An der Generalversammlung von Bio Zürich und Schaffhausen, die am 7. April 2022 am Strickhof in Winterthur stattfand, hielt Reto Thörig von Bio Suisse ein Gastreferat. Der gebürtige St. Galler, seit 2020 für die Knospe tätig, ist als Projektleiter mit der Aufgabe betraut, den Bioanteil in der Gas­tronomie zu erhöhen. 

Der Bioanteil ist tiefer als im Detailhandel

Der Fokus liegt dabei auf der ­Gemeinschaftsgastronomie: In der Schweiz gibt es total etwa 23 000 Gastrobetriebe. Darauf entfallen rund 1850 Spitäler und Heime, etwa 1000 Mensen sowie rund 600 Betriebe im Bereich Bildung und Kindertagesstätten. In der gesamten Gastronomie liegt der Bioanteil lediglich bei unter 5 Prozent. Das ist bedeutend weniger als beim Detailhandel mit rund 11 Prozent. «Das liegt vielfach an fehlendem Wissen und Zugang. Ein häufiger Grund sind auch die höheren Preise für ­Bioprodukte», stellte Reto Thörig fest. 

Als gelernter Hotelier und Res­taurateur mit jahrelanger Berufserfahrung in grossen Betrieben wie etwa dem Unispital Basel weiss er zudem, dass auch berufliche Gewohnheiten eine bedeutende Rolle spielen: «Gastronomen kaufen häufig verarbeitete Produkte. So verwenden sie beispielsweise nicht frische Rüebli vom Markt, sondern solche, die bereits geschält, blanchiert und tiefgekühlt sind.» 

Der Gastronomiemarkt ist komplex

Die Lösung bestehe nun aber nicht darin, die Gastronomie umzuerziehen, das funktioniere nicht, auch sei der Markt zu komplex. Was es gemäss Thörig vielmehr braucht, ist beispielsweise Schulung: «Es gilt in der Branche ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie man saisonal, regional und Bio kocht». Konkret ist dazu ab Mitte August mit einem Bildungspartner ein Angebot im Rahmen eines CAS-Lehrgangs geplant, bei welchem etwa Köche, Menüplaner oder Einkäufer entsprechende Module besuchen können. Auch brauche es für das Convenience-Segment ein umfangreicheres Bioangebot, man könne nicht darauf warten, bis die Nachfrage von allein komme. 

Weiter sollte auch der Grosshandel mitziehen, indem zum Beispiel gemeinsam Rüebli eingekauft werden, wodurch sich die Preise attraktiver gestalten lassen. Dazu kommt Unterstützung durch digitalisierte Angebote wie etwa das Portal Biomondo, der Marktplatz der Schweizer Biolandwirtschaft. Auf diesem können zukünftig Transaktionen direkt vom Landwirt an die Gastronomie und umgekehrt getätigt werden

Bio Suisse geht neue Partnerschafte ein

Ein Teil der Bio-Offensive in der Gemeinschaftsgastronomie sind Partnerschaften, um neue Absatzkanäle für Knospe-Produkte in die Breite zu eröffnen. Zum Beispiel ist Bio Suisse eine Partnerschaft mit «Fourchette verte» eingegangen. Dem Qualitätslabel für ausgewogene Ernährung in der Gastronomie auf Basis der Schweizer Lebensmittelpyramide sind schweizweit rund 1600 Betriebe aus der Gemeinschaftsgastronomie angeschlossen, darunter auch solche aus den Kantonen St. Gallen und Thurgau. Diese Organisation wird unter anderem von der Gesundheitsförderung Schweiz getragen. 

«Immer mehr Gemeinden und Städte möchten die Ernährung in den Kitas und Mensen nachhaltiger ausrichten und sind bereit, diese Umstellung in ihren Betrieben finanziell zu subventionieren», stellte Thörig fest. Mit überdachter Menü- und Einkaufsplanung und der Verminderung von Food Waste müsse die Bioverpflegung aber langfristig nicht unbedingt teurer sein als die bisherige. 

Betriebe können Abstufungen wählen

Eines der Rezepte dafür, erfolgreich die Gastronomen anzusprechen, sei, auf konkrete Produkte und Produzenten hinzuweisen. «Bio verkauft sich am besten, indem man Gesichter zeigt und die Geschichten hinter den Produkten erzählt», so Reto Thörig. 

Zudem ist Bio Suisse daran, die bisherige Knospe-Kennzeichnung in der Gastronomie zu überarbeiten. Demnach könnten Betriebe entscheiden, zu wie viel Prozent sie für ihre Gäste in Bio- und Knospe-Qualität kochen wollen. Die drei vorgeschlagenen Stufen sind 30 Prozent Bio mit einem Knospe-Anteil von 20 Prozent, 60 Prozent Bio mit 40 Prozent Knospe sowie 90 Prozent Bio mit 60 Prozent Knospe-Qualität. «Dies setzt voraus, dass Bio Suisse dazu die Weisungen anpasst», sagte Thörig. Zudem müsste das Handling wie etwa die Datenerfassung, Kontrolle und Nachweise für Weiterbildung einfach umsetzbar sein. Das neue Modell wird zurzeit in den Gremien von Bio Suisse diskutiert. Sofern diese dem Modell zustimmen, kann es ab 2023 eingeführt werden.