Die Micarna plant auf dem Gelände des Agrico-Campus in St-Aubin FR den Bau eines Geflügelschlachthofs. Laut der Webseite des Projekts stellt Agrico einen «Pionierraum» dar, einen lebendigen Campus, der den ansässigen Unternehmen und Besuchern Austausch und Netzwerke bietet und Synergien stärkt, wobei der Reichtum des Erbes und der Natur des Areals respektiert werden soll. Doch bei einem Augenschein vor Ort zeigt sich eine andere Realität. Statt eines dynamischen Innovationszentrums entpuppt sich der Standort als teils verlassenes Industriegebiet.

Früher hat in St-Aubin Geigy geforscht

«Hier war einmal ein Forschungszentrum für Tierernährung», sagt Michael Willimann, Gemeindepräsident von St-Aubin. Vor rund 60 Jahren verkaufte die Gemeinde 130 Hektaren Land, davon 100 Hektar Landwirtschaftsland, an das Chemieunternehmen Geigy. «Anfangs der 2000er-Jahre verlor der Standort Saint-Aubin für Novartis an Bedeutung», erläutert Willimann und verweist auf die historische Entwicklung des Geländes.

Im Jahr 2015 wurde die Tiersparte von Novartis an Elanco verkauft. Elanco gehört zu den weltweit tätigen Unternehmen bei der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen, die die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit von Tieren verbessern sollen. «Das Industrieareal ging somit an Elanco, die keine weiteren Pläne für die Nutzung des Geländes hatte», erklärt Michael Willimann. Der Kanton Freiburg erwarb das Areal schliesslich 2017 und entwickelte einen neuen Zonenplan. «Seit der Entwicklung des neuen Zonenplans hat sich nichts verändert und die Entwicklung läuft nach Plan», bilanziert Willimann.

Abo In St-Aubin, auf dem Areal der Agrico, soll der neue Micarna-Schlachthof erstellt werden. Umweltorganisationen versuchen, das Leuchtturmprojekt der Nachhaltigkeit auszubremsen.  Geflügel Bauen oder importieren – Micarna kämpft um Geflügelschlachthof Friday, 27. September 2024 Nun könnte die geplante Errichtung des Geflügelschlachthofs dem Ort wieder «Leben einhauchen» und damit eine bedeutende wirtschaftliche Rolle spielen. «Micarna wird ein Drittel der Arealfläche nutzen und rund ein Viertel der Arbeitskräfte auf dem Areal stellen», führt Michael Willimann aus. Damit wäre Micarna ein Ankerunternehmen, das eine zeitnahe Entwicklung des Areals ermöglichen würde.

Studie belegt die Zahlen

Eine von der Gemeinde in Auftrag gegebene Studie belegt die wirtschaftlichen Auswirkungen, die im Zusammenhang mit der Entwicklung des Agrico-Campus zu erwarten sind. Die Studie hebt hervor, dass die Gesamtheit der erwarteten wirtschaftlichen Auswirkungen «weit über die Grenzen des Agrico-Gebiets und der Gemeinde St-Aubin hinausgehen» werde.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die wirtschaftlichen Impulse sowohl durch Vorleistungen und Investitionen als auch durch Konsumausgaben der Beschäftigten erzeugt werden. Insgesamt sollen 842,9 Millionen Franken in die Entwicklung des Standorts investiert werden, was zu einer Wertschöpfung von 581 Millionen Franken führen könnte. Mehr als drei Viertel der makroökonomischen Wertschöpfung aus der Entwicklung dieser Zone werden in einer Region verbleiben, die alle Gemeinden in einem Umkreis von 50 Kilometern umfasst.

Darüber hinaus wird erwartet, dass jeder Franken Wertschöpfung aus der Tätigkeit der ansässigen Unternehmen weitere 82 Rappen Wertschöpfung in anderen Schweizer Unternehmen induziert, davon 46 Rappen in der Region. «Insgesamt wird in der Region eine konstante Wertschöpfung in der Grössenordnung von 570 Millionen Franken pro Jahr erzeugt, verbunden mit fast 3100 Arbeitsplätzen», geht aus der Studie hervor.

Vorteilhafter Standort

Die landwirtschaftliche Umgebung spielt ebenfalls eine zentrale Rolle im Konzept. «Wegen dieser Umgebung will der Kanton einen Campus für Ernährung und Biomasse erstellen», so Michael Willimann. Die geografische Lage des Broyebezirks, die zwischen Deutsch- und Westschweiz liegt und über zusätzliche Landreserven verfügt, wird als vorteilhaft angesehen.

Trotz der positiven wirtschaftlichen Aussichten und offensichtlich für den weiter verfallenden Standort auch nötigen Impulse gibt es auch kritische Stimmen. Umweltverbände äussern Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen des geplanten Schlachthofs auf die Nachhaltigkeitsziele des Areals. Sie befürchten, dass die Errichtung eines industriellen Schlachthofs nicht mit der Vision eines umweltfreundlichen Campus vereinbar sei. «Es ist wichtig, dass wir die Umweltbelange ernst nehmen und sicherstellen, dass unser Entwicklungsansatz die Nachhaltigkeit fördert», warnen Vertreter von Umweltorganisation. Die Diskussion über die richtige Nutzung des Geländes dürfte also noch nicht abgeschlossen sein.