«Wir hatten Glück», sagt Landwirt Fritz Kobel aus Veltheim im Kanton Aargau, «von den 30 Lernenden, die wir bislang ausgebildet haben, hat nie jemand die Lehre abgebrochen.» Aber das Phänomen sei ihm natürlich bekannt, von Berufskollegen und den überbetrieblichen Kursen, an denen er mitwirkt. «Ein neuer Trend ist das sicher nicht.»

Ein Viertel bricht ab

Das Bundesamt für Statistik (BFS) lieferte kürzlich neue Zahlen zum Thema Lehrabbrüche. Im Ausbildungsfeld Pflanzenbau und Viehzucht brachen rund ein Viertel der Lernenden ihre Lehre vorzeitig ab – dieses Feld hat aber die höchste Wiedereinstiegsquote.

Bei der Organisation der Arbeitsweit (Oda) AgriAliForm der landwirtschaftlichen Berufe heisst es, die Abbruchrate sei mit Vorsicht zu geniessen, weil in den Zahlen auch die geplanten Betriebswechsel integriert seien.

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Forstwarte bleiben dem Beruf treu

53’600 Lernende begannen im Sommer 2016 eine duale berufliche Grundbildung – davon lösten 14’000 Lernende ihren Lehrvertrag vorzeitig wieder auf. Am meisten Lehrabbrüche gab es im Bereich Friseurgewerbe und Schönheitspflege, am wenigsten Lehrabbrüche in der Forstwirtschaft.

Im Ausbildungsfeld Pflanzenbau und Viehzucht brachen rund ein Viertel der Lernenden ihre Lehre vorzeitig ab – dieses Ausbildungsfeld hat aber die höchste Wiedereinstiegsquote. 90 Prozent wagten nach der vorzeitigen Lehrvertragsauflösung einen neuen Versuch und schlossen einen neuen Lehrvertrag ab.

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«Chemie stimmt nicht»

In den Fällen, von denen Fritz Kobel hört, sei meist nicht das Problem, dass dem Lernenden der Beruf nicht gefalle, sondern, dass die Chemie zwischen Lehrmeister und Lehrling nicht stimme. In den letzten zwanzig Jahren seien die Jugendlichen selbstbewusster geworden. «Sie lassen sich nicht mehr alles bieten und machen auch mal den Mund auf, wenn ihnen etwas nicht passt. Das finde ich eigentlich eine gute Eigenschaft.»

Auch könne man keinen Unterschied festmachen, ob die Leute aus der Landwirtschaft kämen oder keinen Betrieb zu Hause haben. «Ich hatte super Lehrlinge aus Bauernfamilien, aber auch tolle Leute aus Handwerkerfamilien, mit einem Ingenieurbüro zu Hause bis hin zum Pfarrerssohn.»

Eltern mischen mit

Seit 1998 bildet Andreas Schneider aus Walkringen BE Lernende aus. Die Chemie zwischen Lehrling und Lehrmeister sei sehr entscheidend: «In der Landwirtschaft lebt man eng zusammen und hat die Lernenden bei den Mahlzeiten am Tisch. Das vergrössert die Reibungsfläche.»

Grundsätzlich habe die Bereitschaft, die Lehre abzubrechen bzw. den Lehrbetrieb zu wechseln, in den letzten Jahren zugenommen. «Heute im Handyzeitalter weiss die Mutter schon in der Mittagspause, ob dem Lehrling das Frühstück geschmeckt hat. Die Eltern nehmen heute vermutlich mehr Einfluss – früher hiess es eher, dieses Jahr wird jetzt durchgebissen.» Ihm sei es heute bei der Auswahl seiner Lernenden am Wichtigsten, dass die Chemie mit ihm und seiner Familie stimme: «Ds Wärche klappt de immer irgendwie.»

Abbrüche im Rahmen

Abo Landwirte im ersten Lehrjahr lauschen den Ausführungen eines Berufsschullehrers: Nicht immer läuft die Ausbildung harmonisch ab. Manchmal kann da die kantonale Lehraufsicht helfen. (Bild Keystone) Lehre Probleme oder Fragen in der Lehre zum Landwirt: Wo gibt es Hilfe? Sunday, 20. October 2019 «Wir hatten in den aktuellen drei Klassen bislang zwei Abbrüche und zwei Wechsel», sagt Dietrich Bögli, Leiter Bildung und Beratung am Landwirtschaftlichen Zentrum Ebenrain. Das sei etwa im Rahmen vergangener Jahre. «Bei den Abbrüchen ist es so, dass die Leute feststellen, dass es einfach nicht der richtige Beruf für sie ist.» Wenn der Lehrbetrieb während des Jahres, also ungeplant, gewechselt wird, «ist es für die Leute zwar der richtige Beruf, aber auf dem Lehrbetrieb ‹giiget› es nicht». Diese Lernenden fänden in der Regel wieder eine Lehrstelle, auch wenn es unter dem Jahr manchmal aufwendig sei, weil nicht mehr so viele offen sind. 

Grosse Spannweite

Dietrich Bögli stellt fest, dass die schulischen Anforderungen des Berufs Landwirt/in EFZ manchmal von Personen ausserhalb der Branche etwas unterschätzt werden. «Ausserdem haben wir eine riesige Spannweite in den Klassen: Von Leuten mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium bis hin zu Leuten mit Realschulabschluss.» Das sei eine grosse Herausforderung für die schulisch schwächeren Lernenden, aber natürlich auch für die Lehrpersonen. Das grosseInteresse am Beruf, das sichin steigenden Lernendenzahlen niederschlägt, merkt man auch am Ebenrain.