Mit einer teilflächenspezifischen Düngung lässt sich die Nährstoffzufuhr für den Acker räumlich optimieren. Andere Ansätze zielen überdies darauf ab, die richtige Menge Stickstoff im richtigen Moment aufs Feld zu bringen. In den Jahren 2019 und 2020 hat Agroscope verschiedene Methoden dazu untersucht, wobei neben dem Nutzen auch die Kosten und die Anwendbarkeit in der Praxis berücksichtigt worden sind.
Aus Boden und Pflanzen
Die Basis für die Versuche in Tänikon TG und Grangeneuve FR war ein übliches 3-Split-Düngungsverfahren mit Ammonsalpeter im Winterweizen («NormErtrag»). Dafür verrechnete man die Normmenge N für Winterweizen gemäss Grud mit den Ertragserwartungen der beiden Standorte und dem Referenzertrag, was für Grangeneuve 150 kg N/ha und für Tänikon 155 kg N/ha ergab. Zusätzlich gab es jeweils eine ungedüngte und eine stärker gedüngte Kontrolle (plus 1,5-mal NormErtrag). Die Forschenden haben folgende Methoden für eine gezieltere Düngerplanung verglichen:
Methode der korrigierten Normen: NormErtrag, aber unter Berücksichtigung von organischer Substanz und Tongehalt im Boden sowie der Vorfrucht und des Einarbeitungszeitpunkts bzw. deren Einfluss auf die Mineralisierung, verfügbar gewordener Anteil des organischen Stickstoffs aus Hofdüngern vom letzten Jahr, Einfluss Winter- und Frühlingsregen auf N-Auswaschung. Vor allem die Gaben des ersten und zweiten Splits wurden in der Folge reduziert.
Nmin: Nitratgehalt (NO3-) des Bodens in verschiedenen Tiefen im Boden gemessen (Mischprobe übers ganze Feld). So Düngermenge für ersten Split berechnet. Restliche Splits nach NormErtragund Erfahrungswerten festgelegt.
N-Tester: Anwendung vor dem zweiten und dritten Split, misst Chlorophyllgehalt in Blättern. Sorten haben signifikanten Einfluss. Daher braucht es eine entsprechende Kalibrierung, die für Schweizer Sorten aber fehlt.
Nitratcheck: Nitratgehalt im Blattsaft in BBCH 31 (1-Knoten-Stadium) und 39 (Fahnenblatt voll entwickelt) vor zweitem bzw. drittem Split gemessen. Saft aus 50 Trieben ausgepresst, auf Teststäbchen gegeben, anhand von Skala ausgewertet. Empfehlungen aus Deutschland berücksichtigen neben Ertrag auch Qualität (Brotgetreide).
Kombination: Nmin für ersten Split und Nitratcheck für zweiten sowie dritten Split.
Zur Auswertung berechnete Agroscope eine einfache N-Nutzungseffizienz (Kornertrag / applizierte Düngermenge).
Mal mehr, mal weniger
Je nach Jahr empfahlen alle Methoden, weniger zu düngen als NormErtrag zufolge auszubringen gewesen wäre (bis zu −39 Prozent oder 59 kg N/ha) oder aber auch z. T. eine Mehrdüngung bis 10 Prozent (15 kg N/ha). In beiden Versuchsjahren stellte Agroscope keine signifikanten Unterschiede im Kornertrag zwischen der Kontrolle mit erhöhter Düngung und NormErtrag fest. Das bestätigt, dass beim Stickstoff das Prinzip «mehr gibt mehr» nicht generell gilt. Der Proteingehalt wurde stärker durch Standort und Sorte als von der Düngermenge beeinflusst und habe unter den alternativen Verfahren nicht gelitten. Eine grössere N-Düngermenge könnte ihn zwar steigern, schreibt Agroscope, was aber wegen veränderter Proteinzusammensetzung im Korn die Backqualität schmälern könnte. Die standortangepasste Düngung habe generell aber die N-Nutzungseffizienz verbessert, so das Fazit von Agroscope. Im Extremfall resultierte der doppelte Kornertrag pro kg ausgebrachtem Mineraldünger. Dass in manchen Jahren auch eine grössere Düngermenge anhand der Messdaten als empfehlenswert berechnet wird, halten die Forschenden für durchaus sinnvoll: So liessen sich die Erträge sichern bzw. lokales Potenzial ausschöpfen.
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«Je nachdem braucht es diese 10 % aber auch gar nicht, um das Ertragsniveau zu halten»
Landor-Berater René Hartmann über die bedarfsgerechte Düngung mit allen benötigten Nährstoffen (siehe unten).
Die Kosten variieren
Nicht alle Verfahren schätzt Agroscope als gleichermassen praxistauglich ein. So sei die Methode der korrigierten Normen zwar die günstigste und schnellste Methode, eine Integration in Feldkalender und Farmmanager für die breitere Anwendung aber hilfreich. Entsprechende Projekte laufen. Nmin wird als aufwendiger und teurer eingeschätzt, ausserdem sei die Logistik (gekühlte Proben möglichst schnell ins Labor bringen) herausfordernd.
Bei Zeitaufwand und Kosten liegt der N-Tester im Mittelfeld. Ein Problem sieht Agroscope in der fehlenden Kalibrierung der Methode für Schweizer Sorten. Für den Nitratcheck könne sich das Auspressen des Pflanzensafts als schwierig erweisen. «Die Versuche zeigen, dass es möglich ist, die N-Effizienz zu erhöhen und Überschüsse zu senken, ohne Ertragseinbussen zu erleiden», schlussfolgert Agroscope. Das Potenzial der standortangepassten Düngung für einen effizienteren N-Einsatz im Winterweizen sei gross.
Nicht nur an den Stickstoff denken
[IMG 3]Mit der richtigen Düngung beschäftigt sich Landor-Berater René Hartmann täglich. Wie seine Berufskollegen ist er mit einem N-Tester für die Messung des Blatt-Chlorophyllgehalts ausgerüstet. Man setze das Gerät aber wegen z. T. fehlender Sortenkalibrierung eher zurückhaltend und ganz gezielt ein. «Wir vergleichen jeweils mit ähnlichen Referenzsorten, bei ganz neuen ist aber nur eine Abschätzung der N-Versorgung von Auge möglich.» Auch wenn der N-Tester den aktuellen Status der Kultur zeigt, ist bei einem tiefen Wert nicht in jedem Fall eine erhöhte Düngergabe das Richtige: «Es kann auch an der Trockenheit liegen, dass der Stickstoff zwar vorhanden, aber nicht verfügbar ist.»
Nmin-Messnetz
Aufschluss über den Vorrat an verfügbarem Stickstoff im Boden gibt Nmin. Sich daran zu orientieren, könne sich lohnen, sagt René Hartmann. Für Einzelbetriebe schätzt er den Aufwand für die korrekte Probeentnahme und Logistik aber als sehr gross ein. «Landor unterhält ein Nmin-Messnetz, das verschiedene Bodentypen und Referenzbetriebe einschliesst», erklärt er. Dieses Wissen komme in den Beratungen zum Zug, die Zahlen könnten aber leicht fehlinterpretiert werden. «Der Bauer kennt seine Böden am besten», fährt er fort, «aber man kann sich die Dynamiken trotzdem nicht immer mit einfachen Theorien erklären, weil so viele Faktoren mitspielen.» Das spricht für die Anwendung der Methode der korrigierten Normen.
Andere Nährstoffe und Luft
Für bedarfsgerechtes Düngen sollte man aber nicht nur an den Stickstoff denken. «Es gilt das Gesetz des Minimums», gibt René Hartmann zu bedenken. Limitierend ist jener Nährstoff, der in der kleinsten Menge für die Pflanze verfügbar ist. Einen Kalzium-, Schwefel- oder Magnesiummangel gelte es für stabile Erträge ebenso zu vermeiden wie ein Stickstoffdefizit. «Aktuell sind z. B. nach der nassen Rübenernte viele Böden strapaziert», ergänzt Hartmann. «Wenn es dann im Boden an Luft fehlt, wird das Getreide gelb, weil der vorhandene Stickstoff nicht mineralisiert werden kann.»
Hartmann stellt fest, dass Beratungen wichtiger werden. Auch im Hinblick auf die Suisse-Bilanz, die ab diesem Jahr keine 10%-Toleranz mehr hat. «Je nachdem braucht es diese 10 % aber auch gar nicht, um das Ertragsniveau zu halten», ist er überzeugt

