Am 1. September 2019 wurde mit dem Grünen Teppich der Basis-Standard für ­Schwei-zer Molkereimilch eingeführt. Unterdessen stehen zirka10 000 Betriebe hinter diesem Programm. Wer mitmacht, bekommt einen Preiszuschlag von drei Rappen auf die A-Molkereimilch. Für B- und Käsereimilch gibt es keinen Zuschlag.

Drei Rappen mehr

Die drei Rappen Zuschlag gibt es aber nicht umsonst: So müssen die Produzenten gewisse Anforderungen erfüllen. Zum Beispiel muss man auch an mindestens einem der beiden Tierwohlprogramme des Bundes, BTS oder RAUS teilnehmen. BTS steht für besonders tierfreundliche Stallhaltung, RAUS für regelmässigen Auslauf. Die Anforderungen und das dazugehörende Reglement wurden seinerzeit auf der Basis von Vorschlägen der Produzenten von der Branchenorganisation Milch (BOM) entwickelt. Nun beschloss die BOM an ihrer Delegiertenversamm-lung von letzter Woche Anpassungen im Reglement. Ab dem 1. September tritt dieses in Kraft. «Wir werden in Zukunft gewisse Ausnahmen bei den Grundanforderungen für RAUS und BTS akzeptieren, sofern das Tierwohl nicht darunter leidet», sagt der BOM-Geschäftsführer Stefan Kohler.

Nicht auf Druck der Basis

Wie die Ausnahmen im Detail aussehen werden, wisse man zurzeit noch nicht. Ein Fachgremium sei jetzt daran, detaillierte Bestimmungen auszuarbeiten. Der Geschäftsführer betont zugleich, dass die Anpassungen nicht auf Druck der Basis erfolgen würden. So habe man seinerzeit, als der Standard ins Leben gerufen wurde, schon Ausnahmen im Reglement vorgesehen und diese wolle man jetzt endgültig definieren und festigen.

Können nicht mitmachen

So gebe es doch viele Betriebe, welche die Tierschutzbestimmungen zwar erfüllen, aber aus betrieblichen oder strukturellen Gründen nicht beim BTS- oder RAUS-Programm mitmachen können, oder keinen geeigneten Laufhof hätten. «Solchen Betrieben möchten wir den Zugang zum Grünen Teppich nicht verwehren», sagt Stefan Kohler. Wer keines der beiden Tierwohlprogramme erfüllen kann und seine Milch trotzdem unter dem Standard vermarkten möchte, wird ein Gesuch an die BOM stellen können, welche dieses überprüft. Für den Grünen Teppich müssen die Erzeuger in der Produktion zehn Grund- und zwei Zusatzanforderungen erfüllen. Beim Start 2019 galt bei den Vorschriften noch die Massen-bilanz. Ab 2023, nach einer Übergangszeit von vier Jahren, müssen die Bedingungen zu 100 Prozent erfüllt werden. «Ich gehe davon aus, dass ab da nur noch Industriemilch abgeholt wird, wenn sie den Anforderungen des Standards genügt», sagt Stefan Kohler.

Abheben vom Ausland

Mit dem Standard und der damit verbundenen Marke Swissmilk Green soll sich Schweizer Milch von importierten Produkten ­abheben und den Konsumentinnen und Konsumenten die besonderen Leistungen der Schweizer Milchproduktion vermit-teln. ­Inzwischen haben bereits28 Marktakteure damit begonnen, Produkte mit Swissmilk Green zu kennzeichnen.

Ausnahmen auch bei Migros

Obwohl die Migros Ende 2017 aus der BOM ausgetreten ist, ermöglicht auch sie in ihrem Programm «Nachhaltige Milch» eine Ausnahmeregelung. Den Richtlinien ist zu entnehmen, dass Produzenten, die eine Grundanforderung aus zwingend betrieblichen Gründen nicht umsetzen können, bzw. nicht in der Lage sind, ihre Betriebsstrategie fristgerecht anzupassen, schriftlich einen Antrag für eine befristete Ausnahmebewilligung stellen können. Diese Gesuche seien an die Geschäftsstelle der IP-Suisse – als Umsetzungspartnerin des Migros-Programms – zu richten und müssten folgende Elemente enthalten:

  • Beschreibung der Ausgangslage,
  • Begründung des Ausnahmegesuchs,
  • Dokumentation (Pläne, Futterbilanzen usw.),
  • Beschreibung, mit welchen Massnahmen und bis wann, die Grundanforderungen erfüllt werden (verbindlicher Zeitplan).

Die Beurteilung wie auch die Beantwortung der Anträge erfolge ebenfalls durch IP-Suisse, anhand von definierten Kriterien. Welche Kriterien sind das? «Es geht darum, alle Gesuche nach dem gleichen Massstab zu beurteilen», erklärt Lukas Barth, Leiter Agrarpolitik- und Milchbeschaffung der Migros-Tochter Elsa, auf Anfrage. Ein Kriterium beim Programm RAUS sei zum Beispiel die Arrondierung. Das heisst, ob überhaupt oder mit welchem Aufwand das Weiden möglich ist, so dass die RAUS-Anforderungen erfüllt werden können (z. B. 25 % TS-Aufnahme). 2019 hätten rund vier Prozent der Produzenten im Programm Nachhaltige Milch Migros eine Ausnahmebewilligung erhalten. Am meisten Bewilligungen wurden für das Unterschreiten der minimalen Lebenstagesleistung von 8 kg gewährt. «Hier waren vor allem Aufzuchtbetriebe betroffen, die Tiere weiterverkaufen», sagt Barth.