«Coop wird zum Preisdrücker Nr. 1», wirft die bäuerliche Interessengemeinschaft Big-M der Detailhändlerin in einem Schreiben vor. Der Grund dafür sei, dass Coop Mitte September den Liter Vollmilch UHT (IP-Suisse Wiesenmilch) für 1 Franken 15 anbiete. «Das mag für Konsumenten schön tönen: Hohe Nachhaltigkeit zum Spotpreis. Die Rückseite diese Medaille ist aber rabenschwarz», so Big-M.

Wie Big-M weiter ausführt, sei der Richtpreis für A-Milch von der Branchenorganisation Milch (BOM) aktuell auf 82 Rappen festgesetzt worden. Produzenten von IP-Suisse-Wiesenmilch erhielten für ihre «besondere Leistung» noch einen Zuschlag von 4,5 Rappen. «Also müsste der Ankaufspreis rund 86,5 Rappen betragen. Soweit zumindest die Absicht der BOM», so Big-M.

Big-M rechnet zurück

Vom Endverkaufspreis im Laden Fr. 1.15 gehen laut Big-M die Kosten für die Verkaufsfiliale, der Transport zu den Filialen, die Verpackung plus Deckel, das Uperisieren und Abfüllen der Milch sowie der Transport der Milch vom Bauern zur Molkerei weg. «Auch wenn hart kalkuliert wurde, fallen hier mindestens Kosten von 50 Rappen pro Liter an», so Big-M. Das bedeute, dass der IP-Suisse-Produzent trotz der hohen Auflagen vermutlich gerade noch 65 Rappen erhalte. Das seien rund 10 Rappen weniger als der vom BOM-Vorstand festgelegte Richtpreis für gewöhnliche A-Milch. «Höchst bedenklich, denn im BOM-Vorstand sitzt auch ein Vertreter von Coop», moniert Big-M und fragt: «Was nützen Beschlüsse einer Branchenorganisation, wenn sich die mächtigsten Player nicht daran halten?»

Bleibt IP-Suisse tatenlos?

IP-Suisse wirft die Big-M indes Tatenlosigkeit vor. «Wie kann die IP-Suisse da zusehen? Die Milchproduzenten werden von A bis Z kontrolliert, aber beim Detailhändler schauen offensichtlich alle weg. Das sind düstere Aussichten für die nachhaltige Milchproduktion», ist man bei der Interessengemeinschaft sicher.

Mit dem Vorwurf konfrontiert, erklärt IP-Suisse-Präsident Andreas Stalder, dass es bedenklich sei, dass der Grundpreis nicht eingehalten werde. Vonseiten der Produzenten seien im Zusammenhang mit der Detailhändlerin Coop aber keine ähnlichen Vorwürfe an die Labelorganisation gelangt. «Wir sind in erster Linie zuständig für das Einhalten der Prämien, werden uns aber umgehend mit Coop in Verbindung setzen und die Vorwürfe der Big-M thematisieren.»

Wie läuft es bei Bio und «Prix Garantie»?

Vor zwei Jahren hat Coop angekündigt, das Bio-Sortiment auszubauen, gleichzeitig aber auch die Billiglinie «Prix Garantie» zu stärken. Seither ist viel passiert auf dem Markt. Steigende Rohstoffpreise, Inflation und wachsender Wettbewerb prägten den Schweizer Detailhandel. Preise sanken, insbesondere bei Frischprodukten, um den Konsumenten attraktive Angebote zu machen. Gleichzeitig wuchs die Nachfrage nach Bio und regionalen Produkten, was den Fokus auf Nachhaltigkeit verstärkte.

Die BauernZeitung wollte von Coop wissen, was sich seither konkret im Sortiment verändert hat. «Heute bietet Coop mit mehr als 9000 Bio-Produkten, davon über 4000 Bio-Knospe-Artikel, das grösste Bio-Sortiment im Schweizer Detailhandel an», sagt Thomas Ditzler, Mediensprecher bei Coop. So gebe es im aktuellen Sortiment kaum ein Lebensmittel, das nicht auch in Bio-Qualität erhältlich sei. «Seit der Einführung von Naturaplan-Bio-Produkten vor über 30 Jahren schreibt dieses Produktsegment eine Erfolgsgeschichte. Das Wachstum war insbesondere in den von der Pandemie geprägten Jahren signifikant und hat sich 2022 auf höherem Niveau als vor Corona eingependelt», bilanziert Ditzler.

Erfolg im Billigsortiment

Auch im Billigpreissegment scheint Coop erfolgreich zu verkaufen. «Die positive Wahrnehmung von Prix Garantie in der Schweizer Bevölkerung konnte sich in den letzten Jahren gemäss Coop Eigenmarken- und Gütesiegelstudie 2023 steigern und die Eigenmarke wird heute als sehr sympathisch und qualitativ gut empfunden», so Thomas Ditzler. Heute finde sich in jedem dritten Warenkorb mindestens ein Prix-Garantie-Artikel. Mit ein Grund also, die Preiseinstiegs-Linie Prix Garantie weiter auszubauen. Im letzten Jahr wurden 65 neue Artikel unter dieser Eigenmarke auf den Markt gebracht und Coop konnte ein zweistelliges Wachstum verzeichnen. «Heute bieten wir unter Prix Garantie insgesamt 1500 Artikel an und werden dieses Sortiment in diesem Jahr weiter ausbauen und optimieren», so Ditzler weiter. 

Auf eigene Bio-Marke setzen

Gefragt nach der Entwicklung erklärt der Mediensprecher, dass die Kundschaft die Wahlfreiheit schätze, die sie in den Coop-Verkaufsstellen vorfinde. Das Einkaufsverhalten hat sich laut Thomas Ditzler nicht signifikant verändert. Die Nachfrage nach Naturaplan-Bio-Produkten sei ungebrochen hoch.

Die Pläne von Coop sehen wie folgt aus: Man will weiterhin gezielt auf die eigene Bio-Marke Naturaplan setzen, zudem stark auf Produkte aus der lokalen Landwirtschaft und ganz klar auf die Knospe von Bio Suisse. «Die Weiterentwicklung der Sortimente mit innovativen Neuheiten steht ebenso im Fokus der Marke Naturaplan wie die nachhaltige Unterstützung zahlreicher Projekte im Bio-Landbau», so Thomas Ditzler. Dieser schone natürliche Ressourcen, stelle ursprüngliche und gesunde Lebensmittel her und biete vielen Bauernfamilien eine Perspektive. Coop setze stark auf Mehrwertprogramme wie die Knospe von Bio Suisse und weise überdurchschnittliche Sortimentsanteile auf. Produzenten, die an Mehrwertprogrammen teilnehmen, würden von Coop mit entsprechend höheren Preisen bezahlt. «Wir setzen somit stark auf die einheimische Landwirtschaft und sind weiterhin die grösste Abnehmerin von Schweizer Produkten», hält Thomas Ditzler fest. Das steht allerdings im Widerspruch zu den Feststellungen, die Big-M gemacht hat.