Abo Reto Ryser beim gemütlichen Teil der Fachkonferenz. Start-up-Unternehmen präsentierten ihre Produkte. Interview Reto Ryser: «Der Klimawandel ist real» Friday, 10. November 2023 «Wir produzieren intensiv», sagt Nadja El Benni über die Schweizer Landwirtschaft. Die Forschungsbereichsleiterin Agroscope referierte am Dienstag anlässlich der Fachtagung Brennpunkt Nahrung zur Ernährungssicherheit in der Schweiz. Im Gepäck hatte die Agrarökonomin zahlreiche Grafiken, die ihre Ausführungen unterstrichen.

Den Begriff Ernährungssicherheit stellt Nadja El Benni indes gleich mit einem nachhaltigen Ernährungssystem. Und da sieht sie entsprechend hohen Handlungsbedarf. Ernährungssicherheit sei gegeben, wenn alle Menschen zu jeder Zeit physischen und ökonomischen Zugang zu genügend sicherer Nahrung hätten, zitierte die Agrarökonomin die Organisation World Food Summit.

Was ist das überhaupt?

Die Ernährungssicherheit hat vier Dimensionen:

  1. Verfügbarkeit: eine ausreichende Menge von Nahrungsmitteln in angemessener Qualität aus dem Inland und Importen.
  2. Zugang: zu Ressourcen, um Nahrungsmittel für eine gesunde Ernährung zu erwerben.
  3. Verwendung: von Nahrungsmitteln, um einen Zustand des ernährungsbedingten Wohlbefindens zu erreichen.
  4. Stabilität: in der Nahrungsmittelversorgung zu jeder Zeit, für die Bevölkerung, einen Haushalt oder eine Einzelperson.

Die Ernährungssicherheit stützt sich zumindest zu einem Teil auf die inländische Produktion ab. Doch der Selbstversorgungsgrad gerät weiter unter Druck. Obschon sich die Schweizer Bevölkerung laut Fenaco in diesem Bereich einen Wert von rund 70 % wünsche, sinkt der Grad weiter. Der Grund dafür ist klar: Eine sinkende Landwirtschafts- und Ackerfläche und eine steigende Bevölkerungszahl reduzieren den Selbstversorgungsgrad. Und das, obschon eine stetige Produktivitätssteigerung stattfand.

Hohe Abhängigkeit

Das Fazit von Nadja El Benni ist naheliegend: Die Ernährungssicherheit sei langfristig nicht gewährleistet. Die Zunahme an Importen erhöhe die Abhängigkeit der Schweiz. Zudem würden Klimawandel und Krisen die Verfügbarkeit und Stabilität der Nahrungsmittelproduktion wie auch der Importe reduzieren. Entsprechend brauche es Korrekturmassnahmen. Die Ackerfläche müsse der menschlichen Ernährung zugeführt werden, während das Grünland für die Milch- und Fleischproduktion stehe. Mit einer gesünderen Ernährung, näher an der Ernährungspyramide, und einer deutlichen Reduktion von Food Waste wäre laut der Agroscope-Mitarbeiterin gar ein Selbstversorgungsgrad von 80 % möglich.

«Ein ausreichend hohes Einkommen ist aber auch zentral für die Ernährungssicherheit. Das muss einfach einmal gesagt werden», gab Nadja El Benni den wenigen produzierenden Bauern im Saal Rückendeckung.

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