Was Hochdorf zu schaffen macht, ist ohne Wirtschaftswissen kaum nachvollziehbar. Es sei vor allem eines, erläutert Kommunikationsleiterin Marlène Betschart auf Anfrage der BauernZeitung: Die vor sieben Jahren am Kapitalmarkt platzierte Hybridanleihe von 125 Millionen Franken plus deren aufgeschobene Zinsen. Diese Verschuldung behindere die Suche nach neuen Investoren oder ein zusätzliches Engagement von Aktionären. Und das Unternehmen ist so wenig attraktiv, um Geld zu investieren. «Ausserdem verhindert diese Form der Verschuldung, dass wir unseren Aktionären eine Dividende auszahlen können, da die Anleihenzinsen zuerst zu bedienen wären», so Betschart weiter.

Im Moment genügend liquid

Hochdorf fasst diese Situation als «komplexe Finanzierungs- und Kapitalstruktur» zusammen. Trotzdem sei die Liquidität für den laufenden Betrieb gesichert, die Rechnungen können also bezahlt werden. Auch die provisorischen Ergebniszahlen für 2023 sind laut Mitteilung positiv. Aber Management und Verwaltungsrat kämen nach weiterer Prüfung zum Schluss, dass «auf absehbare Zeit auch eine wettbewerbsfähige Ertragskraft in keinem plausiblen Szenario ausreicht, um die steigenden Altlasten zu tragen.» Das bedeutet, dass die Verschuldung eben doch zu gross geworden ist.

Das Geschäftsmodell als Ganzes verkaufen

Um aus dieser verfahrenen Situation zu kommen, prüft die Hochdorf-Gruppe nach eigenen Angaben nun verschiedene Optionen, wobei der Fokus auf einem Verkauf liege. Die Produktion von Milchprotein und Milchpulver, auf die sich Hochdorf spezialisiert hat, soll in Zukunft rechtlich in andere Hände übergeben werden. «Gemeinsam werden wir alles daransetzen, dass das Geschäft auf einer nachhaltigen finanziellen Grundlage weitergeführt und die Arbeitsplätze erhalten werden können», heisst es in der Mitteilung.

In einer Pufferfunktion

Wie weiter nach 2026? Hochdorf reduziert Pulver: «Das wird den Milchmarkt nicht destabilisieren» Thursday, 14. September 2023 Die grosse Frage ist nun, wie sich die finanzielle Schieflage und der mögliche Verkauf bei Hochdorf auf den Schweizer Milchmarkt und die Produzenten auswirken wird. «Derzeit sind noch keine Entscheide gefällt worden», hält Marlène Betschart fest. Die Schweizer Milchwirtschaft sei derzeit aber in einer einzigartigen, noch nie so dagewesenen Lage und stehe vor einer konzeptionellen Reorganisation. «Die ausserordentlich hohen Milchmengen stellen uns alle vor grosse Herausforderungen», sagt die Kommunikationsleiterin. Seit Monaten sei Hochdorf im engen Austausch mit der Branche und seinen Lieferanten und biete dahingehend Hand, dass zusätzliche Produktionskapazitäten zur Verfügung gestellt worden seien. «Als kurzfristige Lösung zur Stabilisierung des Milchmarktes können wir die bei uns nicht budgetierten Milchmengen annehmen, trocknen und als Magermilchpulver unseren Lieferanten wieder zum Verkauf mitgeben.» Insofern nimmt Hochdorf in der aktuell schwierigen Lage im Schweizer Milchmarkt eine Pufferfunktion ein, indem der Verarbeiter überschüssige Milch abnimmt. Wie allerdings im Herbst 2023 angekündigt worden ist, sinkt die Pulverkapazität mit der Aufgabe des Hochdorf-Produktionsstandorts in Hochdorf LU per Ende 2026 um 80 bis 100 Millionen kg Milch pro Jahr. Damals zeigte sich der Verband Schweizer Milchproduzenten (SMP) gegenüber der BauernZeitung zuversichtlich, dass bis zu diesem Zeitpunkt eine Lösung zu finden ist.

Weiteres Wachstum geplant

Trotz allem sehen sich Management und Verwaltungsrat von Hochdorf durch die positive operative Entwicklung der letzten zwei Jahre darin bestätigt, dass der Milchverarbeiter über ein tragfähiges Geschäftsmodell (siehe Kasten) verfügt. Für die Zukunft besteht laut Marlène Betschart ein Business-Plan, der weiteres Wachstum vorsieht. «Die Proteinaufwertung ist die Grundvoraussetzung dafür, dass Hochdorf weiterhin gute Preise für die Milch zahlen kann», ergänzt sie. «Aus diesen Gründen ist Hochdorf auch interessant für die Milchbranche.» Als weitgehend exportorientiertes Unternehmen sei man dazu auf einen verlässlichen Preisausgleichs-Mechanismus für Protein angewiesen, dies angesichts der grossen Preisdifferenz zwischen der Schweiz und der EU. Damit sind die Fonds der Branchenorganisation Milch angesprochen, welche dem Preisausgleich dienen und für die kürzlich erst ein höheres Inkasso beschlossen worden ist.

Über das weitere Vorgehen bei Hochdorf werde man zu gegebener Zeit wieder informieren.

 

Das erfolgreiche Geschäftsmodell

«Hochdorf positioniert sich ergänzend zu den traditionellen Molkereien als Experte für Milchprotein- und Molkeproteinpulver», erklärt Marlène Betschart, Leiterin Kommunikation bei Hochdorf. Mit dieser Expertise bewege sich das Unternehmen in den Geschäftsbereichen Babynahrung mit Endprodukten für internationale Kunden. Die Hochdorf-Marke Bimbosan für Babynahrung sei im Schweizer Fachhandel führend und der Milchverarbeiter stelle ausserdem Halbfabrikate für die Lebensmittelindustrie her (Bereich Food Solutions mit funktionalen Spezialpulvern und Molkereiproteinkonzentrat). «Hochdorf fokussiert darauf, milchbasierte Proteine aufzuwerten und dank nach dem Standard von Swissmilk Green produzierter Milch einen nachhaltigen Mehrwert für Kunden weltweit zu bieten», fasst Betschart zusammen.