2020 war ohne Zweifel ein Biojahr: Der Detailhandelsumsatz von Biolebensmittel stieg um knapp 20 % und der Biomarktanteil kletterte von 10,3 % auf 10, 8%. 2021 stieg der Marktanteil dann nochmals um 0,6 Prozent und die Anzahl Biobetriebe von 7122 (2020) auf 7216 (2021).
«Richtlinien sind zu streng»
Das Säulendiagramm der steigenden Betriebszahlen ist vielen bekannt – was weniger aktiv kommuniziert wird, ist die Anzahl Austritte aus dem Biolandbau. So verzeichnete Bio-suisse" target="_blank">Bio Suisse letztes Jahr 221 Kündigungen von Biobetrieben. Ein Jahr davor waren es 101, 2019 sogar nur 51.
| Jahr | Kündigungen |
| 2021 | 221 |
| 2020 | 101 |
| 2019 | 51 |
| 2018 | 106 |
| 2017 | 123 |
| 2016 | 110 |
| 2015 | 117 |
| 2014 | 114 |
| 2013 | 127 |
| 2012 | 129 |
| 2011 | 115 |
Bio-suisse" target="_blank">Bio Suisse gibt dazu folgende Erklärung: «Die vielen Kündigungen im vergangenen Jahr sind vor allem das Resultat des laufenden Generationenwechsels zurückzuführen. Überdurchschnittlich viele Betriebe wurden aufgegeben oder die Knospe wurde aus persönlichen Gründen abgegeben (96 Betriebe). Weitere Gründe sind die strenge(re)n Richtlinien (worunter wohl möglich auch die Fütterung der Wiederkäuer mit 100 % Schweizer Knospenfutter ab 2022 fällt, Anm. der Red.) (10 Betriebe), fehlende Vermarktungsmöglichkeiten (9 Betriebe) oder schwindende Identifikation mit Bio-suisse" target="_blank">Bio Suisse (9 Betriebe)».
«Richtlinien ändern sich zu oft» ist der meist genannte Ausstiegsgrund
Schon 2010 führte Agroscope zusammen mit Bio Suisse ein Projekt durch, um Ausstiegsgründe, Einstiegshemmnisse und mögliche Gegenmassnahmen genau zu eruieren. Die ausgestiegenen Betriebe nannten damals diese sechs Austrittsgründe am häufigsten (Prozentsatz jeweils als Anteil der Befragten Betriebe):
- Richtlinien ändern sich oft, 76 %
- Einkommen auch mit Bio kaum verbesserbar, 72 %
- Richtlinien zu streng, 72 %
- Produktionspreise decken die Mehrkosten nicht, 71 %
- Probleme bei der Beschaffung geeigneten Kraftfutters/Stroh, 70 %
- Bio-Kontrollen zu teuer, 62 %
Bemerkenswert ist auch die Zahl der Betriebe, die zum Zeitpunkt der Studie über einen Ausstieg aus dem Biolandbau nachdachten (14,1 Prozent). Davon bewirtschafteten 58,3 Prozent einen Betrieb im Berggebiet. Aus topographischen und klimatischen Gründen betrieben sie zu einem grossen Anteil Milchwirtschaft (38,4 %). Gemäss der Studie waren solche Betriebe häufig der Ansicht, dass eine Umstellung keine Vorteile, sondern eher Nachteile und keine Verbesserung des Betriebsergebnisses bringe. Dennoch macht das Berggebiet mit einem Bio-Anteil von 24,7 % nach wie vor den Grossteil der Bio-Knospenfläche aus. 2011 betrug die Bio-Fläche im Berggebiet 77'000 ha. Seit 2019 pendelt sie sich bei 94'000 ha ein.
«Kontrollen müssen vereinfacht werden»
Damals kamen die Studienautoren und Studienautorinnen zum Schluss, dass Kontrollen vereinfacht und zum positiven Kontakt mit den landwirtschaftlichen Betriebsleitenden beitragen sollten. Auch sollte es eine Kontinuität bei den Richtlinien geben, oder im Falle einer Verschärfung rechtzeitig angekündigt und begründet werden. Die involvierten Betriebe der Studie forderten auch, dass die Vermarktungspotenziale ausgebaut und dass vorhandene Biobetriebe stärker unterstützt werden müssten.
«Hier hat sich viel getan»
Mehr als zehn Jahre später stellt sich die Frage, ob Bio-suisse" target="_blank">Bio Suisse an diesen Forderungen wachsen konnte. Dazu nimmt die Organisation wie folgt Stellung:
Kontrollen sollten vereinfacht und zum positiven Kontakt mit den landwirtschaftlichen Betriebsleitenden beitragen: Für die Kontrollen sind die unabhängigen Kontrollorganisationen zuständig. Der Kontakt der Betriebsleitenden zu Bio-suisse" target="_blank">Bio Suisse läuft über die regionalen Mitgliedorganisationen und unsere Kommunikationskanäle wie das Magazin Bioaktuell, unsere Website sowie bioaktuell.ch, den Newsletter sowie mündlich via unsere Mitarbeitenden im Bereich Landwirtschaft.
Richtlinienkontinuität. Die Verschärfungen von Richtlinien sollten rechtzeitig angekündigt und begründet werden: Über oben genannte Kommunikationskanäle informieren wir frühzeitig über bevorstehende Richtlinienanpassungen. Zusätzlich orientieren wir an Veranstaltungen unserer Mitgliedorganisationen, um einzelne Richtlinien-Themen im Detail zu erklären.
Ausbau der Vermarktungspotenziale: Hier hat sich viel getan. Wir sind bemüht, ganze Wertschöpfungsketten auf Bio umzustellen. Zum Beispiel im Zuckeranbau. Aktuell sind Rindfleisch, Ackerkulturen wie Weizen und Körnerleguminosen für die menschliche und tierische Ernährung besonders gesucht. Das Produktmanagement hat die Aufgabe, entsprechende Potenziale frühzeitig zu erkennen, resp. diese zusammen mit der Branche umzusetzen.
Unterstützung vorhandener Biobetriebe und Nutzung ihrer Vorbildwirkung: ProBio ist das Angebot der Bio-Branche zum Wissenstransfer von Bauer und Bäuerin zu Bauer und Bäuerin. Es ist beliebt, wird rege genutzt und laufend ausgebaut.
IP-Stock von 200 Biobauern
Auf die Vermutung angesprochen, dass Biobetriebe teils zu IP-Suisse wechseln würden, sagt IP-Suisse-Geschäftsführer Fritz Rothen: «Wir erheben diesbezüglich keine Daten, von daher können wir das nicht bestätigen.» Was Rothen aus individuellen Telefonaten mit Umstellern jedoch feststellt, ist, dass einzelne Biobauern entweder mit dem Preis der Biomilch, mit den Bio-Züchtungsmethoden oder mit der strikten Kraftfutterregelung nicht einverstanden waren. Wo es eine Überlappung der beiden Produktionssystemen gibt, erklärt Fritz Rothen: «IP-Suisse hat einen durchschnittlichen Stock von rund 200 Biobauern, die für das IP-Label Swiss Black Angus Beef, Schlachtkühe usw. produzieren.»