Heinz Schwab ist enttäuscht. Vor ihm liegt die letzte Ausgabe des Migros-Magazins. Mit dem Titel «So schaden Kuhfürze dem Klima weniger» macht die Migros ihre Leserschaft auf eine neue Zusammenarbeit mit der Fenaco aufmerksam. Im Artikel steht, dass Kühe jährlich rund 100 kg Methan ausstossen, welches wiederum schädlich fürs Klima sei. Und zwar 27-mal mehr als CO2. Für dieses Problem habe die Fenaco mit einem passenden Futter nun eine Lösung gefunden, vermittelt die Migros der Konsumentin. Denn durch das Fressen dieses Futters würden die Tiere beim Furzen und Rülpsen weniger Methan ausstossen.
Imagepflege der Migros im Vordergrund
«Für wen ist sowas nützlich?», fragt Heinz Schwab und ist sicher: In erster Linie gehe es um die Imagepflege der Migros. Denn die Mehrkosten für das klimaschonende Futtermittel muss nicht der Bauer selbst bezahlen. Das übernimmt laut Artikel der M-Klimafonds. «Wir hätten mit der Wiesenmilch eine gute Sache. Dort wird das Kraftfutter sehr beschränkt eingesetzt. Und genau das liesse sich auch ausloben», ist der Landwirt sicher.
«Für wen ist so etwas nützlich?»
Heinz Schwab, IP-Suisse-Landwirt
Stattdessen müssten immer wieder neue Sachen her. Hauptsächlich stört Schwab die Zahlen-Jongliererei im Artikel. Für ihn sollten Studien von neutraler Seite kommen, wie zum Beispiel von Agroscope. Man erwähne mit keiner Silbe, wie viel CO2 im Gras gespeichert wird. Auch, dass der Stock an Methan weitgehend unverändert bleibe, aber das CO2 sich anreichere, lasse man aussen vor. Und genau dort habe man schliesslich auch die grössten Emissionen.
Mineralfutter legitimiert das Fliegen
«Ausgerechnet von der Migros enttäuscht mich ein solcher Beitrag enorm», sagt Heinz Schwab. So heisse es immer, man solle das Getreide für die Lebensmittelherstellung beiseite stellen und Gras nutzen. Nun vermittle man mit so einem Deal: «Wenn die Bauern dieses Mineralfutter füttern, dann kann ich wieder rumfliegen.» Denn im Artikel wird vorgerechnet, dass man 1050-mal von Zürich nach New York und wieder zurück fliegen könne, wenn 6000 Kühe dieses Futter fressen würden.
Der Weg zur Wiesenmilch
Im Gestell der Migros steht im Bereich der Trinkmilch nur Wiesenmilchqualität. 2018 führte der Detailhändler das Programm Nachhaltige Milch Migros ein. 2021 folgte dann der Sprung zu IP-Suisse-Wiesenmilch. Mit dem Käfer setze man auf ein Label, das die Konsument(innen) kennen würden, hiess es damals. Dass die Migros integral auf ein bäuerliches Label abstütze, sei auch eine Anerkennung dafür, dass IP-Suisse die Nachhaltigkeit selbstständig und erfolgreich vorangetrieben habe, hiess es damals zum Deal vonseiten der Migros.
Von eben dieser Anerkennung spürt aber Heinz Schwab aktuell etwas wenig. Insbesondere dann, wenn man mit solchen Artikeln die Sensationsmacherei vor die Relevanz stelle.
Engagierte Migros zugunsten des Klimas
Gefragt nach der Motivation für diesen Deal, schreibt die Medienstelle der Migros: «Die Migros engagiert sich mit diversen Projekten für eine nachhaltige Milchwirtschaft: Ein wichtiges Engagement ist die Umstellung auf IPS-Wiesenmilch bei Trinkmilch.» Daneben würde man sich aber auch mit Pilotprojekten wie dem methanreduzierenden Futtermittel der Fenaco oder mit Forschungsprojekten wie der Erhöhung der Nutzungsdauer schweizerischer Milchkühe des FIBL engagieren. Zusätzlich engagiere sich die Migros in Arbeitsgruppen wie dem «Klimatisch Milch». «Das breite Engagement der Migros trägt dazu bei, die verkaufte Milch klimafreundlicher und nachhaltiger zu machen.» Die Frage, ob es Rückmeldungen zum Artikel gegeben habe, beantwortet die Detailhändlerin allerdings nicht.
Unpassend erscheint Landwirt Heinz Schwab nicht nur der Inhalt, sondern auch die Bebilderung. Weidende Tiere auf der grünen Wiese.
