Mittels Samensexing, einer technisch-physikalischen Reproduktionsmethode in der Viehzucht, können gezielt weibliche oder männliche Tiere gezüchtet werden. Der Hauptgrund für den Einsatz der Technologie ist die Vermeidung männlicher und damit «unerwünschter» Milchrassekälber. Während die Schweizer Bio-Verordnung den Einsatz von gesextem Samen grundsätzlich erlaubt, verbietet Bio Suisse ihren Produzenten die Technologie.
Schon einmal auf dem Tisch
Die Zulassung des Verfahrens für Bio-Suisse-Produzenten wurde schon 2015 an der Delegiertenversammlung der Bio-Organisation diskutiert. Bio Suisse moniert an der Technologie unter anderem, dass der Einsatz von gesextem Sperma noch stärker auf die «Technologietauglichkeit» fokussiere und entsprechende Spermien selektiert würden. Dies befördere den Trend hin zu einer immer einseitigeren Produktionsleistungszucht. Trotzdem anerkennt Bio Suisse, dass das Spermasexing «wenig problematisch» sei, solange die künstliche Besamung weiterhin erlaubt bleibe. Es sei hingegen schwierig, die Technologie gegenüber den Konsumenten zu rechtfertigen.
Für Bioproduzenten sei es sinnvoller, auf Zweinutzungsrassen zu setzen. Deren männliche Kälber könnten dann entsprechend auf Biobetrieben gemästet werden. Die Delegierten folgten 2015 dem Antrag des Vorstandes und lehnten das Begehren mit einer deutlichen Mehrheit ab.
Antrag erneut gestellt
Im Hinblick auf die Delegiertenversammlung von Bio Suisse am 11. November in Olten werde das Thema wieder aufs Tapet kommen. Viele Bio-Viehzüchter sind unzufrieden mit der bestehenden Regelung und verlangen eine erneute Diskussion.
Noch im Juli dieses Jahres sagte hingegen Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli gegenüber dem Fachmagazin «die grüne», dass sich die Argumente der Organisation gegen das Spermasexing seit 2015 nicht geändert hätten. «Es braucht im Biolandbau keine Spitzenzucht, sondern robuste Tiere. Die Erlaubnis zum Samensexing wäre in dieser Hinsicht ein falsches Signal. Ausserdem befürchten wir, dass der Genpool durch eine noch gezieltere Züchtung immer seichter würde.»
Keine «Zwängerei»
Um an der Delegiertenversammlung von Bio Suisse einen entsprechenden Antrag einzureichen, sind 50 Unterschriften nötig. «Mehr als doppelt so viele sind jetzt zusammengekommen», sagt Daniela Häfelfinger, Geschäftsführerin von Swiss Jersey. Der Zuchtverein gehört zu den Mitinitianten des Antrags. Auf Anfrage sagte Häfelfinger, sie tue sich schwer damit, dass Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli das Begehren gegenüber der BauernZeitung als eine «Zwängerei» bezeichnet habe. «Die Unterschriftenzahl verdeutlicht, dass das Bedürfnis nach gesexten Spermien doch ein breit abgestütztes Anliegen und keine Zwängerei ist», fährt sie fort.
«Dass die Hälfte der auf Biobetrieben geborenen Stierkälber, die als Tränkerkälber weiterverkauft werden, in konventionellen Mastbetrieben landen, ist nicht hinnehmbar.» Hier schiebe der Biolandbau seine Verantwortung ab und lagere das Problem aus. Das sei ein Widerspruch zum Bio-Grundsatz geschlossener Kreisläufe.