar gewesen. Man hätte alle Fundamente neu gemacht und in die drei Laufgänge Mistschieber eingebaut. Jetzt hat man einen Roboter, der die Stützen umfährt. Das Praktische am Roboter ist, dass er an die Stallgrösse angepasst werden kann. Man stellt ihn flexibel ein, sodass er in Bereichen, wo keine Tiere stehen, auch nicht durchfährt.
