Es ist paradox: Zum einen sind die Butterlager leer und es muss tonnenweise Butter importiert werden und zum anderen kündigen die Milchverarbeiter und Milchhändler ausgerechnet jetzt eine Milchpreissenkung an. Wie die Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) in ihrem neusten Infoblatt schreiben, werde per 1. Juli eine Preissenkung unvermeidbar sein. Wie hoch diese ausfallen werde, wurde nicht mitgeteilt. Nur soviel: Aufgrund der Preisentwicklung auf den internationalen Märkten sei das Milchgeschäft bereits seit April in einer Unterdeckung. Aktuell könne man den Milchpreis durch das Auflösen von Reserven noch halten, heisst es weiter. Ab Juli werde dies aber nicht mehr möglich sein.
Aaremilch AG will zwei Rappen weniger bezahlen
Auch die Lieferanten der Aaremilch AG sind von einer Milchpreissenkung betroffen und zwar bereits ab Juni mit 2 Rp./kg. Aaremilch AG-Geschäftsführer Donat Schneider begründet die Senkung mit zwei Punkten: «Zum einen sinkt der Preis für Milch im B-Preis-Segment um sieben Rappen und zum anderen, der gewichtigere Grund, ist die Situation im Bereich des Exports via Fonds Rohstoffpreisausgleich», sagt Schneider.
Während das Inland-A-Segment sehr gut laufe, sehe es im Bereich des Exports schlecht aus. «Hier kommt es zu massiven Milchpreissenkungen beim A-Preis», weiss Schneider. Leider könne die gute Lage des A-Milch-Preises im Inland die Situation im Ausland zwar abfedern, aber nicht vollständig kompensieren.
Bei Emmi werden die Gespräche erst geführt
Bei Emmi hält man sich noch bedeckt: Der seit Anfang Jahr sinkende Richtpreis für B-Milch habe auch bei Emmi zu tieferen Auszahlungspreisen geführt. Die Verhandlungen über die Milchpreise im 3. Quartal werden erst noch geführt. «Die weitere Entwicklung ist unsicher. Der Boden dürfte jetzt allerdings erreicht sein», sagt die Emmi-Pressesprecherin Sybille Umiker auf Anfrage. Laut Umiker stellt Emmi folgende verschiedene gegenläufige Preistendenzen fest:
- Die Weitergabe der Butterpreiserhöhung führt zu einem höherem Milchpreis.
- Andere Marktthemen, wie der höhere Bedarf für den Rohstoffpreisausgleich infolge erhöhter Preisdifferenz zum Ausland, dämpfen die Erwartungen.
Elsa senkt den Milchpreis vorerst nicht
Dass es auch anders geht, zeigt die Elsa. Das zur Migros gehörende Unternehmen wird den A-Milchpreis vorerst nicht senken. «Wir werden aber den Markt genau beobachten und notwendige Anpassungen vornehmen, sollte sich unsere Wettbewerbsfähigkeit gegenüber unseren Mitbewerbern verschlechtern», sagt Lukas Barth, Leiter Agrarpolitik M-Industrie und Milchbeschaffung bei der Elsa. «Von den Butterlieferanten fordern wir, dass diese die gewährten Preiserhöhungen in vollem Umfang an die Produzenten weitergegeben werden», so Barth.
Bei Mooh spielt der saisonale Basispreis
Bei Mooh, der Genossenschaft mit rund 4000 Milchproduzentinnen und -produzenten, heisst es soviel: «Mooh hat einen saisonalen Basispreis. Dieser ist im Juni und im Juli saisonal höher als im Mai», sagt der Mooh-Geschäftsführer René Schwager. Im Juni liege der Basispreis für ÖLN-Silomilch auf dem gleichen Niveau wie 2019. Auch für Juli strebe man mindestens das Vorjahresniveau an. «Die Bauern bekommen in diesem Jahr aber zusätzlich den Zuschlag für Swissmilk green von 3 Rp. auf der ganzen A-Milchmenge», sagt Schwager.
Hochdorf berät sich nächsten Donnerstag
Auf Anfrage bei der Hochdorf-Gruppe hält man sich vorerst noch bedeckt und teilt nur mit, dass man erst nächsten Donnerstag über das weitere Vorgehen auf dem Milchmarkt beraten werde. Wie es bei der Cremo punkto Milchpreissenkung aussieht, wurde trotz Anfrage, noch nicht mitgeteilt.
Es gibt genügend Milch in der Schweiz
Wie die BauernZeitung berichtete, gebe es trotz Buttermangel, genügend Milch in der Schweiz. Aufgrund der saisonal hohen Milcheingänge übersteige das Angebot sogar den Absatz. Insbesondere müsse man überschüssiges Protein in Form von Magermilchpulver exportieren. In vielen Ländern werden jetzt gegen die Milchüberschüsse angekämpft und staatliche Unterstützung angefordert.
Dies wirke sich auch auf den Schweizer Milchmarkt aus. Zudem drücke Magermilchpulver, das Koppelprodukt der Butterproduktion, auf den B-Milchpreis. Die stark ansteigenden Preisunterschiede zum Ausland verursachen zusätzlichen Druck auf das hiesige Preisniveau. Alleine im März wurde fast ein Viertel mehr Käse aus dem Ausland in die Schweiz importiert.
Unternehmen mit Exportgeschäften sind unter Druck
Vor allem die Milchverarbeitungsbetriebe, welche stark am Exportmarkt orientiert sind, kommen laut Branchenkennern am meisten unter Druck. Nicht zuletzt wegen der Corona-Krise herrsche in der EU ein grosses Überangebot an Milch, dies führe auf dem Markt automatisch zu einem enormen Preiskampf. Schweizer-Magermilchpulver, das vor allem exportiert werde, könne preislich da nicht mehr mithalten.
Zudem werde nach einer kompletten Öffnung der Grenze, der Einkaufstourismus wieder stark zunehmen und vielleicht noch stärker als einem lieb ist. Denn Milch und Milchprodukte werden in den Läden, wegen dem Überangebot, noch einmal billiger sein als üblich. Dies werde auch grosse Auswirkungen auf den Schweizer-Markt zur Folge haben.
Weltweit hat es zu viel Milch
Wie im agrarheute.com zu lesen ist, werde der Milchsektor in den nächsten zwölf Monaten weltweit drei Marktbewegungswellen durchleben, bevor er zu einer «neuen» Normalität zurückkehren werde. Die erste Welle sei gekennzeichnet durch einen Anstieg der Milchnachfrage im Einzelhandel, der durch Panikkäufe der Verbraucher ausgelöst werde, heisst es weiter. Die zweite Welle sei gekennzeichnet durch eine rückläufige Einzelhandelsnachfrage und verstärkte logistische und finanzielle Herausforderung.
Langfristig gesehen umfasse die dritte Welle unter anderem eine globale Rezession und erhebliche Einkommens- und Ersparnisverluste bei den Verbrauchern. Dies werde die Preise für Milchprodukte und Milch bis 2021 unter Druck halten, schreibt agrarheute.
Milch wird weggeschüttet
In Teilen Europas und den USA wird derzeit über das Wegschütten von Milch und über Betriebs- bzw. Molkereischliessungen berichtet. Milchverarbeiter in Frankreich, Italien und den USA haben die Erzeuger aufgefordert, ihre Milchlieferungen deutlich zu reduzieren. In den USA versuchen die Milchverarbeiter zudem mit sogenannten Basisprogrammen die Milchbauern zur Reduzierung der Ablieferungsmengen zu bewegen. Das heisst, dass jede Produktion, die über eine bestimmte Basismenge hinausgeht, einen deutlich niedrigeren Preis erhält.