Seit fünf Jahren gibt es das Label «Di fair Milch», das einen fairen Milchpreis und einen kostendeckenden Stundenlohn für die Bauern garantiert. Werner Locher, Präsident der Genossenschaft Faire Milch Säuliamt, spricht im Interview über das bisher Erreichte und die Ziele, welche die 43 Milchbauern mit ihrem Produkt haben.
BauernZeitung: Herr Locher, wie hebt sich Ihr Label von anderen nachhaltigen Milchlabeln ab?
Werner Locher: Das Label «Di fair Milch» ist neben «Faireswiss» das einzige Label, das die Entlöhnung, also die Arbeit des Bauern und der Bäuerin, in den Vordergrund stellt. Hohe Auflagen zu machen und zu glauben, dass mit zusätzlichen 2 Rappen Milchgeld mehr für den Bauern bleibt, ist Augenwischerei. Wir zahlen einen Milchpreis, der die ökonomische Realität abbildet.
Wie gewährleisten Sie das?
Wir orientieren uns an der «Vollkostenrechnung Milch» von Markus Höltschi vom LBBZ Hohenrain. Die Produktionskosten im Talgebiet für 1 Liter Milch lagen bis vor Kurzem bei durchschnittlich 1 Franken. 20 Rappen werden durch Direktzahlungen abgedeckt. Die verbleibenden 80 Rappen müssten durch den Verkaufserlös gedeckt werden, um einen Stundenlohn von 28 Franken zu gewährleisten.
Bei uns soll auch der Produzent mit dem schlechtesten Käuferpreis, sagen wir 55 Rappen, auf die 80 Rappen kommen. In den letzten Jahren haben wir deshalb einen Zuschlag von 25 Rappen ausbezahlt, um diese Differenz auszugleichen.
180'000 Liter faire Milch pro Jahr
«Di fair Milch Säuliamt» ist seit Dezember 2017 auf dem Markt. Ziel der gleichnamigen Genossenschaft war und ist eine nachhaltige Milchproduktion, bei der die Arbeit der Bauern bezahlt ist. Um einen fairen, kostendeckenden Milchpreis zu gewährleisten, zahlte die Genossenschaft den 43 Produzenten bisher 25 Rappen pro verkauftem Liter aus. Die Milch wird von der ZMP gesammelt und anschliessend in der Molkerei Höhn im Hirzel pasteurisiert, homogenisiert und verpackt. Dreimal wöchentlich wird sie an die Volg- und Hofläden der Region geliefert. Die jährliche Verkaufsmenge liegt heute bei 180'000 Liter.
Reichen diese 25 Rappen, um die gestiegenen Produktionskosten zu decken?
Die Produktionskosten sind in der Tat stark gestiegen, aber auch die Milchpreise wurden erhöht. Für die Genossenschaft sind die Kosten für die Pasteurisierung und Abfüllung ebenfalls gestiegen, so dass wir den Verkaufspreis im Laden am 1. Juli 2022 um 10 Rappen erhöht haben. So können wir weiterhin die Differenz zwischen dem ausbezahlten Milchpreis und dem kostendeckenden Preis auszahlen.
Für 2023 müssen wir wieder über die Bücher. Wir brauchen dazu aber die genauen Zahlen aus den Buchhaltungen 2022. Zudem haben die Verpackungen sowie die Abfüllerei per 1.1.2023 nochmals aufgeschlagen. Ob wir 22, 23 oder 25 Rappen an die Bauern zahlen werden, kann ich im Moment nicht sagen.
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«Di fair Milch Säuliamt» wird gerne als Erfolgsgeschichte ausgelobt. Gab es neben der erfolgreichen Lancierung des Produkts in den letzten fünf Jahren auch Tiefpunkte?
Ja, natürlich gab es die. Unsere Bemühungen, das Verkaufsgebiet auszudehnen oder in die regionalen Läden der orangen Grossverteiler zu kommen, laufen leider immer wieder ins Leere. Die Grossverteiler sind nicht daran interessiert, unsere Milch in ihr Sortiment aufzunehmen.
Hätten Sie denn überhaupt Kapazitäten, mehr faire Milch zu liefern?
Auf jeden Fall. Heute verkaufen die 43 Betriebe zusammen 180'000 Liter Milch über das Label. Das ist pro Betrieb eine kleine Menge, der Grossteil der Milch geht immer noch in den Grosshandel zu den üblichen Preisen.
Wie kommt «di fair Milch» bei den Konsumenten an?
«Di fair Milch Säuliamt» erfreut sich hier in der Region konstant einer sehr hohen Beliebtheit. Der Faktor Regionalität spielt vermutlich eine grosse Rolle. Viele unserer Konsumenten kennen einen oder mehrere Produzenten persönlich. Wir haben auch Betriebe, welche die Milch in ihren Hofläden verkaufen. Ich höre von der Kundschaft immer wieder, dass unsere Milch noch nach richtiger Milch schmeckt.
«Unsere Vollmilch ist naturbelassen, sie wird also nicht auf 3,5 % Fett standardisiert – und das schmeckt man.»
Werner Locher zu den Konsumentenrückmeldungen
Planen Sie etwas anlässlich des fünfjährigen Jubiläums?
Wir haben letzte Woche einen Wettbewerb lanciert. An sämtlichen Verkaufsstellen gibt es Teilnahmekarten oder man scannt den QR-Code direkt am Milchregal. Als Hauptpreis gibt es eine Übernachtung auf einer Alp für die ganze Familie zu gewinnen. Elf weitere Gewinner(innen) bekommen die faire Milch einen Monat lang gratis. Auf diese Weise wollen wir uns bei der Kundschaft für die Treue bedanken.
Wie lauten Ihre Ziele und Visionen für die nächsten fünf Jahre?
«Mein oberstes Ziel ist, das Präsidium abzugeben, am liebsten in junge Hände.»
Werner Locher zu seinen Zukunftsplänen
Die Vision von «di fair Milch» ist nach wie vor, dass wir das Verkaufsgebiet vergrössern können. Albisbeck, der nebst frischen Backwaren auch unsere Milch in die Volgläden liefert, hat neu eine Genossenschaftsbäckerei mit zwei Filialen in der Stadt Zürich übernommen. Wir hoffen, dass wir unsere Milch zukunftsnah auch in diesen und weiteren Lokalen verkaufen und so den Gedanken von fair bezahlter Milch in die Stadt tragen können.
