«Bereits im Frühling standen die Zeichen auf dem Weltmarkt auf Sturm», sagte Peter Hegglin, Präsident der Milch" target="_blank">Branchenorganisation Milch (BOM). Zwar zeichne sich erfreulicherweise eine tragfähige Lösung für den Milchverarbeiter Hochdorf ab. Doch zeigten sich die Schweizer(innen) reiselustig, konsumierten also Milchprodukte im Ausland und seien im Inland vermehrt auf der Suche nach günstigen Angeboten. Vor diesem Hintergrund hatte die BOM ihre Delegierten zur ausserordentlichen Versammlung nach Gümligen BE geladen.
Hohe Preisdifferenz und wachsender Butterberg
Die steigende Preisdifferenz zum Ausland sei insbesondere in den liberalisierten Märkten für Käse und Milchgrundstoffen ein Problem, erklärte Peter Hegglin den Anwesenden, die neben Kartonschachteln und Flyerstapeln im Logistikzentrum von Swissmilk zusammengekommen waren. Angesichts eines wachsenden Butterbergs habe ausserdem die Situation beim Milchfett gedreht. «Bevor es ganz schwerwiegende Massnahmen braucht» habe man daher eine mögliche Antwort ausgearbeitet. «Es ist fast ein Privileg, diese Lösung zu präsentieren», meinte der BOM-Präsident. Denn nach eingehender Diskussion verschiedener Möglichkeiten sei dieser «ausgewogene Vorschlag» vom Vorstand einstimmig angenommen worden.
Butterversorgung weist den Weg
Auch die Delegierten stimmten zum Schluss der Versammlung einstimmig für die vorgeschlagene Revision der Fonds-Reglemente. Damit begegnet die BOM den aktuellen Herausforderungen folgendermassen:
Stärkere Exportstützung: Erhöhung um 3 Rappen pro Kilo Milch aus dem Fonds Rohstoffverbilligung. Damit bezahlt die BOM umgerechnet 28 Rappen (statt bisher 25 Rappen) pro Kilo Milch, wenn ein Exporteur von Schokolade, Biscuits oder Babynahrung teurere Schweizer Rohstoffe verwendet.
Gegen den Butterberg: Das Geld aus dem Fonds Regulierung fliesst neu je nachdem, wie der Markt mit Butter (über)versorgt ist. Bei zu wenig Butter (Phase I) werden Export von Milcheiweiss gestützt, bei leichter bis mittlerer Butterüberversorgung (Phase II) hälftig auch Milchfettexporte. Ist der Butterberg hoch, tritt Phase III ein und sämtliche Mittel aus dem Fonds Regulierung kommen für dessen Abbau zum Einsatz.
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«In Phase III ist die Stützung von Milchfettexporten an die Herstellung und den Handel von C-Milch geknüpft», erläuterte BOM-Geschäftsführer Stefan Kohler. Damit werde allen Marktakteuren die Überschusssituation signalisiert.
Schweizer Rohstoffe in Exportprodukte bringen
Ein wichtiger Teil der Fonds-Anpassungen ist die Abwehr des Veredelungsverkehrs. «Es wurde in den letzten Jahren nicht weniger exportiert, sondern stark umgestellt von Schweizer Rohstoffen auf Veredelungsverkehr», umriss Stefan Kohler das Problem. Am augenfälligsten ist diese Zunahme bei der Butter: Wurden 2019 noch 170 t aus dem Ausland importiert, verarbeitet und danach exportiert, waren es 2023 3482 t. Um dem entgegenzuwirken, soll in Phase II (leichte bis mittlere Butterüberversorgung) die Stützung von Milchfettexporten zusätzlich befristet auch aus dem Fonds Regulierung berappt werden.
Man orientiere sich am Stand der Butterlager, da zu viel Milcheiweiss ein viel kleineres Problem für den Markt sei, sagt Stefan Kohler: «Eiweiss ist ein typisches Exportprodukt, das im Inland zu keiner Konkurrenz führt. Zu viel Butter kann aber zu einem Preiszerfall führen, wenn man plötzlich nicht mehr weiss, wohin mit dem Rahm.»
Der richtige Moment für reinen Tisch
Finanziell stellt die neue Lenkung der Fondsgelder keine Herausforderung dar. In den letzten drei Jahren haben beide Töpfe hohe Überschüsse verzeichnet. «Die Fonds sind politisch gut akzeptiert, im Markt etabliert und das Inkasso läuft tadellos», ergänzte Stefan Kohler. Die von den Produzenten eingezogenen Beiträge werden durch die Anpassung der Fonds-Reglemente nicht beeinflusst und bleiben gleich bei 5 Rappen (Verkehrsmilchzulage). «Aber es gibt ziemlich viel Flickwerk», räumte Kohler ein. Es sei der richtige Moment, «reinen Tisch zu machen» und keine neuen, nur befristeten Lösungen einzuführen.
Vorteilhafte Entwicklung der Butterpreise nutzen
Auf Antrag der Produzentenvertreter in der BOM tritt das angepasste Reglement zum Fonds Regulierung bereits per 1. Oktober 2024 in Kraft. Damit kann der Vorstand ab nächsten Monat auf den Stand der Butterlager reagieren. «Wir konstatieren kurzfristig eine sehr vorteilhafte Entwicklung der Butterpreise in der EU», so die Begründung der Schweizer Milchproduzenten (SMP). Da niemand wisse, wie lange das so bleibt, wollte man den Vorstand befähigen, baldmöglichst mit vorgezogenen Milchfettexporten reagieren können. Die übrigen Beschlüsse (zum Fonds Regulierung) gelten ab 1. Januar 2025.
«Das ist unsere Antwort auf den steigenden Veredelungsverkehr und zur Entlastung des Buttermarkts», fasste Stefan Kohler zusammen. Denn das sei eine reine Preisfrage und mit gestärkter Stützung liessen sich Märkte für Milchgrundstoffe zurückgewinnen.
Fast alle auf dem Grünen Teppich
Stefan Kohler nutzte die Gelegenheit, die BOM-Delegierten über die Fortschritte beim Branchenstandard nachhaltige Milch (Swissmilk green, Grüner Teppich) zu informieren. Stand 30. Juni 2024 wurden 98 Prozent der Schweizer Milch nach Swissmilk green produziert (99 Prozent der Molkerei- und 96 Prozent der verkästen, silofreien Milch). 623 Hauptbetriebe (ohne Direkt- und Sömmerungsverarbeiter usw.) standen zu diesem Zeitpunkt nicht auf dem Grünen Teppich. «Davon ist rund ein Drittel aus der Produktion ausgestiegen, aber noch in der DB Milch registriert», so Kohler. Ein weiteres Drittel sei so abgelegen und eigenständig in Verarbeitung und Vermarktung, dass sich die Teilnahme bei Swissmilk Green erübrige. «Ich denke da z. B. an eine kleine Käserei im Puschlav, an die vielleicht fünf Betriebe ihre Milch liefern.» Beim letzten Drittel brauche es eben noch etwas «Daumenschrauben» seitens der Abnehmer, um sie ebenfalls auf den Grünen Teppich zu beringen. «Wir werden nie auf 100 Prozent Teilnahme kommen», ist sich Stefan Kohler bewusst, «wir sind ja hier nicht in Nordkorea». Er wertet die bisherigen Zahlen dennoch als Erfolg.
Derweil läuft die Weiterentwicklung von Swissmilk Green: Nachdem die Delegierten im Frühling die Einführung des Klimarechners KLIR auf freiwilliger Basis beschlossen haben, steht die BOM kurz vor Abschluss einer entsprechenden IT-Partnerschaft. Bereits im Boot ist die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) für die wissenschaftliche Begleitung. Man gebe «ziemlich Vollgas», hielt Stefan Kohler fest. Vielleicht sei der bisherige Zeitplan mit Beginn der Umsetzung ab 1. Juli 2025 aber doch zu ehrgeizig.
