Die Schweizer Landwirtschaft muss effizienter werden – ohne die Digitalisierung geht das nicht. Diesen Schluss zog Nadine Trottmann vom Schweizer Bauernverband. Sie referierte kürzlich an einem Treffen der Innovationsgruppe zukunftsgerichtete Landwirtschaft und bot dabei einen Überblick über die digitalen Werkzeuge heute und morgen.

Arbeit ist teuer

Die kleinstrukturierte Schweizer Landwirtschaft sei eine Herausforderung für die Zukunft. Hierzulande liegt der Schnitt der Betriebe bei 22 ha, die werden von 2 Arbeitskräften bewirtschaftet, das Betriebleiterpaar arbeitet häufig über 60 Stunden pro Woche. In Deutschland sind die Betriebe im Schnitt 65 ha gross, die werden von drei sogenannten «Vollzeitäquivalenten» bewirtschaftet, wovon weniger als die Hälfte Familienarbeitskräfte sind. Der Faktor Arbeit ist allerdings in der Schweiz sehr teuer, mit zunehmender Mechanisierung sinkt die Arbeitsbelastung. «Mechanisierung ist allerdings nicht immer kosteneffizient.» Trottmann warf einen Blick in die Vergangenheit, von der Entwicklung vom Pferd über erste Traktoren bis zur vernetzten, automatisierten und präzisen Technik von heute und morgen.

Einen Mehrwert schaffen

Zwar sei die Landwirtschaft schon heute recht digital, sie nannte Stichworte wie Hoduflu, TVD, agate, Swissgap oder digiflux bei den Dokumentationspflichten. Und anderseits Sensoren und Prognosetools für einen effizienten Einsatz von Produktionsmitteln. Oder Robotik und Herdenmanagement-Tools für den effizienten Einsatz von Arbeit. «Mit Daten lässt sich die gute landwirtschaftliche Praxis überprüfen, sie können den Bauern aber auch einen Mehrwert schaffen», meinte Trottmann. Digitalisierte Technik sei allerdings noch sehr komplex und teuer, und viele Bauern empfinden den Nutzen als gering.

«Landwirtschaft gewinnt man über Nutzen.»

Nadine Trottmann vom SBV wehrte sich gegen mehr Auflagen.

Abo Melkroboter, Entmistungsroboter, Fütterungsroboter (Bild): Automatisierte Systeme sind in der landwirtschaftlichen Praxis schon längst verbreitet. Landtechnik Digital ist nur bedingt phänomenal Tuesday, 29. April 2025 Und die Datenlandschaft im Schweizer Agrar- und Ernährunssektor sei unübersichtlich, mit vielfältigen Akteuren und unterschiedlichen Aufgaben und Bedürfnissen. Digitale Manager wie Barto oder Smartfarm sollen die Datenflut vernetzen und nutzbringend koordinieren. Allerdings sei Vielen der gläserne Bauer ein Graus, und Digitalisierung schaffe auch Ängste. Bewegungen wie «nichtszumelden.ch» gegen Digiflux sei ein Beispiel dafür. «Die Landwirtschaft gewinnt man über den Nutzen, nicht über Pflichten», betonte Trottmann. Dafür müsse man aber auch wegkommen von Insellösungen, hin zu vernetzten Gesamtsystemen. Aber eine kleinstrukturierte Landwirtschaft brauche eine hohe Wertschöpfung pro Fläche, und da könnten digitale Tools sehr wohl helfen. Eine Kommunikationsplattform für alle Akteure des Schweizer Agrar- und Ernährungssektors stehe mit der Website www.digiagrifood.ch zur Verfügung, erwähnte Trottmann. Diese will das Wissen im Bereich der Digitalisierung fördern. Auf der Plattform sind Links aufgeschaltet, so zu den Themen Sensorik, Robotik und Automation oder Precision Farming. Digitalisierung der Land- und Ernährungswirtschaft sei nötig, um den administrativen Aufwand zu reduzieren, die Datensicherheit zu erhöhen und die Ressourcen effizienter einzusetzen, heisst es auf der Website.

Gemeinsame Charta

Zahlreiche Firmen und Organisationen aus der Land- und Ernährungswirtschaft haben eine Charta unterzeichnet und Leitlinien festgelegt. Diese seien mit der Digitaglisierungsstrategie des Bundesrates abgestimmt und stellten eine Umsetzung dieser Strategie für die Land- und Ernährungswirtschaft dar.

Weitere Infos zur Digitalisierung in der Landwirtschaft


Start Up Firmen präsentieren neue digitale Tools für die Landwirtschaft

Kennzeichnungs-Creator: Corinne Röthlisberger vom Biohof Bild in Ganterschwil SG wies darauf hin, wie komplex die Deklaration für Hofprodukte sei. Zusammen mit dem LZ Arenenberg soll bis Ende 2025 ein Kennzeichnungs-Generator entwickelt werden. Der soll Etiketten für hofeigene Produkte erstellen, unter Berücksichtigung gesetzlicher Auflagen und den Bio-Suisse und Demeter Vorgaben. Das Tool soll auch Schnittstellen zu Online-Shops und Kassensystemen bieten.

Effiziente Bestellprozesse: Der Luzerner Biobauer Beat Riedweg aus Schongau entwickelt zusammen mit IT-affinen Kollegen eine App, welche Produzenten, Händler und Verarbeiter auf einer digitalen Plattform vernetzt, um Prozesse zu optimieren. Darauf können Bestellungen, die Lagerverwaltung, Logisitik und Buchhaltung effizienter organisiert und automatisiert abgewickelt werden. Das biete Vorteile für kleinstrukturierte Betriebe mit vielfältigem Angebot aber kleinen Mengen. Die App «beyeli» möchten sie nun auch weiteren Landwirten zugänglich machen.

Mit KI Bestellungen vereinfachen: Jiir Awdir vom ETH-Spin off Hoshii stellte eine KI-gestützte Plattform vor, die Datenübertragungen verschiedener Quellen (Fax, E-Mail, What’s App) automatisiert und ERP-Systeme effizienter macht. In der Landwirtschaft kann sie Bestellabwicklungen und die Kommunikation zwischen Betrieben und Händler optimieren. So könnten wiederkehrende und zeitraubende Tätigkeiten wie Auftrgragsbearbeitung, Angebote und Kundenfragen an den KI-Arbeitskollegen «Adam» delegiert werden.

Übersicht über Pflanzenschutzauflagen: Sebastian Keel stellte die Website www.psmguru.ch vor, welche in Entwicklung ist. Die unterstütze die Landwirtschaftsbetriebe bei der Einhaltung der immer komplexeren Auflagen von Pflanzenschutzmitteln. Das Tool verknüpft GIS-Karten mit offiziellen Verzeichnissen. So können Kulturen und vorgesehene Mittel eingegeben werden, und es seien dann alle Restriktionen wie auch Abstände zu Gewässern ersichtlich. Die Landwirte sähen so auf ihrem Handy, was wo erlaubt sei, und es könnten auch die Labelanforderungen eingefügt werden.

Flexible Kleinroboter: Claudio Michaelis vom Ellis Institut für künstliche Intelligenz in Tübigen tüftelt mit seinem Team an Polybot, einem flexiblen Kleinroboter für die Landwirtschaft. Vor allem für den Einsatz in Gewächshäusern zur Automatisierung von Handarbeit. Polybot entwickelt Software und Algorithmen zur Steuerung von Robotern wie dem Roboterhund Spot von Boston Dynamics. Derzeit teste das Team die Ernte von Tomaten, später sollen Gurken und Erdbeeren mit dem Roboter geerntet werden. Oder der soll zum Jäten und Tomaten aufbinden eingesetzt werden. Die Herausforderung seien die präzisen Bewegungen und die Roboter müssten viel schneller sein als Menschen, damit sie wirtschaftlich einsetzbar seien. Derzeit laufen Feldversuche, und die Firma sucht Testbetriebe.

Vertikale Landwirtschaft im Gewächshaus: Sascha Rohner vom Ostschweizer Start Up FrugalTec zeigte auf, wie künftig in Gewächshäusern platzsparender und mit höherer Produktivität angebaut werden könne. Zumal der Freilandanbau ja immer anspruchsvoller werde und vertical farming an Bedeutung gewinnt. Entwickelt wird ein rotierendes Turmsystem, woran Gemüse, Kräuter oder Beeren wachsen können. Die mobilen Türme durchlaufen verschiedene Zonen, wie die Bewässerungszone, sodass nicht das gesamte Gewächshaus mit Bewässerungs- und Pflanzenschutzsystemen ausgestattet werden muss. Bereits gibt es mit Farmii solche vertikale Gärten in Turmform auch für den Privathaushalt, drinnen oder draussen.[IMG 2]

Swiss Food Research

Der Verein Swiss Food Research (SFR) bezeichnet sich als grösstes Innovationsnetzwerk im «Schweizer Agro-Food Space». Mit dabei sind 250 Mitglieder aus Forschung, Unternehmen, Landwirte und Start-Ups sowie Partnernetzwerken. SFR will Innovationen im Agro-Food System durch Wissens- und Innovationstransfer wirksam vorantreiben. Angestrebt wird ein ganzheitliches und nachhaltiges Ernährugssystem nach dem Konzept «One Planetary Health». Dieses beruht darauf, dass die menschliche Gesundheit eng mit jener von Tieren und der Umwelt verbunden ist und es ganzheitlicher Betrachtungen bedarf. Bereits bestehen 12 Innovationsgruppen, welche den Wandel des Agrar- und Ernährungssystems aktiv vorantreiben wollen. Diese befassen sich teils mit fachlichen Themen wie Pilzkulturen, Insekten, Aquakultur, Getreide- und Backwaren, Proteine für die Zukunft, Kaffee und Schokolade, Digitalisierung, oder Verpackung. Und die Innovationsgruppe zukunftsgerichtete Landwirtschaft ist vor allem im Kanton Luzern aktiv, eine im Jura ist im Aufbau. Diese werden unterstützt von Agroscope, ETH, Berner Fachhochschule, Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften, IP Suisse und Bio Suisse. Die Gruppe im Kanton Luzern wird in Zusammenarbeit mit dem BBZN organisiert und durchgeführt.

Weitere Informationen: www.swissfoodresearch.ch